Frankfurt, Mittwoch, der 15. August 2018:
Nebenbei musste ich natürlich auch noch arbeiten. Und so fuhr ich, wie jeden Tag, um acht Uhr morgens mit der U-Bahn in die Arbeit, war dabei allerdings gespannt, wie unser neuer Kollege, wegen des Termins am Vortag in Niedersachsen reagieren würde, wobei, vielmehr über die Rückfahrt mit ihm in seinem neuen Firmenwagen, diesem BMW Sportwagen. Denn, ich bin bei Gott kein ängstlicher Beifahrer, aber so viel Furcht hatte ich bei einer Autofahrt noch nie, wie tags zuvor am Rückweg mit ihm – es hatte den Anschein, als würde er jede Sekunde einschlafen. Daher war ich die ganze Fahrt über mit Adrenalin vollgepumpt, jederzeit, falls es den Anschein hätte, er würde tatsächlich einschlafen, einzugreifen – das Lenkrad festzuhalten, keine ruckartigen Bewegungen damit zuzulassen, seinen Fuß vom Gaspedal zu ziehen, die Warnblickanlage einzuschalten, ihn versuchen zu wecken, ohne dass er mir dabei auch noch eine unkontrollierte Bewegung mit dem Lenkrad verursacht, und zu hoffen, dass der Wagen langsam zum Ausrollen kommt und wir hoffentlich unfallfrei am Pannenstreifen zum Stehen kommen. Der Mann war für mich der absolute Irrsinn ab diesem Tag. Wer weiß, welchen Lebenswandel, der führt!
Am liebsten wäre ich in die Arbeit gegangen. Hätte ihn darauf angesprochen und ihm klipp und klar gesagt, ich fahre nie mehr mit ihm in einem Fahrzeug mit! Wäre der Chef nicht im Urlaub gewesen, wäre wahrscheinlich mein erster Weg zu ihm gewesen, um ihm zu sagen, mit diesem neuen Kollegen fahre ich keinen Meter weit mehr mit dem Auto mit, denn ich bin nicht lebensmüde.
Aber ich war noch nicht lange im Büro, da schlich er schon um mich herum und meinte dann,
„haben sie das nicht mitbekommen, dass ich bei der Rückfahrt gestern völlig müde geworden bin?“
Daraufhin habe ich ihm klar gemacht, dass dies einfach nicht zu übersehen war und ich auch ständig bereit gewesen wäre, einzugreifen. Dies allerdings mit einem Ton, sodass er dies auf jeden Fall auch so mitbekommen haben musste, wie ich dies meinte! Dabei ließ ich es vorerst.
Irgendwie schien es mittlerweile so gut wie jedem klar geworden zu sein, was ich nun vorhabe und woran ich in den Nächten zuvor gearbeitet habe. Es war einfach nicht mehr zu überhören. Zu allem Überfluss meinte auch noch unser türkischer Wunderwuzzi, welcher sich ja schon angeschickt hatte, von mir alle Projekte zu übernehmen, denn schließlich würden „sie“ mich ja ohnedies nicht brauchen, am Nachmittag, kurz nach der Mittagspause, in der er immer irgendwohin verschwand, meist mit dem Mobiltelefon im Anschlag, schon wenn er das Büro verlässt, und wieder, wenn er ins Büro zurückkommt,
„jetzt lassen wir sie anrennen mit ihm!“
Wobei och es immer äußerst bedenklich finde, wenn gerade jemand, wie er, solche Äußerungen von sich gibt – und dies keinesfalls nur deshalb, da er beinahe dreißig Jahre mittlerweile in Deutschland lebt, hier geboren ist, allerdings immer noch türkischer Staatsbürger ist – und es auch gar nicht vorhat, dies jemals zu ändern.
Nach einem sonst gewöhnlichen Arbeitstag, verließ ich um 17:00 Uhr wieder die Arbeit, fuhr zurück in meine „Zelle“, steckte meine Anzeige in das bereits mit dem Empfänger vorgeschriebene Kuvert, nahm meine Einkaufstüre, als wollte ich einfach nur einkaufen gehen, und ging aber zuvor noch zum Postshop, um dort meine Anzeige an die Bundesanwaltschaft eingeschrieben aufzugeben, als ob ich einen gewöhnlichen Brief eingeschrieben aufgeben möchte.
Kaum hatte ich dies erledigt, dabei die Dame im Postshop genau beobachtet, wie sie denn darauf reagieren würde, aber diese ließ sich nichts anmerken – als ob sie schon gewusst hatte, was kommt – verließ ich den Postshop wieder, um Discounter einkaufen zu gehen. Aber gerade als ich den Postshop verließ, standen dort am Geländer zur Rolltreppe, mit welcher man in das Untergeschoß zur Tiefgarage fahren kann, zwei Männer, einer davon mit einem kleinen Hund, und, es war nicht zu übersehen, beobachteten mich genauestens. Dabei meinte einer, als ich an ihnen vorbei in Richtung Discounter gehen wollte,
„jetzt kommt es darauf an, was die dazu sagen!“
Darauf meinte der zweite Mann,
„die reagiert echt gut. Die lässt sich überhaupt nichts anmerken.“
Worauf ich mir dachte, nun scheint es wohl wirklich darauf anzukommen, wie beim Empfänger meiner Anzeige darauf reagiert wird!
Eigentlich war ich nun mit mir selbst zufrieden – trotz alledem – denn, was um alles in der Welt, sollte ich sonst tun!
Zur Entspannung setzte ich mich am Abend wieder in den Garten des Chinesen am Riedbergplatz. Und da geschah dann allerdings schon etwas, selbst für mich, sonderbares. Ich hatte in meinem Twitter Account „Der Legitimist“ einen kurzen Tweet abgesetzt, der da einfach lautete, die dritte Anzeige wäre draußen. Aber kaum war der Tweet abgesetzt, da meinte eine Männerstimme, vor irgendwo im Hinterhalt des Gastgartens,
Zur Entspannung setzte ich mich am Abend wieder in den Garten des Chinesen am Riedbergplatz. Anfangs war ich regelrecht zuversichtlich, denn es war nun richtig ruhig geworden. Aber dann, im Garten des Lokals schräg gegenüber, ein Mann aus einer an einem Tisch,
„und wir sind jetzt die einzigen, die Kontakt zu dem Polizeidienst haben! – Und der soll jetzt etwas dagegen tun?“
Und lacht dazu!
Wenig später kommt eine der Kellnerinnen dazu und meint darauf,
„der hat alles angezeigt! Da werdet ihr euch jetzt auch anschauen.“
Dann wurde es wieder ruhig!
Aber dann geschah allerdings schon etwas, selbst für mich, sonderbares. Ich hatte in meinem Twitter Account, „Der Legitimist“, vielleicht aus Übermut, weil es an diesem Abend so ruhig geworden war, einen kurzen Tweet abgesetzt, der da einfach lautete, die dritte Anzeige wäre nun draußen. Kaum war der Tweet abgesetzt, da meinte eine Männerstimme, vor irgendwo im Hinterhalt des Gastgartens,
„jetzt zerstört er sich selbst wieder alles!“
Und dann, als ich am nächsten Morgen meinen Twitter Account ansah, bemerkte ich, ich hatte binnen weniger Stunden über fünfzig Follower verloren. Gut, besonders viele hatte ich nie. Es waren zuvor gerade mal meist um die 520. Wobei mir die Anzahl gar nie so besonders wichtig war, viel mehr welche Follower ich hatte. Aber binnen weniger Stunden, nur wegen dieses Tweets, gleich 50 Follower zu verlieren, wobei niemand auch nur darauf in irgendeiner Weise interagiert hatte, das fand ich dann doch mehr als seltsam. Aber überraschen darf einem eigentlich nichts mehr!
(2019-06-25)