Mondsee, Donnerstag, der 31. Mai 2001:
Nachdem sich mittlerweile dieses Theater auch in Salzburg ungehindert ausgebreitet hatte, ich kaum mehr einen Fuß vor die Tür setzen konnte, ohne nicht von irgendjemanden „angegangen“ zu werden, blieb mir eigentlich gar nichts anderes übrig, als einfach so weiter zu tun, wie bisher. Allerdings hatte ich eben nun ein Handikap, hatte ich doch im Vorjahr meinen Führerschein wegen dieses Theaters verloren, daher musste ich abends, beim Ausgehen, wenn ich noch mit dem Auto fahren musste, nun äußerst vorsichtig sein.
Aber trotzdem begab ich mich wieder an diesem Abend in meine alte Heimat. Ging dort zunächst an diese Schirmbar, welche diese Weinschenke, direkt am Hauptplatz im Sommer betreib, wie ich dies sonst auch immer wieder tat und mir schon dort immer wieder viel an Gepöbel gegen mich abholte. Allerdings schien an diesem Abend etwas anders zu sein. Ich bekam nicht die üblichen dämlichen Bemerkungen ab, sondern viel standen vor mir und blickten mich an und erstarrten dabei beinahe zu Eis. Was auch immer dies zu bedeuten hatte – ich hatte zunächst keine Ahnung.
Aber danach fuhr ich wieder den halben Weg zurück nach Mondsee, um dort in diese „Schlossbar“ zu gehen. Dort sah dies schon ganz anders aus. Denn hier liefen viele der Gäste – auch der Wirt – regelrecht triumphierend über mich vor meiner Nase herum. Daher war mir klar, nun musste etwas passiert sein! Und ich hatte auch gleich eine Ahnung, was dies sein musste.
Daher blieb ich nicht lange in diesem Lokal, sondern fuhr gleich weiter in das Lokal des „verrückten Wirtes“. Aber kaum hatte ich dieses Lokal betreten, kam er selbst mir schon mit grinsendem Gesicht entgegen, sodass man ein Butterbrot der Breite nach in seinen Mund schieben hätte können, ohne dabei die Mundwinkel zu berühren. Als hätte er mich schon erwartet – wovon ich ausging, dass er dies auch tat.
Nun ging ich also an die rechte Stirnseite der Bar, vom Gast aus gesehen, und stellte mich dort einfach hin, als wäre nichts geschehen, um zu sehen, wer es denn sei. Es dauerte auch nicht lange, da sah ich, wie diese „Silly“ im Lokal umherlief und auch arbeitete. – Also, sie war keineswegs nur an Wochenenden da, sondern dies war so geplant! Zudem dauerte es nicht lange und es war klar, wer denn der „Gewinner“ sei. Er stand mir direkt an der anderen Barseite gegenüber. Noch dazu einer, mitten aus dem „Freundeskreis“ des „verrückten Wirtes“. Es wurde regelrecht gejubelt und gefeiert an der gegenüberliegenden Barseite, denn dieser „junge Mann“ war an diesem Abend nicht allein in diesem Lokal, sondern eine ganze Traube von Personen scharte sich um ihn und ließen ihn hochleben.
Wenigstens hatte sich Gebhart T., der Cousin von Ralph T., der an diesem Abend, wie meist die Geschicke hinter der Bar lenkte, anständig benommen und hatte mich auch normal bedient, ohne dämliche Kommentare oder dergleichen. Zudem sah er mir auch noch dabei zu, wie ich all dies nun aufmerksam verfolgte, was an diesem Abend nun geschah.
Wie es eben so meine Art ist, bleibe ich manchmal einfach stehen und rühre mich nicht. So auch an diesem Abend. Ich blieb einfach stehen – nämlich an der Bar und verfolgte, was nun geschah – den Jubel und die Feierlichkeiten an der anderen Barseite. Zudem beobachtete ich allerdings auch diese „Silly“. Denn dass dies nun alles ein ausgemachtes Spiel war, darin bestand überhaupt kein Zweifel mehr. Nun blieb nur mehr die Frage, ob sie dabei bewusst und absichtlich mitgespielt hatte, oder dafür lediglich benutzt worden war. Ich konnte es beinahe nicht fassen, ließ sie sich doch tatsächlich auch noch wie eine Trophäe behandeln, wobei ich doch mittlerweile etwas nachdenklich über diese Person war. Schließlich kannte ich sie immer noch nicht wirklich. Daher war mir dies ja eigentlich egal. Wobei ich allerdings nun zur Ansicht kam, ich sei mir auch gar nicht mehr so sicher, ob ich diese Frau auch tatsächlich näher kennenlernen möchte, denn wie sie sich in dieser Situation behandeln ließ, das fand ich dann doch mehr als abstoßend.
Zudem meinte sie auch noch, sich ein kleines Pils einschenken zu müssen. Kaum das Glas halb voll nahm sie es von der Schank, prostete ihrem Sieger zu, drehte sich danach allerdings auch gleich zu mir um und meinte, auch mir zuprosten zu müssen und sich dabei über mich und meine Art, abends in solchen Lokalen ein Pils zu trinken, lustig machen zu müssen. Aber dabei kam mir sofort der Gedanke, Mädel, wenn Du so tust, dann sind wir ohnedies gleich zwei!
Gerade sich lustig darüber zu machen, dass ich meist lediglich ein kleines Bier trinke, dass hätte sie niemals tun dürfen, denn hatte sie doch letztes Jahr mitbekommen, als ich, wegen dieses Theaters, wenn sie dies vielleicht auch nicht zuordnen konnte, meinen Führerschein verloren hatte! Aber dies war mir dann doch viel zu viel!
Aber ich ging immer noch nicht nach Hause, sondern blieb einfach an der Bar stehen. Nun allerdings mit dem Wissen, hier ohnedies nichts versäumt zu haben und auch keinesfalls „gehörnt“ geworden zu sein. Denn wegen einer Frau, die meint, mich so behandeln zu können, hätte ich noch niemals auch nur einen kleinen Finger gerührt. Die hätte sein können wer sie will, aussehen können, wie auch immer, viel mehr als Desinteresse hätte sie von mir niemals bekommen. Diese „Silly“ war nun allerdings so weit, dass sie von mir am liebsten einen Tritt in den Allerwertesten bekommen hätte, mit welchem sie dorthin zurückfliegt, woher sie gekommen war. Aber ich kann und konnte mich ja beherrschen.
Mit der Zeit nahmen die Feierlichkeiten an der gegenüberliegenden Barseite auch immer mehr ab, denn meinerseits erweckten sie keinerlei Interesse mehr. Daher wurden die Gesichter dort immer länger und länger und nach und nach verließen immer mehr der Jubelnden das Lokal. Selbst der Jubilar verließ dann das Lokal, denn er musste sich ja noch auf seinen bevorstehenden Pfingstausflug in Jesolo vorbereiten, dieses sinnlose Besäufnis von niemals erwachsen werden wollenden Leuten, welche so viel Alkohol in sich hineinkippen, bis der Notarzt kommen muss. Dies gab es schon damals, dieses „Spring Break“ in Jesolo, wie dies nun heißt. Dies gab es auch schon, als ich noch in die Schule ging. Aber diese Leute, welche an diesem Massengelage Teil nahmen, waren noch nie meine Klientel. Daher hatte sie sich auch dabei genau de richtigen ausgesucht.
Ich ging allerdings immer noch nicht nach Hause. Sondern bestellte mir, zu meiner „Schande“ auch noch ein Mineralwasser, war ich doch mit meinem Konsum an kleinen Bieren mittlerweile an der Grenze angelangt und wollte deshalb kein Risiko eingehen. Also stand ich weiter an der Bar und beobachtete, was sich an diesem Abend alles zuträgt. Unterhalten hätte sich ohnedies niemand mit mir, daher hatte ich auch schön alles mitbekommen.
So sah ich auch, wie das Gesicht dieser „Silly“ immer länger und länger wurde. Irgendetwas schien nun nicht den gewünschten Erfolg gehabt zu haben. Ich hatte auch überhaupt nicht mehr auf sie reagiert, denn nun war dies für mich erledigt. – Wenn auch vielleicht nicht so, wie ich dies gehofft hatte.
Nach und nach verließen nun die Gäste das Lokal und ich stand immer noch an der Bar. Selbst „Silly“ beendete dann ihre Arbeit und ich stand immer noch an der Bar. Ich glaube, ich war der letzte Gast, als ich, gegen drei Uhr morgens, das Lokal verließ. Daher fuhr ich auch nicht mehr nach Salzburg zurück, sondern in mein Elternhaus, um dort die Nacht zu verbringen und von dort aus an nächsten Tag in die Arbeit zu fahren. Es ging bereits die Sonne auf, als ich am Heimweg war. Und irgendwie war ich froh, dies nun hautnah miterlebt zu haben, denn hatte ich doch nun die Hoffnung, selbst auch wieder „leben“ zu können.
Eigentlich sollte man meinen, nach solch einem Abend wäre so eine Geschichte für immer erledigt. Aber dem war nicht so!
(2009-07-17)