Einfaches Beispiel für das sogenannte „Neue System“ in der Baubranche:
Im Folgenden will ich an Hand eines einfachen Beispiels zeigen, wie dieses sogenannte „Neue System“ in der Baubranche funktioniert. Dies deshalb um zu verdeutlichen, wie einfach dies anzuwenden ist, wie schwer dies aber dabei zu erkennen ist und vor allem, es kann jeder davon betroffen sein. Jeder, der in irgendeiner Weise für eine Immobilie verantwortlich ist, kann davon betroffen sein. Dabei habe ich leichten Bezug bei den Summen zum Auftrag im „Fall D.“ genommen, um darzustellen, warum ich diesen Fall und letztendlich auch dieses System, welches hier dahinter steckt, zur Anzeige gebracht habe.
Nehmen wir nun also einmal an, es soll eine Immobilie neu ausgemalt werden. Die die bestehende Farbe ist längst in die Jahre gekommen, die Farbe vergilbt, Abdrücke und Flecken verschiedenster Art an allen Flächen. Kurz gesagt, es braucht einen neuen Anstrich. Dabei ist völlig egal um welche Art von Immobilie es sich handelt. Es kann eine Wohnung sein, ein Haus, ein Büro, eine Praxis, eine Kanzlei, ein Geschäft, oder sonst irgend eine Immobilie sein.
Nun hat der Eigentümer dieser Immobilie, aus welchen Gründen auch immer, selbst keine Zeit, sich um die Durchführung dieser Arbeiten zu kümmern. Deshalb bedient er sich für diese Leistungen eines Dienstleisters, eines Architekten oder Bauingenieurs, welcher ihm die Suche nach einem geeigneten Malerbetrieb abnimmt und sich auch sonst um alle Belange, die für Durchführung dieses Auftrages notwendig sind, kümmert. Da diese Immobilie nicht das erste Mal ausgemalt wird, weiß der Eigentümer allerdings, wie viel diese Leistungen ihn ungefähr kosten werden. Er rechnet mit gut 7.000,00 Euro, weiß dies allerdings nur ungefähr, da die letzten Malerarbeiten bereits sehr viele Jahre zurück liegen, er selbst sonst kaum etwas mit derartigen Leistungen zu tun hat und die Unterlagen über die letzten gleichartigen Aufträge längst nicht mehr, oder nur schwer auffindbar sind.
Der Eigentümer tritt mit diesem Dienstleister, dem Bauingenieur, in Kontakt und lässt sich von Ihm ein Angebot für die Durchführung der gesamten Leistungen, welche für das Ausmalen der Immobilie erforderlich sind, unterbreiten. Der Bauingenieur legt sein Angebot und gibt dabei eine Kostenschätzung von ca. 10.000 Euro ab. Etwas überrascht über die Höhe der Kosten verhandelt er mit dem Bauingenieur. Dieser kann ihm allerdings die Kosten plausibel darstellen und beide werden sich handelseinig. Daraufhin wird ein Vertrag für die Durchführung dieser Leistungen zwischen dem Eigentümer und dem Bauingenieur geschlossen.
Der Bauingenieur kann nun aktiv werden, erstellt notwendige Unterlagen für die Durchführung der Malerarbeiten, welche er verschiedenen Malerbetrieben vorlegen will, damit diese ein entsprechendes Angebot für die Malerarbeiten legen können. Im Zuge der Erstellung dieser Unterlagen überarbeitet der Bauingenieur noch einmal seine Kostenschätzung und kommt zum Ergebnis, es sind ca. 950m² Wand- und Deckenflächen neu auszumalen. Eine exakte Leistungsermittlung hat er allerdings dabei nicht durchgeführt, ja nicht durchführen können, da die Immobilie noch in Benützung ist und keine aktuellen Bestandpläne vorliegen. Er ging wohl einmal mit dem Eigentümer, oder dessen Vertreter vor Ort und ließ sich das Objekt zeigen und erhielt einen Plan der Immobilie. Dabei ist mit einem Preis für diese Malerarbeiten von 9.500 Euro zu rechnen. Er legt also dem Eigentümer eine Kostenberechnung mit 9.500 Euro vor. Dieser ist darüber nicht unerfreut, kostet ihm doch nun der neue Anstich seiner Wände und Decken weniger als er bereits angenommen hatte. Diese 9.500 Euro werden dann auch als Basis für die Berechnung des Honorars für die Dienstleitungen des Bauingenieurs herangezogen.
Mit den Ausschreibungsunterlagen begibt sich nun der Bauingenieur auf die Suche nach einem geeigneten Malerbetrieb. Schließlich sollen diese Leistungen auch nach den Grundsätzen eines freien und fairen Wettbewerbes verschiedener Bieter untereinander, zu einem marktüblichen und angemessenen Preis ausgeführt werden.
Nach Auswertung der eingelangten Angebote kommt der Bauingenieur zum Schluss, der Bestbieter hat ein Angebot gelegt, welches wie folgt aussieht:
Pos. 1 920 m² Innenanstrich für Wände und Decken
mit Innendispersionsfarbe weiß
Einheitspreis: 10,00 Gesamtpreis: 9.200,00
Der Bauingenieur zeigt sich darüber auch keinesfalls unerfreut und unterbreitet dem Eigentümer einen Vergabevorschlag für diese Leistungen für den Maler zum Preis von 9.200,00 Euro. Der Eigentümer beklagt sich auch nicht über das erfreuliche Ausschreibungsergebnis und erteilt dem Malerbetrieb einen Auftrag für die Malerarbeiten in seiner Immobilie über 9.200,00 Euro. Es ist dabei egal, ob die Auftragserteilung dabei als Pauschalauftrag oder als Auftrag mit Abrechnung nach tatsächlichem Aufwand ausgestellt wird.
Nach Auftragserteilung beginnt der Maler mit seinen Arbeiten. Diese gestalten sich zwar etwas schwieriger als ursprünglich angenommen, die Ausführungszeit verlängert sich dabei etwas, der Bauingenieur hat mehr Aufwand bei der Überwachung der Leistungen des Malers, aber dies soll hier noch keine weitere Rolle spielen. Etwas verspätet beendet der Maler seine Arbeiten, aber damit hatte der Eigentümer eigentlich schon gerechnet und der Maler rechnet seine Leistungen mit einem Schlussrechnungsbetrag von 9.200,00 Euro ab. Vom Bauingenieur wird die Schlussrechnung geprüft, für in Ordnung befunden und dem Eigentümer zur Bezahlung des Rechnungsbetrages übergeben.
Man mag sich vielleicht nun die Frage stellen, was soll das Ganze. Dies ist ein üblicher und normaler Ablauf bei einem derartigen Auftrag. Der Ablauf über den gesamten Leistungszeitraum ist korrekt und jeder der Beteiligten steht gut da. – Nun, so weit so richtig. Aber eines ist in der Beschreibung über den Ablauf dabei noch nicht vorgekommen. Niemand hat sich genaue Gedanken über den exakten Leistungsumfang bei diesem Auftrag gemacht. Und genau darauf zielt dieses sogenannte „Neue System“ ab. Niemand soll sich exakte Gedanken über den tatsächlichen Leistungsumfang machen! Weder vor Beginn der Arbeiten, noch während der Arbeiten und auch nicht am Ende. Schon gar nicht nach Abrechnung der gesamten Leistungen, also nach Legung der Schlussrechnung.
Stellt man nun genaue Nachforschungen über den exakten Leistungsumfang an, so kämen erforderliche Malerarbeiten für 700m² zu Tage. Dies ist aber nur schwer durchzuführen, denn Bestandsunterlagen, Baupläne der Immobilie sind kaum noch vorhanden, auch wenn die Immobilie noch gar nicht so alt ist. Und wenn, dann sind diese meist veraltet und längst nicht mehr am aktuellen Stand. Längst sind Zwischenwände ergänzt oder entfernt worden, Wandverbauten eingerichtet worden, neue Türen in Wände durchgebrochen worden, etc. Also muss man vor Ort gehen um Raum für Raum alle Wände und Decken einzeln abmessen und diese Maße in einem Plan eintragen und die Gesamtfläche berechnen. Aber auch dies ist sehr schwierig, da die Immobilie vor Beginn und nach Fertigstellung der Leistungen voll in Benützung ist.
Und, nehmen wir einmal an, der Einheitspreis von 10,00 Euro/m² wäre auch auf Basis eines freien Wettbewerbes zustande gekommen, so würden die tatsächlichen Kosten für den Eigentümer für diese Leistungen nicht bei 9.200,00 Euro, sondern lediglich bei 7.000,00 Euro liegen. Und dies ist schlicht und einfach Betrug.
Nun stellt sich die Frage, wenn dies eigentlich Betrug ist, warum setzen sich die Beteiligten an diesem Auftrag der Gefahr aus, eventuell strafrechtlich belangt zu werden. Die Antwort darauf ist ganz einfach, denn alle Beteiligte an diesem Auftrag, mit Ausnahme des Eigentümers, uns zwar jenes Eigentümers, welcher auch die Rechnungen zu bezahlen hat, profitieren von diesem System. Dies auch noch erheblich!
Der Auftragnehmer erhält einen Auftrag für 9.200,00 Euro, kann diesen Auftrag auch für 9.200,00 Euro abrechnen, obwohl er eigentlich für diese Leistungen lediglich 7.000,00 Euro in Rechnung stellen könnte.
Der Bauingenieur erhält einen Auftrag, wofür er eine Honorarnote für Leistungen über 9.500,00 Euro legen kann und nicht lediglich über 7.000,00 Euro. Zudem muss er auch keine Bedenken haben, seine Kostenschätzung von ursprünglich 10.000,00 Euro und seine spätere Kostenberechnung über 9.500,00 Euro würde derart angezweifelt werden, sodass er mit Konsequenzen seitens des Auftraggebers rechnen müsste.
Und letztendlich auch ein Vertreter des Auftraggebers kann von diesem System profitieren, da er einen Auftrag verantworten kann, bei welchem die ursprünglich angesetzten Kosten von 9.500,00 Euro, ein Projektbeschluss wird eben meist erst nach Vorlage der Kostenberechnung des Fachingenieurs gefasst, noch einmal reduzieren konnte und es zudem auch sonst keine wesentlichen Zwischenfälle während des Projektablaufes gegeben hat, was ja gerade heutzutage nicht immer der Fall ist.
Somit stehen alle Beteiligte an diesem Auftrag nach Fertigstellung der Leistungen gut da, es darf nur nicht ans Tageslicht kommen, wie dieser erfolgreiche Auftrag zustande gekommen ist. Kurz gesagt, es darf niemand etwas sagen. Und dazu braucht es eben eine Gemeinschaft Gleichgesinnter unter den Beteiligten. Dies bedeutet aber Verbindungen von Beteiligten an diesem Auftrag, welche über eigentlich über grundsätzliche Grenzen hinweg gehen – also eine „Neue Gemeinschaft“!
Man mag vielleicht nun anmerken, dieses System wäre leicht zu durchschauen und man könne sich dagegen als Eigentümer sehr leicht zur Wehr setzen und dagegen vorgehen. Es handelt sich bei diesem Beispiel allerdings um einen Auftrag, bei dem lediglich nur eine Position, ein Einheitspreis und ein Positionspreis zu betrachten ist. Bei einem Bauauftrag mittlerer Größe können bei einem Gewerk allerdings schnell mal einige hundert Positionen in einer Leistungsbeschreibung enthalten sein. Dazu kommt noch, dass ein durchschnittliches Bauvorhaben schnell aus bis zu 50 Einzelgewerken besteht. Und in jedem dieser Gewerke, ja bei jeder einzelnen Position in einer Leistungsbeschreibung kann dieses System angewendet werden. Dazu kommt noch, Reserven in Ausschreibungen einzubauen ist und war auch immer schon üblich, auch ohne irgendwelche Hintergedanken. Dies ist zwar grundsätzlich laut VOB nicht zugelassen, aber wer dies als Architekt oder Planer nicht tut, der hat sehr schnell Probleme beim Auftreten von unerwarteten Leistungen in der Ausführung.
Was man nun mit diesem „Neuen System“ sonst noch alles erreichen kann, wie diese dafür notwendige „Neue Gemeinschaft“ zustande gekommen ist und was man mit dieser alles anstellen kann, was dies mit „D“ und mit mir zu tun hat und welche Rolle in diesem „Neuen System“ dieser sogenannte „Polizeidienst“ spielt, darüber wird es in den nächsten Kapiteln gehen.