Salzburg, Anthering, Sonntag, der 19. Februar 2006:
In der vergangenen Woche hatte sich plötzlich Harald Z., „Zucki“, von der VA Tech wieder bei mir gemeldet. Er wollte sich gerne wieder einmal mit mir treffen, so wie wir dies im Herbst letzten Jahres vereinbart hatten, wie er meinte. Anfangs hoffte ich, er möchte sich, wie schon im Herbst, wieder mit mir in dieser Gaststätte in Salzburg Itzling treffen. Doch diesmal schlug er eine Gastwirtschaft in Anthering, direkt an der Dorfstraße gelegen, vor, welche er gut kennen würde und es dort, gerade an Sonntagen einen frischen und guten Leberkäse gäbe. Darauf hatte ich zwar nun wirklich keinen Appetit, jedoch treffen wollte ich mich mit ihm schon ganz gerne. Auch wenn für mich ein Treffen in einem Dorfgasthof, noch dazu gleich neben einer Kirche gelegen, am Sonntagvormittag nicht gerade das war, was ich mir vorstellte. Allerdings hatte ich ihm dann doch zugesagt.
Dort angekommen war es, wie ich es befürchtet hatte. Viele der Kirchgänger vom Sonntag vormittags trafen sich nach dem Gottesdienst hier am Stammtisch. Aber was soll’s. Ich musste mich mit „Zucki“ auch nicht so laut unterhalten, damit dies jeder der Stammtisch Brüder verstehen konnte.
„Zucki“ musste ich schon wieder nicht einmal erzählen, wie es mir derzeit in der Arbeit ergehen würde, denn er wusste längst, das mein „Gastspiel“ bei MCE in Wien schon wieder vorbei war. Jedoch meinte er, er würde es nicht verstehen, dass ich nicht gleich nach Wien gezogen wäre, hätte ich mir doch dabei viel Geld mit meiner Wohnung in Salzburg und der Fahrerei erspart. Wobei ich über diese Ansicht doch sehr verwundert war. Denn schließlich würde dies bedeuten, ich säße nun in Wien, in einer mir bisher völlig fremden Umgebung, ohne irgendeinen Anschluss und noch dazu ohne Arbeit. Dies könnte auch durchaus ins Auge gehen, was er mir allerdings nicht glauben wollte.
Allerdings erzählte er mir dann, worüber ich Neuigkeiten von ihm erfahren wollte. Denn die gesamte Region West der VA Tech, jenes Teils, in welchem ich arbeitete, wurde mit Jahresende geschlossen. Schon seit Mitte des letzten Jahres durften sie überhaupt keine Aufträge mehr annehmen. Und mit Ende Jänner dieses Jahres erhielten alle die Kündigung. Ihn eingeschlossen. Lediglich Christian H. und Herbert N. hatten sie noch nicht gekündigt. Denn diese beiden sollten die gesamte Region West nun abwickeln!
Er, Harald Z., hätte allerdings bereits wieder eine neue Arbeit. Wieder im gleichen Unternehmen mit gleicher Aufgabe, wie es sie schon hatte, bevor er Anfang 2003 zu VA Tech wechselte. Dort würde er nun wieder Lastkräne für Industriehallen vertreiben.
Nun musste ich richtig lachen, als ich dies gehört hatte und konnte meine Freude darüber nicht verbergen. Was ich auch nicht wollte. Schließlich war mein Zorn über viele der ehemaligen Kollegen, aber vor allem meiner Vorgesetzten derart groß, sodass ich ihnen dies richtig vergönnte. Wie groß hatten sie alle dahergeredet, als ich noch bei VA Tech in Salzburg gearbeitet hatte, und wie niederträchtig hatten sie mich dabei behandelt. Wie einen Sklaven, der mit seiner Unterschrift unter den Dienstvertrag auch unterschrieben hätte, dass sie mit mir tun und lassen könnten, was sie wollten. Und dabei bis tief in mein Privatleben vordringen, sich darin einmischen, Personen die Möglichkeit gaben, sich an mir auszutoben. Nun waren sie alle selbst ihre Jobs los.
Die ganze Zeit über hatte ich auch schon zu hören bekommen, mit dieser VA Tech wäre etwas geschehen. Doch ich konnte damit nie etwas anfangen, fehlten mir dazu einfach genau diese Informationen. Umso mehr hatte ich mich nun darüber gefreut, als ich sie direkt von einem ehemaligen Mitarbeiter dieses Unternehmens, der noch dazu zum erweiterten Führungskreis gehörte, zu erhalten. Daher wollte ich auch gar nicht wieder nach Hause fahren, sondern in diesem Gasthaus weiter sitzenbleiben und noch ein paar Biere mit „Zucki“ trinken. Ich hätte ohnedies mit der Lokalbahn nach Hause fahren können, und wenn mein Auto dort einen Tag lang gestanden wäre, dann wäre mir dies auch egal gewesen. So hatte ich mich darüber gefreut. – Da schien wohl richtig etwas danebengegangen zu sein. Denn damit hatten sie offensichtlich auch nicht gerechnet, dass gleich alle aus dem Unternehmen hinausgeworfen werden und die gesamte Region West geschlossen werden würde.
Als ich dann mittags wieder zu Hause war, hörte ich zudem auch noch von einem älteren Ehepaar, welches unter meinem Balkon vorbeigegangen war, einen Dialog darüber. Wobei die Frau meinte,
„das haben sie sich auch wirklich nicht gedacht, dass das so enden würde.“
Darauf der Mann,
„aber erreicht haben sie beinahe alles – bis auf den Sozialplan!“
Und genau darüber konnte ich mich stets am meisten ärgern. Denn dieses Unternehmen VA Tech, jener Bereich, in welchem ich tätig war, hatte gerade in Salzburg eine mehr als günstige Stellung in der Branche. Zudem waren auch sonst die besten Voraussetzungen gegeben, um hier auch richtig Geschäft machen zu können. Jedoch das wollten sie offensichtlich einfach nicht. Und schon mein direkter Kollege und Gegenüber am Arbeitsplatz Richard B. träumte schon seit Beginn, als ich im August 2003 dort zu arbeiten begonnen hatte, immer von einem Sozialplan, für den Fall, dass es zu umfangreicheren Kündigungen infolge schlechter Geschäftsergebnisse kommen würde. Dabei war es gerade auch er, dem sofort unzählige Ausreden einfielen, weshalb für ein mögliches Projekt schon gar kein Angebot erstellt werden sollte. Dies aber nur deshalb, weil sie eben nicht mochten. Und ich, der seine Arbeit gerne mochte, den hatte man behandelt, als wäre ich der letzte Dreck. Daher kam ich aus der Freude darüber gar nicht mehr heraus.
Noch mehr, als dieser Dialog noch weitergegangen war und der Mann weiter meinte,
„die haben denen auch gleich gesagt, wie dies übernommen wurde, dass das nicht tragbar ist, was sie mit ihm gemacht haben. Daher haben sie das gleich zugesperrt und erst gar nicht weiter um eine Sanierung gesprochen.“
Auch davon hatte ich in den letzten Tagen und Wochen immer wieder gehört, konnte mir aber auch darauf keinen Reim bilden. Denn damit hätte ich auch nie gerechnet, dass dieses Theater, welches sie um meine Person veranstaltet hatten, der ausschlaggebende Grund dafür war, weshalb nun dieses Unternehmen abgewickelt wurde.
Der Dialog ging allerdings noch weiter. Denn da meinte der Mann noch,
„Linz wollten sie ja auch zusperren. Aber da haben sie darauf bestanden, dass das wenigstens weitergeführt wird. – Dafür haben die dann darauf bestanden, dass Salzburg und Innsbruck auf jeden Fall geschlossen werden. Denn da gäbe es nichts mehr, worauf die ihr Geschäft, dass die haben wollen, hätten aufbauen können.“
Das hat es wohl richtig ausgezahlt, was sie da mit mir veranstaltet hatten. Für mich war dies die Bestätigung dafür, ich hatte es dort nur mit Verrückten zu tun!
Für mich war dies beinahe ein Festtag! – Trotz allem. Ich hätte mich kaputtlachen können.
(2021-01-11)