Wien, Dienstag, der 1. August 2006:
Ich staunte nicht schlecht, als an diesem Tag plötzlich ein neuer Kollege am Schreibtisch, direkt mir gegenüber, Platz genommen hatte. Er meinte, er würde von nun an hier arbeiten. Obwohl mir davon zuvor niemand etwas erzählt hatte.
Grundsätzlich war mir das egal. Denn das Unternehmen kam einstellen, wen auch immer es will. Egal ob dafür die Arbeit vorhanden ist, oder, wie in diesem Fall, auch nicht. Aber irgendwie hatte s mich doch etwas irritiert. Denn eine wirkliche Aufgabe hatte dieser Mann nun nicht gerade. Allerdings nachdem ich mich etwas mit ihm unterhalten hatte und er mir dabei erklärt hatte, er würde von VA Tech nun hierher gekommen wein, war mir klar, was los ist. Schließlich hatte mir doch mein Chef noch vor einigen Wochen erklärt, er würde gerade jenen, welcher derzeit die Aufgabe hatte, den vorgesehenen Stellenabbau bei VA Tech von, in den Medien kolportierten, 200 Stellen umzusetzen, besonders gut kennen.
Es schien also, mein Chef hatte hier jemanden einen Gefallen erwiesen und einen von diesen 200 zur Kündigung anstehenden Mitarbeitern der Va Tech hier aufgenommen. Als ich ihn allerdings einige Tage später darauf ansprach, meinte dieser, der Chef, also der Eigentümer des Unternehmens wäre dies gewesen. Auch dies steht ihm natürlich frei.
Aber was ich daran besonders bemerkenswert empfand war, dieser neue Kollege erklärte mir er wäre zuletzt bei VA Tech als Projektleiter tätig gewesen. Wobei er diese Funktion erst bei seinem letzten Projekt, ein Projekt in Kroatien, ausgeübt. Dabei wäre allerdings ein äußerst hoher Verlust erwirtschaftet worden. Wobei mein neuer Kollege darin überhaupt kein Problem sah. Ganz im Gegenteil. Er erweckte eher den Eindruck, als wäre dies etwas Unabwendbares gewesen. Auch dies mag durchaus der Fall gewesen sein. Schon alleine deshalb, da er wohl selbst nicht die Kalkulation für dieses Projekt ausgearbeitet hatte, wie er mir erklärte.
Doch etwas irritierte mich doch sehr an ihm. Denn besonders viel Erfahrung, wobei dies konnte ja gar nicht sein, hatte er in der Projektleitung nicht gerade. Allerdings hätte er wenigstens die Kenntnisse darüber haben können. Aber auch das war nicht der Fall.
Umso beeindruckender war sein Auftreten. Da stand nun manchmal schon ein junger Mann da und meinte, jedem anschaffen zu können, was er möchte. Auch wenn dies kaum einen Sinn ergab. Aber jeder hätte umzusetzen, was er von ihm wollte. Doch kaum saßen wir mit den anderen Kollegen mittags am Besprechungstisch zusammen, um dort gemeinsam die Mittagspause zu verbringen, saß da plötzlich ein jungen, ganz lieber Mann, welcher keiner Fliege etwas zu leide tun könnte und auch den Mund kaum aufbringen würde. Außer dass er stolz darauf war, nun, seitdem er verheiratet war, in einer kleinen Vorstadt von Wien, in Perchtoldsdorf, zu wohnen. Als hätte dies eine ganz besondere Bedeutung.
(2021-02-14)