Wien, Montag, der 3. September 2007:
An diesem Vormittag kam plötzlich Manfred K., unser Abteilungsleiter, ins Büro, ging zu Franz K., unserem Gruppenleiter, und erklärte ihm, nun wäre bei der Psychiatrie im Krankenhaus Baden die Entscheidung gefallen. Es sollen bis Ende September nicht beide Stationen, also beide Geschoße fertiggestellt werden, sondern lediglich das erste Obergeschoß und somit eine Station, mit den dazugehörenden Räumen im Erg- und Untergeschoß.
Plötzlich begann hektisches Treiben im Büro. Franz K. rief Herbert W., den Kollegen, welcher direkt neben mir saß, zu sich und meinte;
„So. Es ist so weit! – Die Task Force! Es geht los! – Nimm Dir die Leute von Wiener Wohnen, fahre nach Baden und schau, dass Du das noch fertig bekommst!“
Ich saß beinahe staunend an meinem Arbeitsplatz. Denn all dies ging völlig an mir vorbei. Es war, als müsste nun auch niemand mehr mit mir sprechen. Kein einziges Wort verlor Franz K. dabei in meine Richtung. Als wäre ich einfach gar nicht mehr da.
Auch von dieser nun geplanten Änderung im Ablauf. Davon, dass nun nur mehr eine Station fertiggestellt werden soll, hatte ich selbst überhaupt nichts mitbekommen. Kein einziges Mail, kein Anruf, kein Gespräch mit mir, gar nichts. Als ginge mich dies nun überhaupt nichts mehr an.
Ich hätte ohnedies nicht mehr gewusst, was man in diesem Fall noch tun könnte. Zudem hatte ich der Montage die letzten drei Wochen zugesehen, welche Fortschritte sich auf der Baustelle abzeichnen, wobei ich eben feststellen musste, dass in dieser Zeit beinahe gar nichts geschehen war, als wäre dort einfach nur eine Show abgezogen worden, die Leute geschäftig umherliefen, tatsächlich allerdings nichts weitergebracht hatten. Und dies, weil man offensichtlich für mich nicht arbeiten möchte. Gerade der Subauftragnehmer ließ sich dies regelrecht direkt anmerken. Weshalb ich auch letzten Donnerstag zum Entschluss gekommen war, dann sollten sie mich doch nun einfach „wegtun“, wie sie dies immer nannten, denn sonst würde dies nie aufhören. Daher war mir dies mittlerweile auch völlig egal. Ich saß auf meinem Arbeitsplatz und dachte mir, dann könnte ich am Nachmittag auch gleich nach Hause fahren und erst gar nicht mehr kommen. Den nun läuft alles ohne mich.
Zudem, wenn nun diese „Task Force“ aus dem Montagepersonal, welches sonst üblicher Weise für Wiener Wohnen arbeitet, dort, wie ihr verantwortlicher immer wieder von sich gab, jemand der eine „Steigleitung“, also eine Versorgungsleitung vom Zählerverteiler in eine Wohnung fehlerfrei installieren könnte, schon ein Master wäre, dann würde es wohl mit dieser „Task Force“ auch nichts mehr werden. Von allen Unternehmen, mit welchen Franz K. gesprochen hatte, bekam auch er nun lediglich eine Absage. Daher blieb ihm nichts anderes übrig, als auf das Montagepersonal der Gruppe für Wiener Wohnen zurückzugreifen.
Als sich dann kurz nach Mittag Herbert W. auf den Weg nach Baden begab, meinte er allerdings plötzlich,
„wir sehen uns dann in Baden!“
Worauf ich anfänglich gar nicht reagierte. Aber dann kurz mit ihm sprach, ihm andeutete, dass ich den Eindruck hätte, als würde nun ohnedies alles ohne mich laufen, da dies nun ohnedies alles über meinen Kopf hinweg organisiert worden wäre. Worauf er meinte, nein, nein, dies wäre gar nicht so. Ich müsste eben nun eben bis Ende September führen.
Ehrlich gesagt wäre es mir am liebsten gewesen, er hätte mir gesagt, ich bräuchte mich nun erst gar nicht mehr um diesen Auftrag kümmern. Aber so blieb mir beinahe nichts anderes übrig, als ich kurz darauf selbst, wie mittlerweile ohnedies schon beinahe jeden Tag, auf den Weg nach Baden zu begeben.
Zudem hatten wir in den Monaten Juli und August einen Ferialpraktikanten. Er hatte seinen Arbeitsplatz gleich meinem gegenüber und machte auf mich keinen schlechten Eindruck. Im gleichen Frühjahr hatte er die HTL in Wien abgeschlossen, sich in diesem Unternehmen als Praktikant für diese beiden Monate beworben und war hier auch aufgenommen worden. In dieser Zeit wollte er sich erst einmal umsehen, ob ihm diese Arbeit zusagen würde. Danach, falls ihm die Stelle gefallen würde, man im Unternehmen auch mit ihm zufrieden wäre, wollte er seine Anstellung als Praktikant in eine fixe Anstellung umwandeln. So war es zumindest vereinbart worden, wie er mir erzählte.
Doch an diesem Tag erschien er nicht mehr in der Arbeit. Mich wunderte, dass dies überhaupt jemanden aufgefallen war. Doch Franz K. fragte, im Zuge der Aufregung um den Start der Task Force für die Psychiatrie in Baden, Herbert W., wo denn der Praktikant geblieben war, da er ihn an diesem Tag noch nicht gesehen hatte. Worauf ihm dieser mitteilte, ihn auch noch nicht zu sehen bekommen zu haben, aber auch nicht wisse, wo er geblieben wäre, was mit ihm sei. Denn er hätte sich mit ihm einmal unterhalten, wobei er ihm lediglich erzählt hatte, sich in diesen beiden Monaten, in welchen er hier als Praktikant tätig sei, erst einmal umsehen zu wollen, ob ihm dieser Job überhaupt zusagen würde. Falls dies nicht der Fall wäre, dann würde er nach den beiden Monaten hier wieder aufhören und im Herbst studieren gehen. Doch dies wäre nun auch bereits einige Wochen her.
Es war auch kein Wunder, dass kaum jemand etwas über den Praktikanten wusste. Denn außer Franz K. durfte sich niemand mit ihm beschäftigen. Niemand ihn mit Arbeit versorgen, ihn dabei betreuen. Dies oblag ausschließlich Franz K. Doch der kümmerte sich so gut wie gar nicht um ihn. Meist saß er lediglich auf seinem Platz und wusste nicht recht was er tun soll.
So kam es offensichtlich auch, dass Franz K. nicht einmal aufgefallen war, als am 31. August dessen Dienstverhältnis zu Ende war! So viel zu dessen Betreuung eines Praktikanten im Unternehmen. – Und dies, obwohl er nebenbei als Lehrer an einer Berufsschule tätig ist!
Franz K. meinte dazu, da der Praktikant nun nicht mehr zur Arbeit erschienen war, nun offensichtlich im Herbst an die Universität studieren gehen möchte,
„das ist wieder so einer, aber das macht nichts! Dann soll er eben studieren gehen. – Und wenn er dann fertig ist, dann wird er vielleicht in einem anderen Unternehmen zu arbeiten beginnen. Dort wird es aber auch nicht anders sein. – Irgendwann kommen sie alle wieder zu uns zurück! – Weil es gar nichts anderes mehr gibt! – Wenn der mit dem Studium fertig ist, auf jeden Fall,“
Mir war lediglich aufgefallen, wie er immer wieder kopfschüttelnd mir gegenüber an seinem Arbeitsplatz saß, als die Aufstellung der „Task Force“ für die Psychiatrie in Baden aufgestellt wurde und über den aktuellen Stand bei diesem Projekt gesprochen wurde, völlig an mir als Projektleiter für dieses Projekt vorbei, ohne mit mir darüber auch nur ein einziges Wort zu verlieren. Wobei ich mir stets dachte, wer weiß, was dabei sonst in dieser Angelegenheit im Büro gesprochen wurde, wovon ich überhaupt nichts mitbekommen hatte.
Mich wunderte es überhaupt nicht, dass dieser Praktikant nicht länger in diesem Unternehmen tätig sein wollte. Dabei fiel mir nur mein Kollege in jenem Unternehmen ein, welcher ebenfalls gerade die HTL abgeschlossen hatte, einen äußerst guten Eindruck in der Arbeit erweckte, dann allerdings ganz plötzlich Ende des Jahres 2006 zu arbeiten aufhörte, da er studieren gehen möchte. Zudem konnte ich mich noch äußerst gut an dessen Aussage mir gegenüber erinnern, wie er da meinte, was ich erleben müsste, das würde er sich keinesfalls antun!
(2021-04-18, 2021-05-06)