Wien, Mittwoch, der 3. Oktober 2007:
Dieses Desaster bei der Abnahme und Übergabe in der Psychiatrie in Baden hatte große Wogen geschlagen. Überall war dies nun zu hören gewesen. Nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern auch bei Lieferanten, bei anderen Unternehmen, mit welchen wir zu tun hatten. Es war einfach eine Katastrophe. Daher war auch die Stimmung im Büro ziemlich schlecht, da davon ausgegangen werden musste, auch die neue Geschäftsführung hatte davon längst Wind bekommen. Wobei auch längst mit Konsequenzen gerechnet wurde.
Aber nicht nur dies hatte große Wogen im Büro geschlagen, auch mein Erlebnis vom Donnerstagabend, als ich noch bis gut 21 Uhr im Büro saß, mein Protokoll für die Beleuchtungsmessung der Sicherheitsbeleuchtung vorbereitet hatte, dabei allerdings die drei Kollegen aus der Buchhaltung erlebte, wie sie kurz nach 21 Uhr das Büro verließen! Gerade die „Schöne“ aus der Buchhaltung hatte deshalb große Probleme, denn es hieß, ich hätte die drei, und damit auch sie, bei etwas erwischt. Wobei ich mir nicht ganz erklären konnte, wobei ich sie erwischt haben konnte. Denn ich hatte einfach keine Erklärung dafür, wie die drei um diese Zeit das Gebäude verlassen konnten, ohne sich tatsächlich zuvor im Büro aufzuhalten, hätten sie doch, falls sie vielleicht tatsächlich erst kurz zuvor das Gebäude wieder betreten hätten, doch entweder einen Alarm ausgelöst oder sie hätten die Alarmanlage ausschalten, dies allerdings beim Wachdienst anmelden müssen. Daher hatte ich dies auch als nicht besonders wichtig eingestuft.
Unsere „Schöne“ hatte nun allerdings bedenken, es könnte aufkommen, dass sie kaum ihre vertraglich geforderten wöchentlichen Mindeststunden erreichen würde. Sie dabei gelegentlich tricksen würde und nun deshalb von der neuen Geschäftsführung Probleme bekommen könnte. Sie war auch tatsächlich kaum im Büro anzutreffen. Nachmittags ohnedies nur sehr selten und ab 15 Uhr, sobald die Kernarbeitszeit zu Ende war, so gut wie gar nie. Daher dachte ich mir bisher, sie wäre vielleicht auch nur in Teilzeit angestellt, war sie doch auch alleinerziehende Mutter. Nun hatte sie allerdings regelrecht die Hosen voll und ging mir auch seit letzten Freitag im Büro ständig aus dem Weg.
Gelegentlich kam Markus B., der Leiter der kaufmännischen Projektabwicklung, zu mir an den Arbeitsplatz, um mit mir eine Zigarette rauchen zu gehen. Üblicherweise befand sich die Raucherecke in der Teeküche, gleich meinem Arbeitsplatz am Flur gegenüber. An diesem Tag kam er zu mir und wollte wieder eine Zigarette mit mir rauche. Doch wie sonst üblich, wollte er an diesem tag nicht mit mir in die Teeküche gehen, sondern er meinte, da es so schön herbstlich und auch warm wäre, könnten wir auch einen anderen Raucherplatz, welchen ich bisher noch gar nicht kennen würde, aufsuchen. Dabei ging er mit mir zum Ende des Flures, an welchem sich eine Tür zur Fluchttreppe befand, und wir stellten uns danach an das Podest der Fluchtstiege. Dabei erklärte er mir aber auch, man müsste besonders aufpassen, dass dabei die Fluchttüre nicht vollständig zufallen würde, denn sonst könnte man nicht mehr zurück ins Gebäude und müsste außen herum durch den Haupteingang wieder zurück ins Gebäude gehen. Dazu sei allerdings extra ein kleiner Keil an der Tür platziert, welchen man, sobald man das Gebäude auf die Fluchttreppe verließ, einlegen könnte, damit sich die Tür auch nicht durch einen Windstoß schließen würde und diese sicher einen kleinen Spalt offen blieb, um wieder zurück ins Gebäude zu gelangen.
Doch dabei wurde mir einiges klar. Dies wäre auch die Erklärung dafür, wie die drei Kollegen am Donnerstagabend ins Gebäude kommen konnten, ohne dass ich sie zuvor bemerkt hatte und ohne, dass sie dabei die Alarmanlage auslösen oder abschalten mussten. Denn wenn tagsüber dieser Keil eingelegt wurde, dann könnten sie damit auch kurz nach 21 Uhr wieder zurück ins Gebäude gekommen sein. Zudem würden alle drei Kollegen in der direkten Umgebung des Unternehmens in Atzgersdorf wohnen. Gerade unsere „Schöne“, welche mir doch einst so stolz erklärt hatte, dass sie lediglich über die Straße in die Arbeit gehen müsste. Daher wäre es auch ein Leichtes, wenn sie die drei abends vereinbart hätten, wieder zurück ins Unternehmen zu kommen, das Büro allerdings über diese Fluchttreppe betreten hatten und danach mit lautem Getöse dieses gleich wieder verlassen hätten, als wären sie so besonders fleißig und hätten so lange im Büro zu tun gehabt. Dabei auch noch eine Menge an Überstunden zusammengebracht. Ich konnte es einfach nicht fassen, was ich in diesem Unternehmen alles erlebe.
Nun wurden allerdings an diesem Tag auch die Stimmen immer lauter, es könnte tatsächlich zu Konsequenzen wegen diesem Projekt der Psychiatrie in Baden kommen. Denn Franz K. wurde zum neuen Geschäftsführer gerufen, um diesen darüber Bericht zu erstatten. Weshalb auch die Stimmung im Büro immer schlechter wurde.
Als ich danach am Nachmittag wieder einmal in die Teeküche ging, um dort eine Zigarette zu rauchen, wurde darüber auch bereits heftig diskutiert. Darunter auch unsere „Schöne“ aus der Buchhaltung. Welche zudem nun auch befürchtete, auch ich könnte nun zum neuen Geschäftsführer gerufen werden, um ebenfalls dort darüber berichten zu müssen. Wobei ich allerdings auch anbringen könnte, wie ich letzten Donnerstagabend die drei Kollegen dabei erwischte, wie sie Überstunden scheffelten! Daher wurde sie nun regelrecht panisch, als ich die Teeküche betreten hatte. Doch um mich offensichtlich zu beeindrucken, welche äußerst guten Kontakte sie hätten, wer alles hinter ihnen stehen würde bei ihrem Vorhaben, regelrecht eine neue Ordnung aufzustellen, auch wenn dabei einmal etwas daneben gehen würde, wie es eben nun in Baden geschehen war, meinte sie,
„dann reden wir mit unserer Doris, die wird das dann schon wieder hinbiegen! – Unsere Doris, die macht das schon!“
Wobei sie dann auch noch extra erklärte, wer mit dieser „Doris“ gemeint wäre und es sich dabei um Doris Bures, eine damals zuvor für die SPÖ viele Jahre im Nationalrat sitzende Abgeordnete und nun sogar Ministerin in der aktuellen Bundesregierung war, die zudem auch aus dem gleichen Bezirk käme, wie sie und sie diese zudem auch persönlich kennen würde. Zudem meinte sie noch, es gäbe auch noch eine Reihe weitere Politiker, welche für sie im Parlament sitzen würden!
Ich staunte nicht schlecht. Vor allem, wie selbstverständlich dies alles für sie war!
(2021-05-13)