Wien, Montag, der 22. Juni 2009:
Rücksprache wollte heute unser Chef Peter M. mit mir also halten, wie es mir seine Sekretärin am Telefon am letzten Donnerstag, als ich in Linz am Hessenplatz vor dem Hotel saß, erklärt hatte und mir dafür für heute 12:30 Uhr einen Termin mit ihm vereinbarte! Allerdings hatte ich schon eine Vorahnung, was denn diese Rücksprache bedeuten würde. Nach all dem, wie ich in den letzten Wochen, gerade seit Anfang Mai in diesem Unternehmen behandelt wurde. Bei dieser Eröffnungsfeier des Hotels zu Pfingsten erst gar nicht berücksichtigt wurde. Ich einfach übergangen wurde, als wäre ich gar nicht mehr in diesem Unternehmen. Daher, eigentlich war klar, was damit gemeint sein musste. Aber wer will das schon glauben.
Ganze acht Versuche hatte ich seit Ende Juli des Vorjahres in diesem Unternehmen nun miterlebt, mich aus diesem Unternehmen wieder hinauszubringen. Doch bisher bin ich stets danach weiter im Unternehmen geblieben. Sollte dies nun der neunte Versuch sein, welcher dann auch tatsächlich gelingt?
Wie üblich kam ich gegen neun Uhr in das Büro. Wusste allerdings nicht recht, was ich nun im Büro tun sollte. Denn, wenn nun tatsächlich bevorstehen würde, was ich befürchtete, dann wäre ohnedies alles umsonst, was ich an diesem Tag noch tun würde. Und wenn die Würfel gefallen sind, dann brächte es auch nichts mehr, die getroffene Entscheidung auch noch zu versuchen umzudrehen. Daher saß ich beinahe den ganzen Vormittag an meinem Arbeitsplatz und wartete, bis es endlich halb ein Uhr werden würde. Weshalb ich auch schon um elf Uhr in die Kantine im Gebäude zum Mittagessen gegangen war. Es war auch sonst wieder einmal sehr ruhig im Büro. Viele der Kollegen, welche sonst an Montagen im Büro erschienen waren, fehlten heute. Weshalb es regelrecht auffallend ruhig gewesen war.
Um viertel nach zwölf Uhr tat sich plötzlich etwas im Büro. Weshalb ich nun ganz gespannt war, was nun geschehen würde. Mehrere Personen kamen vom Aufzug ins Büro und verschwanden danach bei Peter M. im Büro. Allerdings war diesmal gar nichts zu hören, worum es dabei ging. Ganz im Gegenteil zu sonstigen Besuchen, welche Peter M. erhielt, denn meist konnte ich beinahe jedes Wort der Unterhaltungen in dessen Büro an meinem Arbeitsplatz mitverfolgen konnte.
Einige Minuten nach halb ein Uhr wurde ich dann von der Sekretärin von Peter M. zu meinem Termin mit ihm gerufen. Weshalb ich im großen Besprechungsraum in der Etage, genau jenem Besprechungsraum, in welchem ich exakt am gleichen Tag vor einem Jahr schon beim Vorstellungsgespräch saß, Platz nehmen sollte, welcher sonst noch leer war. So saß ich wieder in diesem Raum und blickte mich um, was mir darin auffällt. Und wieder war es die Kamera, welche in einer Schalterdose an der Tür zum Nebenraum, getarnt als Lichtschalter, eingebaut war. Doch diesmal saß ich nicht am Ende des Besprechungstisches in diesem Raum, sondern gleich am ersten Platz, wenn man den Raum vom Gang betritt. Weshalb mich nun diese Kamera auch im Großformat eingefangen haben musste.
Es dauerte nicht lange, da hörte ich, wie sich Peter M. mit zwei weiteren Personen dem besprechungsraum näherte. Als sie dann diesen betraten, stellte er mir die beiden Männer, welche ihn begleiteten, vor. Es waren zwei Betriebsräte dieses österreichischen Baukonzerns, welcher zwar mittlerweile deutlich weniger Anteile an diesem Immobilienentwicklungsunternehmen hatte, aber immer noch die Personalagenden des Unternehmen führte.
Kaum hatten die drei an diesem großen Besprechungstisch Platz genommen, wobei Peter M. gleich links von mir saß, somit direkt mit dem Rücken zu dieser Kamera in der Schalterdose, die beiden anderen Männer mir gegenüber am Tisch, begann Peter M. auch schon davon zu erzählen. Das heutige Wetter würde zu jenem Anlass, zu welchem sie mich nun hierher geladen hatten passen, denn das Unternehmen würde sich derzeit in einer sehr schwierigen Phase befinden. In einer Zeit, in welcher zudem durch die Finanzkrise, welche im September des Vorjahres ausgebrochen war, auch viele andere Unternehmen in Probleme geraten wären. Weshalb sich dies auch ganz stark am Immobilienmarkt widerspiegeln würde. Daher wäre das Unternehmen gezwungen, in dieser Krise Maßnahmen zu ergreifen, um nicht selbst in Schieflage zu geraten. Weshalb die Entscheidung getroffen wurde, von den vielen Mitarbeitern, welche gerade in der Zeit vor dem Begin der Finanzkrise eingetreten waren, sich von jenen trennen zu müssen, welche zuletzt in das Unternehmen eingetreten waren, nicht aber für den Fortbetrieb unbedingt erforderlich sind.
Somit war klar, was dies für mich bedeutet. Und es war auch die Bestätigung dafür, was ich bereits erahnte. Peter M. fügte all dies noch weiter in schöne Worte und ergänzte, wie schwer ihnen dies fallen würde. Jedoch für das Unternehmen keine andere Möglichkeit offengeblieben wäre. Und da ich eben einer der letzten war, der in dieses Unternehmen im letzten Jahr vor Beginn der Krise eingetreten war, bliebe nichts anderes übrig, als dass ich eben nun auch dieses Unternehmen wieder verlassen müsste. Denn schließlich hätten sie einen Kollegen, welcher in diesem Unternehmen die Belange der Elektrotechnik betreut, welcher allerdings schon deutlich länger im Unternehmen wäre als ich. Daher wäre es unfair dem gegenüber, wenn er das Unternehmen verlassen müsste und nicht ich.
Weshalb man sich allerdings auch im ganzen Konzern, dieses Immobilienentwicklungsunternehmen war ja trotzdem immer noch Teil dieses österreichischen Baukonzerns, umgesehen hat, ob nicht in anderen Bereichen Mitarbeiter, welche aus diesem Unternehmen nun ausscheiden müssen, nicht anderswo in anderen Bereichen weiter beschäftigt werden könnten. Daher wären heute bei diesem Termin auch zwei Herren vom Betriebsrat des Baukonzerns mit anwesend, um mit jenen zu sprechen, welche dieses Unternehmen verlassen müssen. Nun wollte er damit beginnen, mir in diesem Unternehmen die Kündigung auszusprechen.
Doch da fiel ihm schon einer der beiden Herren vom Betriebsrat des Baukonzerns beinahe ins Wort und meinte, sie hätten sich auch sofort, als bekanntgeworden wäre, dass ich dieses Unternehmen hier verlassen müsste, im gesamten Baukonzern, nicht nur hier in Wien, sondern auch in allen Niederlassungen in den Bundesländern, aber auch im Ausland, erkundigt. Ob ich nicht dort weiter verwendet werden könnte. Doch, wie er meinte, für mich hätten ihnen alle Kollegen bestätigt, gäbe es keine Möglichkeit einer weiteren Verwendung. Doch dazu ergänzte er mit einem Grinsen im Gesicht und einer ausstrahlenden Zufriedenheit,
„kurz gesagt, wir können Sie bei uns nicht brauchen!“
Wobei der zweite dessen Ausführungen mit einem Nicken zustimmte!
Nun saß ich da und dachte, ich höre nicht recht. Mal abgesehen von der Kündigung, welche ich nun somit erhalten hatte, welche für mich bereits ohnedies zu erwarten war, hatte sich doch tatsächlich der Betriebsrat des Baukonzerns, zu welchem dieses Immobilienentwicklungsunternehmen gehört, in allen Bereichen erkundigt, ob man mich ganz bestimmt auch nicht weiter beschäftigen könnte und die Bestätigungen dafür auch noch mit Freude und Genugtuung entgegengenommen, um mir nun bei diesem Anlass dies auch noch knallhart, mit einem Grinsen im Gesicht, mit einer Selbstgefälligkeit, welche bei solch einem Termin kaum mehr zu überbieten sein könnte, mit wahrscheinlich noch viel größerer Genugtuung darzubringen. Die Kündigung hätte ich noch verstanden, diese war auch zu erwarten. Diese wurde zunächst von Peter M. auch noch so begründet, sodass man diese Begründung auch weiter verwenden könnte. Bei Bewerbungen in einem anderen Unternehmen zum Beispiel. Doch die Ansage der beiden Männer des Betriebsrates des Baukonzerns waren nicht nur gänzlich überflüssig, sondern sie waren einfach eine Frechheit! Dabei ging es nur darum, mich bei diesem Anlass auch noch ordentlich zu demütigen.
Doch dies gelang ihnen nicht wirklich. Denn Peter M., der am Ende der Ausführungen der beiden Betriebsräte, bestätigend nickte, meinte zwar darauf,
„habe Sie dazu noch etwas zu sagen?“
Aber dazu gab es nun eigentlich nichts mehr zu sagen. Worauf ich als Antwort an Peter M. meinte, nein, dazu brauche man nun auch nichts mehr sagen. Denn dies in diesem Unternehmen wäre einfach nichts gewesen, was sich allerdings schon zu Beginn herausgestellt hatte.
In Richtung der beiden Betriebsräte meinte ich, deren Erkundigung innerhalb des gesamten Konzerns wäre auch, hätten sie mich zuvor gefragt, auch gar nicht notwendig gewesen. Denn in diesem Baukonzern hätte ich ohnedies nicht weiter gearbeitet. Das hatte ich bereits dem Personalchef anlässlich meiner Bewerbung vor einem Jahr mitgeteilt. Weshalb ich eben erst in dieses Unternehmen gekommen war. Nun sich allerdings herausgestellt hat, dies war wohl nichts!
Dann legte mir Peter M. auch noch einen Zettel, auf welchem im Betreff zu lesen war, „Auflösung des Arbeitsverhältnisses“, vor, welchen ich dann auch ohne weiteren Kommentar unterschrieben hatte.
Dass dieser Zettel dreimal gefaltet ist, zeigt, was ich davon hielt. Dieser Zettel musste zudem in die Hosentasche passen. Denn mit einer privaten Arbeitstasche ging ich in dieses Unternehmen ohnedies nie zur Arbeit. Bereits am Donnerstag in der Vorwoche wurde dieses Schreiben ausgestellt. An jenem Tag, als mich die Sekretärin von Peter M., Susanna P., angerufen hatte und meinte, Herr M. möchte mit mir Rücksprache halten!
Somit war dieser Termin der „Rücksprache“ des Chefs nach nicht einmal einer Viertelstunde auch schon wieder zu Ende. Ich ging zurück an meinen Arbeitsplatz. Jedoch im Rondell auf der anderen Seite. Schaltete meinen Rechner aus. Nahm mein Mobiltelefon des Unternehmens und meinen Transponder, mit welchem ich in das Unternehmen, aber auch mit dem Aufzug fahren konnte, gab beides bei der Sekretärin von Klaus Sch., der an diesem Tag auch anwesend war, wie ich dabei erkennen konnte, sich allerdings zu keinem einzigen Wort hinreißen ließ, und verließ kurz nach dreizehn Uhr das Unternehmen. Allerdings über die Treppe. Denn mit dem Aufzug konnte ich nicht mehr fahren. Weshalb ich vom 27 Stockwerk zu Fuß nun bis ins Erdgeschoß gegangen war.
Als ich dann auch noch durch den Eingangsbereich gehen musste, begegneten mir zwei Arbeiter, welche in diesem Haus zu tun hatten. Wobei einer der beidem zu seinem Kollegen meinte,
„jetzt hat er es übersehen!“
Wobei beide zu lachen begonnen hatten. Was zudem auch die Dame am Empfang zu hören bekommen hatte, welche mich nun nur mehr mit einem Grinsen am Weg ins Freie begleitete!
Nicht einmal verabschiedet hatte ich mich nun nach dieser Vorstellung an diesem Tag in diesem Unternehmen. Aber dies hatte wohl auch niemand erwartet.
Gegen zwei Uhr nachmittags war ich an diesem verregneten Tag wieder zu Hause.
Ganze neun Versuche, aber richtig groß angelegte Versuche hatte sie unternommen, mich wieder aus diesem Unternehmen hinauszubringen. Somit beinahe jeden Monat ein Generalangriff auf mich! Zuletzt mussten sie die seit September 2008 herrschende Finanzkrise als Vorwand vorbringen, um mich tatsächlich aus dem Unternehmen zu entfernen. Beruflich hatten sie mir überhaupt nichts vorwerfen können. Dabei waren sie nicht gegen mich angekommen.
Auch an meiner Person konnten sie nicht wirklich etwas gegen mich vorbringen. Es war eben offenbar so, dass durch diese unzähligen versuche, mich aus dem Unternehmen hinauszubringen, welche bisher gescheitert waren, nun eben kaum mehr Kollegen da waren, mit welchen eine wirkliche Zusammenarbeit möglich gewesen wäre. Die Enttäuschungen darüber, der Frust, es mit jemanden zu tun zu haben, dem man kaum ankam, war eben zuletzt so groß geworden, sodass eben nicht nur im Unternehmen alles unternommen wurde, mich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit nicht weiter beschäftigen zu müssen, sondern dies auch in alle anderen Bereiche des Konzerns getragen wurde. Weshalb nun auch noch diese Ansage seitens des Betriebsrates gekommen war, mich einfach nicht brauchen zu können. Aber, was zu vermuten war, nicht nur innerhalb des gesamten Konzerns, sondern auch sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Bis Mitte August war ich nun noch in diesem Unternehmen offiziell angestellt. Da ich auch umgehend vom Dienst freigestellt wurde. Dabei allerdings meinen Resturlaub konsumieren musste.
Somit hatte ich zwar nun noch eineinhalb Monate Zeit, mir wieder eine neue Arbeit zu suchen. Doch sollte mir dies in dieser Zeit nicht gelingen, blieben mir nur wenige Monate, bis ich unbedingt wieder ein neues Dienstverhältnis haben müsste, sonst käme ich sofort wieder in erste finanzielle Probleme. Ich hätte gehofft, dieser Schritt würde sich wenigstens noch bis Ende des Jahres hinauszögern lassen. Dann wäre ich wenigstens finanziell aus dem Gröbsten heraus gewesen. Doch dies schien einfach nicht möglich gewesen zu sein. Selbst hätte ich dagegen ohnedies nichts mehr unternehmen können.
Allerdings bestätigte mich all dies in meiner Annahme, die direkte Bauherrenvertretung im Bereich der Elektrotechnik, für elektrotechnische Anlagen, wäre genau der richtige Job für mich. Doch dies war nun eben wirklich nicht gerade jenes Unternehmen, in welches in passen würde! Auf gar keinen Fall! – Ich war richtig froh, als es nun vorbei war!
(2021-07-30)