Das kann doch nur der sein!
D. gab einfach keine Ruhe mehr. Dabei verstand ich dies überhaupt nicht, hatte er doch nun jemanden, der ihm dieses Projekt abwickeln konnte, dies auch zum Erfolg führen konnte und ihm die doch so heiß ersehnte Prämie, diese Beschleunigungsvergütung sichern konnte. Da stand ich Mitte Mai 2010, den genauen Tag weiß ich leider nicht mehr, eines Tages nach der Mittagspause vor dem Firmeneingang um einen Kaffee zu trinken und eine Zigarette zu rauchen. So, wie ich es üblicherweise nach der Mittagspause tat. Da kam auch schon D. mit seinem Mercedes angefahren, parkte an seinem Parkplatz ein, stieg aus und kam auf mich zu. Sonst hatte er sich meist von mir eine Zigarette geborgt, doch an diesem Tag war es anders. Er schien sehr aufgeregt, ja fast aufgebracht zu sein. Da erzählte er mir, er wäre am Vormittag beim Zahnarzt gewesen und wäre nun noch etwas essen gewesen. Was auch in seinem Gesicht erkennbar war, denn um den Mund hatte er noch deutlich erkennbare Spuren seines Mittagessens. Man könnte manchmal fast schmunzeln über ihn, wenn man ihn so sieht.
An diesem Tag war er aber wirklich aufgebracht. Er begann über andere Leute zu schimpfen, wobei ich überhaupt nicht verstand, was er eigentlich meinte. Doch dann sagte er noch, es soll auch Leute geben, welche die Verantwortung daran tragen, dass er vor Jahren bei einem Projekt in Salzburg ausgeschieden wurden und nun meinen, bei ihm im Unternehmen arbeiten zu wollen. Ab diesem Zeitpunkt war mir klar, er meinte mich damit. Er nannte dann auch noch das Jahr und das Projekt. Somit war alles klar, er kann nur mich meinen. Dabei verstand ich überhaupt nicht, wie er nun darauf kommt. Kaum hatte er seinen Dampf neben mir abgelassen, verschwand er im Gebäude. Ich blieb etwas ratlos vor dem Eingang stehen, rauchte meine Zigarette zu Ende und ging dann auch hoch an meinen Arbeitsplatz. Kaum an meinem Platz angekommen, sprach ich meine Kollegin, Tamara F., welche für mich am CAD die Pläne zeichnete, darauf an und erzählte ihr, was ich gerade mit D. erlebt habe. Ich sagte dann noch zu ihr,
„der glaubt doch nicht wirklich, ich wäre daran schuld gewesen, dass D. damals bei diesem Projekt ausgeschieden wurde!“
Sie meinte allerdings darauf, ohne darauf im Detail einzugehen,
„irgendwann erwischt es einen eben doch, auch wenn es viele Jahre dauert!“
Ich dachte mir in diesem Augenblick, meine Kollegin ist nun wirklich nicht die richtige Person um dies zu klären und nahm einfach einmal ihre Aussage zur Kenntnis. Ich war allerdings völlig von den Socken. Denn es ist tatsächlich so, dass ich in den Jahren von 1999 bis 2003 in Salzburg in einem Ingenieurbüro arbeitete, welche sich hauptsächlich mit der technischen Ausstattung von Tunnelanlagen beschäftigt. Dabei lag das Verhältnis von Aufträgen im Bereich der Tunnelausstattung etwa bei 70 zu 30% im Vergleich zu anderen Aufträgen im Hochbau. Ich allerdings war in diesem Büro lediglich für Projekte im Bereich Hochbau zuständig. Nur zu Beginn meiner Tätigkeit in diesem Büro hatte ich auch bei Tunnelanlagen mitgearbeitet, allerdings nie in einer verantwortungsvollen Funktion. Wenn, dann war ich lediglich bei der technischen Ausarbeitung von Teilanlagen in solch ein Projekt involviert. Aber von da her kannte ich auch dieses Projekt und ich war auch bei diesem Projekt mit der Ausarbeitung von Konzepten für die Verteileranlagen tätig, allerdings auch hier nur zu Beginn dieses Projektes im Herbst 1999.
Aber es gibt im Leben immer wieder Momente, in denen man etwas mitbekommt, womit man in diesem Augenblick überhaupt nichts anfangen kann, es sich einem jedoch dauerhaft einprägt. Man merkt sich diese Situation, diesen Augenblick, diese Aussage und irgendwann ergibt es dann doch auf einmal einen Sinn. Und so war es auch nun.
Damals hatte ich auch die Vergabe dieses Auftrages mitbekommen. Mein Kollege, Klaus W., welcher dieses Projekt betreute, er saß direkt am Tisch hinter mir, war damit sehr lange beschäftigt, denn es ging damals tatsächlich darum, den bei der Angebotseröffnung erstgereihten Bieter, und das war die Firma D., auszuscheiden. Und all dies kam mir nun wieder in Erinnerung. Diesmal beendete ich meine Arbeit etwas früher, denn dies hatte mich doch sehr beschäftigt und ging danach in mein Apartment. Am frühen Abend setzte ich mich wie eigentlich fast jeden Tag noch in der Gaststube meiner Vermieterin an den Stammtisch. Ich verließ den dann allerdings sehr früh wieder und ging danach in diese Kneipe, in welcher ich ebenfalls beinahe jeden Abend noch war. Mittlerweile war ich dort schon fast so etwas wie ein Stammgast. Es war eben einfach so, dass mich dort mittlerweile so gut wie jeder der üblichen Gäste kannte, ich mich daher in Ruhe an meinen Stammplatz setzen konnte um dort ein paar kleine Weißbiere zu trinken, zudem war dies eine Raucherkneipe und ich konnte dort in Ruhe meine Abende während der Woche verbringen. Da es eine Raucherkneipe war, hatte ich es für mich mittlerweile als „Räucherstübchen“ bezeichnet, denn das Lokal hatte zwar eine Lüftungsanlage, diese war allerdings nur sehr selten eingeschaltet. Alleine Am Abend vor dem Fernseher, daran war zu dieser Zeit nicht mehr zu denken. Dabei wäre mir einfach die Decke auf den Kopf gefallen.
An diesem Abend kam ich dann an meinem Stammplatz im „Räucherstübchen“ so richtig ins Grübeln, denn in mir kamen plötzlich sehr viele Erinnerungen wieder hoch, mit welchen ich jahrelang überhaupt nichts anfangen konnte, nun aber plötzlich einen Sinn ergaben:
Da waren die Aussagen in diesem Ingenieurbüro, während der Vergabe dieses Auftrages in Salzburg: Ich hatte mich mit meinem Kollegen Klaus W. darüber sehr oft und intensiv unterhalten, da ich es eigentlich überhaupt nicht verstand, warum dieses Unternehmen, die Firma D., ausgeschieden werden sollte. Klaus W. meinte damals, „die glauben doch, sie könnten tun und lassen, was sie wollen“. Und tatsächlich. Nun, nachdem ich selbst in diesem Unternehmen arbeite, stellt sich für mich heraus, die meinten wirklich, sie können tun und lassen was sie wollen. Und ich sagte damals noch zu ihm, „das sind doch Schwaben, die sind doch gut! Schaffe, schaffe, Häusle baue, und so!“ Er meinte damals darauf, „die kannst vergessen. Ich bin froh, wenn ich bei diesem Projekt nicht dabei habe!“
Und da war auch noch ein Gespräch, welches ich damals zwischen Herrn K., einem der beiden Eigentümer dieses Ingenieurbüros, und seiner Frau, die Schwester des zweiten Eigentümers, welche als eine Art Chefsekretärin arbeitete, mitbekam, denn dieser Ausschluss der Firma D. hatte damals große Wogen geschlagen. Frau K. meinte damals zu ihrem Mann, „warum habt Ihr denn den wirklich ausgeschlossen?“ Herr K. meinte darauf, ich stand damals am Kopierer, direkt neben der Eingangstür zum Chefbüro, „wir haben nicht wollen, dass der“ und er deutete damals mit dem Kopf in meine Richtung, „mitbekommt, dass wir hier alle bei dem mit dabei sind.“ Damals wusste ich überhaupt nichts mit K.‘s Aussage anzufangen, nun aber schien mir hier etwas klar zu werden. Es gab diese seltsamen Verbindungen innerhalb der Brache schon damals im Jahre 2000. Wenn aber nun D. im Jahre 2010 der Meinung ist, ich wäre damals schuld daran gewesen, dann heißt dies, man musste D. mich als den Verantwortlichen dafür genannt haben und somit, wenn D. immer noch derart gegen mich aufgebracht ist, ich D. seit dem Jahr 2000 am Hals habe! Somit wurde mir einiges klar – D. ist es, welcher mir seit dieser Zeit das Leben innerhalb der Branche schwerzumachen versucht! Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt immer diesen sogenannten „verrückten Wirt“, aus der Gegend im Salzkammergut aus der ich stamme, in Verdacht, aber dies ergab für mich überhaupt nie einen Sinn. Denn wie sollte ein gelernter Koch, der sich nun als Promiwirt versucht, in einer derart konservativen Branche wie der Elektrotechnik einen dermaßen großen Einfluss haben, sodass mir dieser das Leben schwer machen konnte. Aber wenn dies D. ist, so ergab dies plötzlich einen Sinn!
Und dann vielen mir an diesen Abend im „Räucherstübchen“ noch eine Menge anderer Begebenheiten der letzten 15 Jahre ein, welche plötzlich einen Sinn ergaben! Ich wusste, welche Methode für den Aufbau dieses Systems angewendet wurde, ich wusste, was man mit diesem System vor hat und ich wusste auch, wie unvorstellbar groß dies mittlerweile sein musste.
Seit dem Jahr 2000 hatte ich immer wieder diesen Namen D. zu hören bekommen, nun wurde mir einiges klar:
Das kann nur der sein, welcher seit so vielen Jahren gesucht wird, da er die gesamte Branche zerstört!
Aber wenn auch dieser „verrückte Wirt“ trotzdem etwas damit zu tun hat, ist dieses System tatsächlich nur auf meine Branche in der ich arbeite begrenzt? – Oder umfasst dies vielleicht sogar die gesamte Gesellschaft? Und was ist, wenn nicht ich einfach nur ein Feindbild darstelle, welches man loswerden will, sondern auch ich etwa nur eine Leitfigur bin, welches nur dazu dient, alle ähnlich denkenden Menschen aus der Gesellschaft los zu werden? Wie hatte ich es schon seit Jahren immer wieder zu hören bekommen, wenn es um mich geht, „wenn es einmal funktioniert, dann funktioniert es immer!“
Und was ist, wenn D. die Leitfigur für die Einen ist, um dem eine neue Gemeinschaft aufgebaut werden soll, und wenn dieser „verrückte Wirt“ die Leitfigur der Anderen ist, um die ebenfalls eine neue Gemeinschaft aufgebaut werden soll? – Und ich etwa das Feindbild für beide neue Gemeinschaften darstelle! Dann gehören diese beiden Teile untrennbar zusammen!
Nun galt es für mich noch eine Struktur für den Aufbau diese Systems auszuarbeiten, welche darstellt, wie dieses System aussehen muss, sodass es genau so funktioniert, wie es funktioniert.
Und vor allem wurde mir eines klar, mein Problem kommt nicht aus meiner direkten Umgebung, wie ich es jahrelang vermutet hatte, sondern es hatte mit D. zu tun! Aber kann tatsächlich ein Mann ein derartiges System aufbauen? – Wohl kaum! Daher musste es hier auch noch etwas anderes geben.
An diesem Abend saß ich etwas länger als üblich in diesem „Räucherstübchen“ und am nächsten Tag war ich sicher nicht nur deshalb etwas blass im Gesicht!
Eines war mir nun klar geworden! Wenn sich dies alles als Tatsache herausstellt, dann ist es höchste Zeit mir jemanden zu suchen, damit dies abgestellt werden kann, denn dies wäre eine Katastrophe