Wien, Freitag, der 7. Dezember 2007:
Regelrecht erwartungsvoll ging ich an diesem Morgen in die Arbeit. Ich war richtig gespannt, was mich heute im Büro erwarten würde. Hieß es doch am Ende des Arbeitstag am Vortag von Kollegen, heute würden „sie“ mir zeigen, mit wem ich es zu tun hätte.
Doch kaum ging ich an diesem Morgen über die Treppe hoch an meinen Arbeitsplatz, kam mir auch schon Markus B. mit breit grinsendem Gesicht entgegen. Zunächst wusste ich dies gar nicht recht zu deuten. Doch dann fiel mir auf, er trägt an diesem Tag, ganz entgegen seiner sonst üblichen Art sich zu kleiden, ein Sakko! Weshalb ich ihn regelrecht musterte, als er die Treppe neben mir herunter kam. Mir dabei allerdings seine sonst üblichen Turnschuhe auffielen. Und ich darüber beinahe lachen musste.
So musterte ich an diesem Tag beinahe jeden Kollegen, welcher mir gerade untergekommen war. Hatte ich doch noch am Vorabend schon darüber in diesem Lokal in der Wieder Innenstadt gehört. Wobei mir auffiel, auffallend viele Kollegen, auch Franz K., liefen heute mit einem Sakko im Büro umher. Nichts mehr von der sonst angepriesenen Hemdsärmeligkeit, der lockeren Umgangsformen, der legeren Kleidungsordnung zu erkennen, von der sonst so geschwärmt wurde.
Viele davon allerdings trotzdem mit Turnschuhen. Weshalb ich beinahe den gesamten Arbeitstag im Büro mit einem schmunzeln im Gesicht umher lief. Denn bei den meisten sah es so aus, als wäre es einfach besser, sich auch weiterhin legere zu kleiden und nicht zwanghaft ein Sakko zu tragen, denn dies passte ihnen überhaupt nicht. Vielen war auch die Abneigung eines Sakkos anzukennen.
Jedoch lief an diesem Tag auch unser neuer Geschäftsführer Horst Sch. im Anzug umher. Wobei sich auch er, nach seinen ersten Tagen im Dienst, nun sonst meist legere kleidete. Auch er mit einem Grinsen im Gesicht, als ich ihn sah. Weshalb mir nun allerdings auch klar war, wie ich ihn einzuschätzen habe.
Zuletzt hieß es dann auch noch von einem Kollegen aus einer anderen Abteilung,
„jetzt wird er es doch bald einsehen, dass er keine Chance hat!“
Jedoch, wenn damit meine angeblichen Ambitionen anstelle von Franz K. neuer Abteilungsleiter zu werden, wie es den Gesprächen zu entnehmen war, dann waren diese einfach nicht vorhanden. Aber dies schien für „sie“ keine Rolle zu spielen.
Wirklich „angeschaut“ hatte ich mich an diesem Tag nicht gerade. Das glich mehr einem Kostümball, welchen ich an diesem Tag im Büro erlebt hatte. Zudem der neue Geschäftsführer Horst Sch. der einzige war, dem sein „Kostüm“ auch passte und der Rest froh war, als er seine Verkleidung am Ende des Arbeitstages wieder ablegen konnte.
(2021-06-02)