Wien, Dienstag, der 1. Juli 2008:
An diesem Tag sollte ich also in diesem Immobilienentwicklungsunternehmen in Wien zu arbeiten beginnen. Dafür hatte ich am Vortag noch telefonisch mit meinem neunen Kollegen von der Haustechnik vereinbart, dieser hat offensichtlich meine private Telefonnummer im Unternehmen erhalten, wir würden uns um neun Uhr am Empfang im Florido Tower treffen, dort würde er mich abholen und dann mich ins Büro begleiten. Denn das Gebäude gleicht eher einen Hochsicherheitsgebäude, in welches niemand rein und raus kommt, der keine Berechtigung dafür hat. Dazu sollte ich ihn anrufen, sobald ich dort eingetroffen bin.
Als er mich dann abholte, dachte ich mir, dies wäre der Hausmeister des Gebäudes. Doch es war tatsächlich mein neuer Kollege der Haustechnik, Stjepan M., er soll sogar Diplomingenieur für Maschinenbau sein, mit welchem ich nun zusammen Bauvorhaben dieses Unternehmens im Bereich der Gebäudetechnik als Bauherrenvertreter begleiten soll. Anfangs hatte ich richtig Mühe ihn zu verstehen, denn er stammte aus Kroatien und war erst einige Jahre in Österreich, weshalb er kaum Deutsch gesprochen hatte.
Im Büro angekommen wurde mir erst einmal von der Sekretärin des Leiters der Haustechnik, Klaus Sch., mein Arbeitsplatz zugewiesen. Nu hatte ich also ein Büro im 27 Stockwerk des Florido Towers, mit einem Wunderschönen Blick Richtung Westen auf die Donau und zum Kahlenberg. Doch dabei gleich erst einmal die erste Überraschung. Denn, wie ich im Laufe des Tages mitbekomme hatte, bekam ich den Arbeitsplatz der Lebensgefährtin von Wolfgang St., über dessen Kontakt ich in dieses Unternehmen gekommen war, welche auch in diesem Unternehmen arbeitete. Jedoch hatten Wolfgang St. und seine Lebensgefährtin am Freitag der Vorwoche regelrecht fluchtartig, nachdem sie erst an diesem Tag aus Russland zurückgekommen waren, ihre Arbeitsplätze geräumt und das Unternehmen verlassen. Von einem Tag auf den anderen. Weshalb mein neuer Arbeitsplatz zwar leer und für mich bereits hergerichtet war, als ich ihn bezogen hatte. Jedoch noch Unterlagen meiner Vorgängerin am Platz zurückgeblieben waren.
Daher wurde ich bereits etwas nachdenklich. Denn hätten diese beiden nicht am Freitag der Vorwoche das Unternehmen verlassen, wer weiß, ob ich dann überhaupt einen Arbeitsplatz in diesem Büro hätte. Denn, als ich danach von dieser Sekretärin den restlichen Kollegen vorgestellt wurde, jenen, welche an diesem Tag überhaupt im Büro waren, fiel mir sonst kein leerer Arbeitsplatz im Büro auf.
Doch bei dieser Vorstellung der anderen Kollegen erlebte ich gleich die nächste Überraschung. Hatte dieses Unternehmen doch einen Kollegen, welcher auch die Elektrotechnik in diesem Unternehmen betreut. Davon hatte mir Wolfgang St. auch immer wieder einmal erzählt. Nicht jedoch, dass dieser Kollege in der Elektrotechnik, Wolfgang M., auch zuvor bei VA Tech tätig war. Noch dazu in der Niederlassung in Hamburg, in welcher es zu Jahresbeginn 2005 doch beinahe dazu gekommen wäre, dass das ganze Unternehmen damals in Schieflage geraten war. Und er noch dazu, wie er mir später erklärte, damals der Projektleiter bei gerade jenem Projekt in Stuttgart war, bei welchem es die größten Verluste gegeben hatte. Noch dazu ein Kollege, welcher mit seinen Eigenheiten, seiner doch etwas ausufernden Selbsteinschätzung äußerst gewöhnungsbedürftig war.
Da war ich nun in bester Gesellschaft. Einerseits mit einem Kollegen, welcher kaum zu verstehen war, da er kaum Deutsch gesprochen hatte. Ich mit ihm allerdings nun gleich zwei Projekte zu betreuen hatte. Andererseits einen Kollegen im Bereich der Elektrotechnik, welcher in der Zeit, als ich für VA Tech in Salzburg und München tätig war, bereits dort mein Arbeitskollege war. Zudem einen Chef im Bereich der Haustechnik, Klaus Sch., welchen ich eher als Spaßvogel aus der Zeit beim „FMZ“ in Wiener Neustadt in Erinnerung hatte, und wie es auch tatsächlich sein sollte, nach all dem, was ich am ersten Arbeitstag von ihm mitbekommen hatte. Dazu einen obersten Chef, den CTO des Unternehmens, Dipl. Ing. Peter M., bei welchem ich auch die Woche zuvor mein Vorstellungsgespräch hatte, welchem offenbar kaum über den Weg zu trauen war. War es doch scheinbar dieser, welcher Wolfgang St. und dessen Lebensgefährtin erst zwei Tage, bevor ich in diesem Unternehmen zu arbeiten begonnen hatte, dazu brachte, dieses fluchtartig zu verlassen. Wobei ich die wahren Umstände deren Ausscheidens nicht in Erfahrung ringen konnte. Allerdings auch nicht weiter nachgefragt hatte. Schließlich ging mich dies nichts an und ich wollte nicht auch gleich am ersten Arbeitstag meine Position in Gefahr bringen, für jemanden, welchen ich selbst kaum kannte. Zudem mir Wolfgang St., wie ich ihn beim “FMZ“ in Wiener Neustadt erlebt hatte, doch auch manchmal etwas überfordert mit seinen Aufgaben erschien. Ich hatte nur so viel mitbekommen, dass der CTO die beiden dazu zwingen wollte, nach Russland, nach St. Petersburg zu wechseln, da dort von diesem Unternehmen ein sehr großes Projekt realisiert wurde, bei welchem es beim Personal an allen Ecken fehlte. Wobei allerdings Wolfgang St. dabei den Eindruck erhalten haben musste, als wollte das Unternehmen, vor allem der CTO, beide, wie es wörtlich hieß, „wegtun“! Etwas – eine Ausdrucksweise – welche ich selbst nur allzu gut kannte!
Auch meine Tischnachbarin, mein Gegenüber am Arbeitsplatz in meinem Büro war eine Russin, welche ebenfalls für dieses Projekt in St. Petersburg tätig war. Welche jedoch nur sehr selten, wie es hieß, im Büro anwesend sein würde, da sie eben, selbst Russin, vornehmlich in St. Petersburg stationiert wer.
Zwei Projekte sollte ich nun gleich für dieses Unternehmen betreuen, in welche mich nun mein neuer Arbeitskollege Stjepan M. einführen soll:
CLP – Chitila Logistic Park:
Zum einen ein Projekt am Stadtrand von Bukarest in Rumänien. Einem Logistik Park, welcher als Gebäude im ersten Bauabschnitt bereits fertiggestellt war. Jedoch, bis auf ein Unternehmen, welches sich in einem kleinen Teil des Objektes eingemietet hatte, einen Pharmazie Produkte Großhändler in Rumänien, sowie einen Logistik Unternehmen, welches einen weiteren Teil des Objektes gemietet hatte, diesen jedoch in Eigenregie selbst ausbauen möchte, sonst noch leer stand.
Allerdings soll in einen weiteren Teil des Objektes nun ein Druckerei Unternehmen, ähnlich wie Mediaprint in Österreich, welches für eine große Anzahl an verschiedenen Zeitschriften den Druck übernimmt, in diesem Logistik Park nun eine Druckerei einrichten. Wofür es nun zuerst gelte, die Stromversorgung für eine Druckerei in diesem Objekt sicherzustellen, da die Infrastruktur in diesem Gebiet noch sehr dürftig ausgebaut wäre und die erforderliche Leistung für solch eine Druckerei, welche einen sehr hohen Bedarf an elektrischer Energie hat, offenbar noch nicht bereitgestellt werden könnte.
Zudem soll danach auch der Aufbau dieser Druckerei als Bauherrenvertreter begleitet werden. Wofür ich, falls dieses Projekt überhaupt ausgeführt werden könnte, welches unter anderem von der Möglichkeit der Bereitstellung der elektrischen Energie für diese Druckerei abhängig ist, regelmäßig mehrere Tage in Bukarest verbringen und von dort aus dieses Projekt betreuen. Weshalb ich auch gleich in nächster Zeit nach Bukarest kommen soll, um mit dem Energieversorger die Details für die Bereitstellung der elektrischen Energie für die Druckerei klären soll.
Hotel am Hessenplatz:
Zudem sollte ich nun die Errichtung eines Hotels in Linz am Hessenplatz, einem Park Inn Hotel, begleiten. Bei welchem der Rohbau bereits Ende Sommer fertiggestellt sein soll und danach der Ausbau beginnen soll. Wobei die Leistungen im Bereich der Elektrotechnik bereits an ein Elektrounternehmen aus der Region, aus Enns, vergeben waren. Die Eröffnung des Hotels soll allerdings bereits am 1. Mai des folgenden Jahres erfolgen.
Dem Hotel angebaut, soll zudem ein Wohnhaus mit einigen Mietwohnungen errichtet werden. Für welches ebenfalls die Leistungen bereits an die gleichen Auftragnehmer vergeben waren.
Bei diesem Projekt sollte ich nun auch die gesamte Bauüberwachung im Bereich der Elektrotechnik, zusammen mit meinem neuen Kollegen Stjepan M., der die Haustechnik betreuen soll, vor Ort übernehmen. Dazu sollte ich nun, abwechselnd mit dem anderen Projekt in Bukarest, wöchentlich mehrere Tage vor Ort auf der Baustelle in Linz verbringen.
Schön langsam war mir klar, weshalb in diesem Unternehmen kaum Leute anzutreffen sind. Denn diese sind meist die ganze Woche über verstreut über halb Europa bei diversen Bauvorhaben. Und eben nur an bestimmten Tagen, meist an Montagen, im Büro, welcher auch als Bürotag bezeichnet wurde.
Ich war richtig gespannt, was mich nun in diesem Unternehmen erwarten würde.
(2021-07-29)