Wien, Donnerstag, der 1. Juni 2006:
Nun war also mein erster Arbeitstag bei diesem Elektrounternehmen in Wien, eigentlich nur unweit der MCE, bei welcher ich zuletzt bis Ende Jänner gearbeitet hatte, gekommen. Daher war auch mein Weg in die Arbeit beinahe der Gleiche, wenn auch etwas länger. Aber da ich nicht mehr länger an dieses Desaster erinnert werden wollte, nahm ich nun den Weg über den sogenannten Verteilerkreis. Nur, damit ich nur ja nicht an dieser MCE vorbeifahren musste.
Der erste Tag im betrieb verlief wie meist in einem neuen Unternehmen. Ich wurde erst einmal von meinem neuen Chef Franz L. im gesamten Betrieb allen Mitarbeitern vorgestellt und dabei durch das gesamte Betriebsgelände geführt. Wobei das Unternehmen aus drei wesentlichen Geschäftsbereichen bestand. Jenem Bereich der allgemeinen Elektroinstallation, in welchen ich nun tätig war, gab es noch eine eigene Abteilung für den Schaltschrankbau. Wobei auch dieser Bereich einen eigenen Abteilungsleiter hatte. Als dritte Abteilung gab es da noch eine Truppe, welche beinahe ausschließlich mit der Datenverkabelung für die Wiener Linien beschäftig war. Jedoch wurde diese Abteilung zwar als eigene Abteilung geführt, jedoch in Personalunion mit dem Abteilungsleiter des Schaltschrankbaues. Ein Bereich, welcher ganz besonders im Unternehmen behandelt wurde, schien dieser Bereich doch weitaus der Erfolgreichste im Unternehmen zu sein. Jedoch wurden die Mitarbeiter dieses Bereichs auch etwas belächelt, da sie ausschließlich in der Nacht arbeiteten, in jener Zeit, in der die U-Bahnen von Betriebsschluss bis Betriebsbeginn am Morgen still stehen.
Nachdem auch alle sonstigen Formalitäten an einem ersten Arbeitstag erledigt waren, dazu gehörte, dass ich meinen unterschriebenen Dienstvertrag im Unternehmen abgegeben habe,
angemeldet wurde ich auch ordnungegemäß,
übergab mir mein Chef schon einmal wesentliche Unterlagen für jenes Projekt, mit welchem ich nun in erster Linie beschäftigt sein soll.
Doch kaum hatte ich mich ein wenig an meinem neuen Arbeitsplatz eingerichtet, mich etwas mit meinen neuen Kollegen unterhalten, uns miteinander vorgestellt, begann am frühen Nachmittag regelrecht ein Kommen und Gehen ins Großraumbüro, in welchem ich nun mit vier weiteren Kollegen, sowie der Sekretärin, saß. Unser Abteilungsleiter Franz L. hatte darin seinem eigenen mit Glas umrandeten Raum, der jedoch nur über unser Großraumbüro zugänglich war. Viele der neuen Kollegen aus anderen Abteilungen kamen ins Büro und wollten Näheres von unserer Sekretärin wissen, weshalb ich nun in diesem Unternehmen arbeite. Das glich schon einer regelrechen Fragestunde an die Sekretärin, welche darüber gerne Auskunft erteilte.
Doch einer der ersten, welcher nun zu ihr ins Büro gekommen war und näheres über mich uns den Grund meiner Beschäftigung wissen wollte, war der Abteilungsleiter des Schaltschrankbaues. Welcher aber kaum einen Hehl daraus machte, dass ihm meine Gegenwart in diesem Unternehmen kaum erfreut hatte. Denn er fragte unsere Sekretärin,
„was tut denn der da!“
Worauf diese antwortete,
„WienGas! – Der soll das Projekt übernehmen.“
Jedoch schien dies diesem Abteilungsleiter gar nicht zu gefallen, denn er meinte weiter,
„hat es da bei uns keinen gegeben, der das machen könnte?“
Worauf unsere Sekretärin antwortete,
„da Michi! Der hat das auch am Anfang geführt. Aber dem ist das zu groß gewesen – das hat er auch von Anfang an immer gesagt. – Dann hätte es L. (Franz L., der Abteilungsleiter) gemacht, aber das hat auch nicht gepasst. – Jetzt haben sie eben einen gesucht und nun macht das der!“
Dies stellte diesen Abteilungsleiter aber immer noch nicht zufrieden, weshalb noch einige abfällige Bemerkungen über Michael H., dem ursprünglichen Betreuer dieses Projektes und unserem Abteilungsleiter kamen, wobei deutlich erkennbar war, diese beiden schienen sich nicht gerade bestens zu verstehen. Doch dann meinte unsere Sekretärin noch,
„ist eh nur für die WienGas Zentrale! Dann ist der eh wieder weg!“
Da wurde mir ganz anders! Denn das war es nun, was ich überhaupt nicht wollte. Lediglich für ein Projekt in solch einem Unternehmen angestellt zu werden. Dies vielleicht mit der Absicht, mich nach diesem Projekt gleich wieder loszuwerden – oder gar hinauszuschmeißen!
Ich konnte auch gar nicht anders, als all dies mitzuhören. Denn dies spielte sich nur wenige Meter neben mir ab. Wobei der Raum von meinem Arbeitsplatz zum Arbeitsplatz der Sekretärin lediglich durch eine halbhohe Schrankwand getrennt war.
Hätte ich die Möglichkeit gehabt, dann wäre mein erster Arbeitstag auch gleich wieder mein letzter gewesen. Aber die Alternative wäre gewesen, nun wieder arbeitslos zu sein und das konnte ich mir nun gar nicht mehr leisten. Daher blieb mir nichts anderes übrig, als dies einfach hinzunehmen und darauf zu hoffen, dies wäre vielleicht lediglich nur ein Gerede innerhalb dieses Unternehmens, welches sich im Laufe der Zeit als harmlos herausstellen werde.
Mein erster Arbeitstag war also nicht gerade das, was ich mir erhofft hatte. Denn mit meiner Absicht, ganz nach Wien zu ziehen, hier ein neues Leben zu beginnen, würde ich wohl nun schon wieder etwas warten müssen. Denn etwas dümmeres hätte mir nicht passieren können, nun in Salzburg meine Zelte ganz abzubauen, hierher nach Wien zu ziehen und dann vielleicht nach Ende dieses Projektes, wenn nicht vielleicht schon sogar früher, ohne Arbeit dazustehen! – Ich hätte auszucken können!
Am Abend wollte ich noch in die Innenstadt fahren, um einfach nur nachzusehen, was mich nun hier erwarten würde. Doch kaum wollte ich aus dem Haus dieser kleinen Pension in Oberlaa gehen, in welcher ich mich nun wieder einquartiert hatte, lief mir meine Vermieterin über den Weg, als ob sie ich regelrecht abgewartet hatte. Dabei befragte sie mich, wie es mir denn an meinem ersten Arbeitstag bei F. ergangen wäre. Doch nachdem ich ihr erzählte, dies wäre nicht so gelaufen, wie ich mir dies vorgestellt hatte, nicht gerade der Arbeitsplatz, den ich mir nun erwünscht hatte, lächelte sie nur darüber, als ob sie dies bereits längst wüsste, und meinte, dies würde schon werden. Das fiel mir in der Zeit bei MCE schon immer wieder auf. Sie wusste einfach sehr viel darüber, wie es mir in der Arbeit gerade erging.
In der Wiener Innenstadt besuchte ich wieder jenes Lokal, welches ich dort längst kannte – dieses „1516“ in der Schwarzenberg Straße. Dort schien es so, als wäre ich beinahe schon erwartet worden. Wieder stand ich wortlos an der Bar, konsumierte dort meine drei kleinen Biere und beobachtete dabei, wie einige der Gäste regelrecht darauf aufpassten, dass hier nur ja nichts geschieht, was ihnen nicht in den Kram passt. Wieder musste ich zudem miterleben, wie diese russische Bedienung dazu gedrängt wurde, um mich ein ähnliches „Theater“ loszutreten, wie ich dies schon aus Salzburg kannte und ich es hier schon im November des Vorjahres miterleben musste. Es war also auch hier alles beim Alten geblieben!
(2021-02-01)