Eicherloh, Samstag, der 25. Februar 2006:
All meine Versuche, in München, dort, wohin ich eigentlich gehen wollte, nachdem ich in Salzburg keine Zukunft mehr für mich sah, eine neue Stelle zu finden, waren bisher kläglich gescheitert. Wobei ich mir darauf zu dieser Zeit noch überhaupt keinen Reim machen konnte, woran dies liegen könnte. Denn einige meiner Bewerbungen, vor allem so manches Bewerbungsgespräch, verliefen doch äußerst positiv. Jedoch wurde danach einfach nichts daraus.
Weshalb ich manchmal schon den Eindruck bekommen hatte, dies könnte auch daran liegen, dass ich eben mit „diesen Leuten“ etwas zu tun habe. Aber dann dachte ich mir wieder, mit „diesen Leuten“ hätte ohnedies jeder in der Branche etwas zu tun. Daher kam ich dann doch immer wieder zur Ansicht, vielleicht wäre es nicht doch besser, sich mit „diesen Leuten“ zumindest etwas einzulassen, um ihnen den Wind aus den segeln zu nehmen, ihnen erst gar nicht die Möglichkeit zu geben, derart gegen mich aktiv zu werden, sodass es ihnen vielleicht gelingen könnte, mich nur irgendwo hinaus zu drängen. Und dabei kam ich immer wieder zur Ansicht, unter „diesen Leuten“ wären wohl gerade jene, bei denen ich mein Zimmer hatte, während ich für Va Tech in „München“ tätig war, das geringste Übel. Daher dachte ich schon dies ganze Zeit darüber nach, wieder einmal meine ehemaligen Quartiergeber in „München“ in ihrer Gastwirtschaft zu besuchen. Hatte ich mich doch noch am Samstag vor Weihnachten so ausgezeichnet mit Rosi, der Chefin des Hauses, unterhalten.
Doch als ich am späteren Nachmittag die Gastwirtschaft betreten hatte, dort meinen Platz an einem der ersten Tische im Lokal bezogen hatte und mich die Chefin entdeckte, meinte diese nur ganz vorwurfsvoll,
„sind Sie jetzt Da!“
Als hätte ich, wenn ich schon hierher kommen möchte, viel früher hierher kommen müssen. Aber im Jänner hatte ich dazu, nach all dem, was sich bei MCE abgespielt hatte, kaum Lust, und seitdem ich nun arbeitslos war, schon gar nicht. Daher war ich mir auch keiner Schuld bewusst. Auch wenn dies offensichtlich bei mir so ankommen sollte.
Die Chefin des Hauses wollte sich auch an diesem Tag nicht weiter mit mir unterhalten. Sondern meinte zu einer ihrer Bedienungen,
„der soll selber schauen, dass er zu etwas kommt hier!“
Was ich ja auch gerne getan hätte. Jedoch mir dazu bisher die Möglichkeit gefehlt hatte. Obwohl ich nun eigentlich schon seit über einem Jahr hier war.
Interessant fand ich, wie nun darauf die Bedienung reagierte. Denn diese meinte, ich sollte mich doch zu jenem älteren Mann am Nebentisch setzen. Ein Mann, den ich mittlerweile schon sehr oft hier gesehen hatte. Der im Nachbarhaus, gleich neben diesem Hotel sein Haus hatte, und hier offenbar beinahe täglich in der Gaststube anwesend war. Zudem erklärte mir die Bedienung, dieser Mann würde ohnedies jemanden suchen, welcher sich um ihn kümmert. Wäre er doch nicht mehr der Jüngste. Er hätte allerdings niemanden, der dies täte. Außerdem erklärte mir die Bedienung, dieser Mann hätte, bevor er in den Ruhestand ging, bei E-ON gearbeitet. Dieser hätte mit Sicherheit genügend Kontakte, um mir eine Stelle zu besorgen.
Worauf ich schmunzeln musste. Denn dies würde ja bedeuten, ich wäre vielleicht darauf aus, mich um diesen Mann zu kümmern, nur damit ich in Form einer Leibrente dann vielleicht an sein Haus und wer weiß was sonst noch alles kommen möchte. Schmunzeln musste ich deshalb darüber, kannte ich doch genügend Leute, welche dies bewusst tun, um an etwas zu kommen, woran sie sonst nie kommen würden. Sogar damit jemandem das Erbe streitig machten, nur um an ein Haus, ein Grundstück, oder Sonstiges zu kommen.
Ich hatte mich danach auch bestens mit diesem Mann unterhalten. Obwohl ich keinerlei Ambitionen hatte, mich bei ihm anzubiedern. Aber manchmal kam mir mittlerweile der Gedanke, sollte ich tatsächlich in meinem Leben noch zu etwas kommen, dann vielleicht tatsächlich nur auf solch einem Weg. Denn mittlerweile wurde es mir richtig unheimlich. Ich bewarb mich irgendwo, die gesamte Bewerbung verlief eigentlich so, als wäre es beinahe eine Selbstverständlichkeit, dass ich die Stelle bekommen würde, aber dann hörte ich zu Teil einfach nichts mehr davon. Als würde irgendjemand, irgendetwas grundsätzlich dagegen sein, wovon ich zwar nichts mitbekommen sollte, sich dies allerdings immer deutlicher abzeichnete. Was und wer auch immer dies sein mochte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur eine unheimliche Vermutung. An VA Tech konnte dies hier nicht liegen, denn dazu war dieses Unternehmen hier viel zu unbedeutend und auch, um es ehrlich zu sagen, auch nicht erwünscht.
Aber auch dieses seltsam abweisende Verhalten der Chefin des Hauses an diesem tag fand ich mehr als merkwürdig, denn, was hätte sie sich sonst erwartet.
(2021-02-14)