Oberentfelden, Mittwoch, der 2. Dezember 2009:
Mittlerweile hatte ich zwar eine Zusage für einen neuen Job. Jedoch für einen Job, den ich eigentlich nicht wollte. Allerdings hatte ich ja noch weitere Bewerbungen laufen. Doch nach meinen bisherigen Erfahrungen war’s das für mich. Diesen Job werde ich wohl nehmen müssen.
Allerdings hatte ich an diesem Tag noch ein weiteres Bewerbungsgespräch. Und zwar für einen Job, den ich wirklich wollte. Zumindest wollte ich in dem Unternehmen arbeiten, welches mich nun zu diesem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte.
Das war zudem noch in der Schweiz! Daher hatte ich die Hoffnung, dass sich bis dorthin dieses Unding noch nicht ausgeweitet hatte und ich dort, obwohl ich schon einen Job hatte, noch eine Chance hätte.
Um 14:00 Uhr hatte ich meinen Termin für das Vorstellungsgespräch in Oberentfelden, nahe Baden in der Schweiz. Daher fuhr ich schon früh am Morgen los, damit ich nur ja rechtzeitig dort ankomme. Schließlich musste ich mit meinem privaten PKW fahren. Denn die Zugverbindung dorthin war derart schlecht. Sodass ich schon am Vortag hätte losfahren müssen, um dort rechtzeitig mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzukommen.
Ich kam auch recht gut durch. Sodass ich schon weit vor meinem Termin in der Nähe von Oberentfelden gewesen bin. Weshalb ich vor der letzten Ausfahrt auf der Autobahn noch einen Parkplatz aufsuchte, um mich dort erstens einmal etwas zu entspannen. Denn die Fahrt bis hierher war schon anstrengend genug. Und zudem wollte ich dort auch noch etwas Zeit abwarten, war ich doch noch viel zu früh dran.
Aber kaum stieg ich aus meinem Auto aus, vertrat mir etwas die Beine am Parkplatz, da sah ich, wie ein kleiner Lieferwagen in den Parkplatz einbog. Der fuhr an mir vorbei und blieb danach nur einige Meter neben meinem Auto stehen. Jedoch, als ich las, was an diesem Kleintransporter zu lesen war, traute ich meinen Augen nicht. War es doch ein Lieferwagen jenes Großhandelsunternehmens, welches einst zu jenem Wiener Unternehmen gehörte, aus welchem auch diese BEA Electrics stammte, in welcher ich von 2007 bis 2008 gearbeitet hatte. Noch dazu hatte dieser Kleinlaster ein österreichisches Kennzeichen am Auto.
Daher dachte ich mir, dies müsste nun schon ein unvorstellbar großer Zufall sein, wenn genau solch ein Lieferwagen von diesem Unternehmen genau zu jener Zeit, als ich auf mein Vorstellungsgespräch warte, nur wenige Meter neben mir auf diesem Parkplatz auf der Autobahn zum Stehen käme. Denn Oberentfelden, das liegt nicht eben gerade mal ein paar Kilometer jenseits der grenze. Sondern es liegt noch weiter westlich von Zürich.
So passte ich genau auf, was denn nun der Fahrer dieses Kleinlastwagens nun tun würde. Doch es war, wie ich es vermutet hatte, wohl kaum ein Zufall. Denn dieser stieg aus seinem Fahrzeug aus, ging einmal drum herum, und beobachtete ganz genau, was ich denn nun hier tue! – Es war kein Zufall! Denn auch bisher hatte ich es doch stets mitverfolgen können, dass ich genauestens beobachtet werde, wenn ich nur einen schritt aus dem Haus machte. Ganz abgesehen davon, wenn ich am Weg zu einem Vorstellungsgespräch war. Aber dies fand ich nun schon richtig penetrant!
Als ich dann kurz vor zwei Uhr bei diesem Unternehmen, einem Produzenten von Hochspannungsschaltanalgen, angekommen war, parkte ich erst einmal mein Auto etwas abseits. Nicht am Firmengelände. Denn auch dort wollte ich mir erst noch einmal die Beine vertreten. Schließlich war ich bisher den ganzen Tag mit dem Auto unterwegs.
Danach begab ich mich auf den Weg zum Haupteingang dieses Betriebes. Doch was hörte ich da, als ich die Straße parallel zum Unternehmen entlang ging?
„Da ist er eh, der!“
Klang laut und deutlich eine Männerstimme über das Betriebsgelände! Inkognito schien ich hier wohl nicht zu sein!
Das Vorstellungsgespräch selbst, mit der Personalverantwortlichen, welche mir auch den Termin vermittelte, sowie dem Leiter der Abteilung für die Auftragsbearbeitung, verlief gar nicht einmal so schlecht. Eigentlich ganz im Gegenteil. Dies, obwohl ich zuvor richtig Bammel davor hatte, denn Erfahrung in diesem Bereich der Hochspannung brachte ich nun überhaupt keine mit. Und meine Schulzeit in der HTL, in welcher wir zumindest etwas Theorie darüber gelernt hatten, lag mittlerweile auch schon gut zwanzig Jahre zurück.
Aber ich machte daraus überhaupt keinen Hehl. Schließlich hat man in Österreich ohnedies schon kaum die Möglichkeit, bei der Realisierung von Mittelspannungsanlagen mitzuwirken. Wenn man nicht gerade in einem Unternehmen, welches eng mit Energieversorgungsunternehmen zusammenarbeitet, tätig ist. Und bei Hochspannungsanlagen sieht dies noch einmal ganz anders aus. Hier hat man überhaupt nur die Möglichkeit Erfahrungen zu sammeln, wenn man in einem Energieversorgungsunternehmen tätig war. Das war ich eben noch nicht. Daher hatte ich dies auch gleich angebracht. Aber davon gingen meine Gesprächspartner ohnedies schon aus.
Zudem hatte ich, wie ich es mir auch bei den anderen Vorstellungsgesprächen, welche ich seit Sommer geführt hatte, es mir vorgenommen, genauestens zu erklären, weshalb ich nun nach einer neuen Tätigkeit, wenn möglich auch in einem neuen Bereich, besonders gerne in einem ganz neuen Umfeld, suche. Denn da war eben diese Sache mit der VA Tech, welche mich seit 2003 nicht mehr losgelassen hatte, ich dies allerdings nun endlich hinter mir lassen möchte und daher auch nach einem gänzlichen Neustart im Leben suche.
All das ist auch bestens aufgenommen worden. Doch, es kam, wie ich es befürchtet hatte. Die Stelle als Tenderingenieur, in welcher es eben nicht um die Realisierung von Hochspannungsanlagen geht, sondern darum, den Vertrag, die Leistungsbeschreibung, bis ins kleinste Detail mit dem Kunden abzuklären, das schien nicht ganz das zu sein, was ich mir erhofft hatte. Aber auch davon schienen meine Gesprächspartner schon ausgegangen zu sein, Weshalb mir der Abteilungsleiter dies dann auch bis ins kleinste Detail schilderte, was bei dieser Stelle zu tun ist. Wobei er meinte, dies könnte wohl kaum dem entsprechen, was ich bisher getan hätte. Doch dies wäre auch keinesfalls uninteressant. Und dies könnte man auch erlernen, auch wenn man zuvor rein in der Realisierung von ganzen Anlagen tätig war. Somit war klar, ich hatte es mit, aus meiner Sicht, wirklich kompetenten Personen zu tun. Die auch wissen, welche Stelle sie besetzen wollen und auch mit wem.
Es gab eigentlich nur eines, was mich am gesamten Vorstellungsgespräch störte. Dies war, als mich der Abteilungsleiter gegen Ende des Gespräches im Besprechungsraum inmitten der Abteilung in einem Großraumbüro fragte, wie lange ich denn für das gesamte Gespräch Zeit hätte. Denn er würde mir im Anschluss an dieses Gespräch noch das Werk selbst zeigen. Worauf ich ihm antwortete, solange man mich für dieses Gespräch benötigen würde. Schließlich bin ich mit meinem privaten PKW angereist und könnte mich daher zu jeder Zeit auf den Rückweg begeben, wenn das Gespräch eben zu Ende wäre. Hatte ich mir doch vor dem Gespräch darüber ziemlich intensiv informiert, wie ich denn zu diesem Termin anreisen sollte. Wobei die Bahn sehr schnell ausgeschieden wäre. Weil ich damit schon einen Tag zuvor anreisen hätte müssen. Für mich somit nur mehr das eigene Auto übriggeblieben wäre.
Doch darauf reagierte der Abteilungsleiter auch noch verwundert und meinte,
„da fliegt man! – In so einem Fall!“
Doch dies ärgerte mich deshalb so sehr, da ich doch zu Beginn des Gespräches ausführlich über meine Probleme erzählt hatte, welche sich aus diesen „Spielchen“ zu Zeiten, als ich bei VA Tech gearbeitet hatte, ergeben hatten, welche mich nun sogar so weit gebracht hätten, dass ich in einem anderen Land, in einem gänzlich neuen Umfeld ein neues Leben anfangen möchte. Wobei ich allerdings auch die finanziellen Probleme, welche sich daraus für mich ergeben hätte, ausführlich erwähnt hatte. Nun meinte mein Gegenüber, anstatt solch eine weite Anreise mit dem privaten Fahrzeug durchzuführen, hätte ich doch einen Flug nehmen sollen. Dies, obwohl ich nicht erst seit dem Ende meines Dienstverhältnisses bei diesem Immobilienentwicklungsunternehmen in Wien im Juni dieses Jahres, erst gar nicht darüber nachdenken musste, ob, wann und vielleicht wohin ich in den Urlaub fliege, denn dies hätte ich mir erst gar nicht leisten können! Daher war ich auch über diese Äußerung ziemlich enttäuscht. Hatte es doch den Anschein, Vieles hätte ich erst gar nicht erzählen müssen, denn dies wäre auch schon bei meinen beiden Gesprächspartnern vorher bekannt gewesen.
Ob ich dafür in Frage käme, das würde sich erst herausstellen. Denn, wie die Personalverantwortliche meinte, solch eine Anlage als Projektleiter zu realisieren, das würde sie mir jederzeit zutrauen. Auch im arabischen, asiatischen, oder afrikanischen Raum. Doch dabei geht es eben nicht um die Realisierung einer Anlage. Sondern lediglich darum die Leistungsbeschreibung, den Vertrag, für die Schaltanlage, welche dann eben auch nur ein Teil einer Hochspannungsanlage wäre, zu klären.
Zuletzt führte mich der Abteilungsleiter, zudem noch in Begleitung der Personalverantwortlichen, auch noch durch das ganze Schaltanlagen Werk. Zeigte mir jeden Bereich der Fertigung, vom Beginn der Arbeiten bis zu einer beinahe fertiggestellten Schaltanlage. Wobei bei dieser die Steuerung für die Schalter zu sehen war. Und der Abteilungsleiter dazu meinte, dies würde ich wohl nicht so gerne sehen. Auch wenn es sich dabei um ein österreichisches Fabrikat handelte. Denn war es doch ein Fabrikat, mit welchem gerade auch die VA Tech arbeiteten würde. Wobei er sich dabei ein Lächeln nicht verkneifen konnte. Aber somit war auch klar, er hatte nicht nur verstanden, was ich ihm zuvor im Gespräch geschildert hatte. Er wusste selbst schon davon!
Gut eineinhalb Stunden hatte das gesamte Vorstellungsgespräch gedauert. Daher empfand ich dies auch als sehr positiv. Jedoch war ich mir selbst noch nicht ganz im Klaren, ob dies auch wirklich ein Job für mich wäre.
Da ich nun mal schon in der Schweiz war, nutzte ich auch die Gelegenheit, all meine Franken, aber auch Rappen, in einer Bankfiliale zum Wechseln vorbeizubringen. Ein Überbleibsel nach dem Räumen der Wohnung meiner Mutter, mit dem ich bisher nicht wusste, was ich damit tun sollte. Denn in Österreich hätte ich dafür nicht mehr sehr viel bekommen. Jedoch erklärte mir die Bankangestellte, dies dürfte sie eigentlich nicht tun, da ich kein Bankkonto in der Schweiz hätte. Doch da es sich dabei ohnedies nicht um viel handelte, machte sie eine Ausnahme.
Mit diesen wenigen Euros, die ich dafür bekommen hatte, gönnte ich mir dann auch noch einen Kaffee. Eigentlich wollte ich zuvor einen Kaffee. Doch mittlerweile wäre es mir zu spät geworden, bevor die Bankfilialen zusperren, und das Kleingeld wollte ich nun auch nicht mehr mit nach Hause nehmen.
Als ich dann so vor meinem Kaffee saß, dachte ich mir, hier in der Schweiz zu arbeiten, das würde mir schon äußerst gut gefallen. Doch bei diesem Job war ich mir wirklich nicht sicher, ob dies auch etwas für mich sei. Schließlich hatte ich mich doch früher auch gerne und intensiv gerade über solche ausgelassen, welche jeden einzelnen Parameter, der bei einer Position in einem Leistungsverzeichnis ausgeschrieben war, auch noch bis ins kleinste Detail zu betrachten. Nun sollte ich selbst so einer werden. Aber das Unternehmen hätte mich schon besonders interessiert. Unabhängig davon, zu welchem Konzern es nun gerade gehörte. Die ganze Rückfahrt hatte ich noch darüber nachgedacht.
Erst nach Mitternacht kam ich wieder nach Salzburg zurück. Ein wirklich intensiver Tag, für ein Vorstellungsgespräch von gut eineinhalb Stunden.
(2021-11-25)