„Unglaublich, wie Sie das machen!“
Salzburg, Mittwoch, der 29. Jänner 2003:
Mittlerweile war ich beinahe jeden Tag in Linz bei diversen Besprechungen, obwohl ich eigentlich im Büro und mit der Überarbeitung des Leistungsverzeichnisses mehr als genug zu tun gehabt hätte.
An diesem Tag war die sogenannte Übertragungstechnik, die „ÜT“, wie sie umgangssprachlich genannt wurde, dran. Sie galt immer als einen der schwierigsten Abteilungen des Auftraggebers, mit den eigenwilligsten Vorgaben für die Art und Weise der Planung und Ausrührung von Leistungen, welche danach von dieser Abteilung im Betrieb betreut werden musste. Diesen Termin hatte ich beinahe nebenbei, anlässlich der Besprechung vom Montag zuvor vereinbart.
Also fuhr ich wieder schon am Morgen, bevor ich überhaupt in das Büro gefahren war, nach Linz, um diese Besprechung wahr zu nehmen. Aber die anstehenden Punkte, welche die „Übertragungstechnik“ im Leistungsverzeichnis überarbeitet haben wollte, waren schnell besprochen, denn dabei handelte es sich ohnedies lediglich um einen sehr kleinen Teil der Leistungen. Dabei ging es lediglich um die Anbindung der Tunnelanlage und der drei Stationen für die unterirdische Straßenbahn in die Zentrale des Auftraggebers. Und die Vorstellungen, welche die Mitarbeiter in dieser Abteilung hatten, waren durchaus sinnvoll und auch leicht verständlich. Denn sie hatten Erkundigungen eingeholt, wie dies bei anderen, vergleichbaren Projekten bereits ausgeführt wurde, passten ihre Erkenntnisse an ihre Vorstellungen an und mir ging es ebenfalls o. Auch ich hatte mich mittlerweile intensiv mit anderen vergleichbaren Projekten auseinander gesetzt, entsprechende Erkundigungen eingeholt und hatte ebenfalls meine Vorstellungen, wie dies bei diesem Projekt realisiert werden könnte. Daher nahm ich deren Vorstellungen auf, passte meine daran an und setzte diese danach in der Überarbeitung der Ausschreibung einfach um. Und diese Vorgehensweise entsprach auch dem, was sich die Mitarbeiter in dieser Abteilung des Auftraggebers vorgestellt hatten. Schlie0lich mussten ja diese danach mit dem tatsächlich realisierten für Jahre leben und dies im Betrieb betreuen, daher war es einfach nur vernünftig, deren Ansichten zu übernehmen. Außerdem war auch in dieser Abteilung niemand, mit welchem man nicht auch gut zusammenarbeiten konnte. So wie im gesamten Projekt.
Nach knapp zwei Stunden war diese Besprechung also wieder zu Ende. Und nachdem ich noch in der Linzer Innenstadt im Klosterhof noch ausgiebig Mittag gegessen hatte, fuhr ich wieder zurück nach Salzburg, um dort meine neuen Erkenntnisse in diesem Projekt in die Überarbeitung meines Leistungsverzeichnisses einfließen zu lassen.
Somit war ich also gegen zwei Uhr am Nachmittag wieder zurück in Salzburg und ging im Büro an meinen Arbeitsplatz. Kaum betrat ich das Großraumbüro der Projektleiter, in welchem ich saß, meinte mein Chef, Walter H., der an seinem Arbeitspatz, dem ersten in diesem Büro, saß, als ich an ihm vorbei ging,
„unglaublich, wie sie das machen!“
Ich nahm dies wohlwollend zur Kenntnis und dachte mir nur, so hätte es bei diesem Projekt bereits seit beinahe einem Jahr laufen können, als Hermann St., der letzte ernstzunehmende Projektleiter, dieses Büro verlassen hatte und eigentlich jedem klar war, dieses Projekt würde danach irgendwann auf meinem Tisch landen. Aber zuvor musste noch Karl H. sein Unwesen bei diesem Projekt treiben.
So setzte ich mich nun an meinen Arbeitsplatz, fuhr meinen Rechner hoch und wollte mir in der Zwischenzeit, bis mein Rechner hochgefahren war, einen Kaffe holen. Daher ging ich wieder aus dem Büro hinaus in die Teeküche, um mir dort einen zu holen. Dabei wollte ich, wie immer, wenn ich zum Kaffeholen in die Teeküche ging, auch noch eine Zigarette rauchen. Erst einmal „akklimatisieren“, so war mein Ansinnen, denn es war doch ein sehr erheblicher Unterschied zwischen dem Umgang mit den Beteiligten am Projekt, seitens des Auftraggebers und dem Umgang in unserem Büro.
Aber kaum ging ich zur Tür hinaus um in die Teeküche zu gehen, da kam auch schon Christa K. aus dem Chefbüro zu Walter H., unserem eigentlichen Chef, welcher allerdings nur den ersten Platz im Büro der Projektleiter hatte, am eigentlichen Chefsessel saß ja Rudi K., der Ehemann von Christa K. und Schwester des eigentlichen Chefs, und sie meinte zu ihm,
„es ist aber doch besser, wenn der das Projekt weiter betreut, denn es sind alle mehr als zufrieden mit ihm! Und das mit dem Karl? Ob das überhaupt noch etwas werden kann?“
Darauf meinte Walter H.,
„ja! Aber dann haben wir nichts davon.“
Und dann meinte er weiter,
„Denn so wie der das bearbeitet, ist er alleine für alles zuständig!“
Danach meinte er noch, er möchte auf jeden Fall noch mit Karl H. sprechen, denn vielleicht könnten die beiden gemeinsam das Projekt weiter führen, wie er es meinte.
Nun dachte ich mir, als ich dies beim Hinausgehen aus dem Büro in die Teeküche hörte, ich glaube es nicht. Will vielleicht der Chef tatsächlich, nach all dem was der an diesem Projekt, und eigentlich generell in diesem Büro, schon verbockt hat, den tatsächlich wieder zurück holen? Ich Traute meinen Ohren kaum! Aber es schien so. Denn, eines war mir mittlerweile schon aufgefallen, auch wenn er nun mehr als zufrieden war, wie dieses Projekt nun wieder lief, es schien ihm einfach etwas nicht zu passen!
Und dann war noch diese seltsame Aussage, wo er meinte, „da haben wir nichts davon!“
Damals wusste ich damit überhaupt nichts anzufangen und rätselte lange, was, oder wen er da mit „wir“ gemeint hatte. Heute, wo ich dies schreibe, weiß ich es!
Eines war mir allerdings auch klar, ab diesem Zeitpunkt. Ich nehme mir kein Blatt mehr vor dem Mund, darüber, was in diesem Büro Tag täglich geschieht und unter welchen Umständen ich meine Arbeit vollbringen muss. Denn mittlerweile war ich mehr aus „angefressen“ darüber, was ich in diesem Büro erlebe und mitmachen muss!
(2018-06-15)