„Hoffentlich macht er nicht zu viel!“
Stuttgart, Dienstag, der 15. Jänner 2013:
Meine erste Baubesprechung an der ich als Vertreter der Stadt Stuttgart teil nehmen sollte.
Also begaben sich mein Kollege, welcher bisher dieses Projekt betreute, und ich gemeinsam, kurz nach Mittag, auf den Weg nach Bad Cannstatt, um dort an einer Realschule an dieser Baubesprechung Teil zu nehmen. Die Besprechung sollte um 14:00 Uhr beginnen. Wir waren allerdings bereits etwas früher dort, daher mussten wir noch auf die anderen Besprechungsteilnehmer warten. Nach und nach trudelten nun diese Teilnehmer ein. Unser Kollege von der Bauabteilung, welcher dieses Projekt leitete. Der Planer für die Elektrotechnik und auch zwei Vertreter des Architekturunternehmens, welches übrigens nur unweit meines Wohnortes in der Umgebung von Stuttgart seinen Sitz hat.
Bei diesem Projekt ging es um eine sogenannte energetische Sanierung im Rahmen der „priorisierten Maßnahmen“, der sogenannten „Pris-Maßnahmen“ im Zuge des Konjunkturpakets 2, welches von der deutschen Bundesregierung nach der Finanzkrise 2008 zu Beginn des Jahres 2009 erlassen wurde. Dies bedeutete für dieses Projekt nichts anderes, als dass ein neuer Vollwärmeschutz an der Fassade angebracht wurde und die Fenster in diesem Gebäudeteil, an welchem dieser Vollwärmeschutz angebracht wurde, erneuert wurden. Da nun aber dieser neue Vollwärmeschutz und, vor allem, die neuen Fenster bedeuteten, das Gebäude ist nun dicht, also es dringt keine Außenluft mehr durch die Fenster nach innen, ergibt sich daraus die Notwendigkeit des verstärkten Lüftens der Klassenzimmer, da sonst die Konzentration von Kohlendioxid in der Atemluft steigt. Dieses verstärkte Lüften könnte einerseits mit oftmaligerem Öffnen der Fenster erzielt werden, welches allerdings gerade in der kalten Jahreszeit entgegen des eigentlichen Ziels der energetischen Sanierung des Gebäudes sprechen würde, erreicht werden, oder auch durch die Installation einer zusätzlichen Lüftungsanlage erreicht werden. Und dies war auch der Grund, warum wir von der Haustechnik bei solchen Maßnahmen hinzugezogen wurden, denn es wurden bei solchen Maßnahmen auch beinahe immer zugleich auch zusätzliche Lüftungsanlagen installiert. Mein Chef, unser Gruppenleiter, hatte dazu die Ansicht, ein vermehrtes Lüften wäre den Schulkindern nicht zumutbar, daher müssen bei solchen Maßnahmen auch zwangsweise Lüftungsanlagen eingebaut werden.
Da nun diese Lüftungsanlagen meist als dezentrale Anlagen für jedes Klassenzimmer installiert wurden, bedeutete dies auch eine Änderung in den Klassenzimmern, wodurch auch meist die Beleuchtung betroffen war. Mit Strom müssen solche Anlagen ohnedies versorgt werden, daher waren auch wir von der Elektrotechnik in diese Projekte involviert. Und so auch bei diesem Projekt.
Um 14:00 Uhr begann dann also diese Projektbesprechung im Konferenzzimmer dieser Schule. Dabei war auch die damalige Schulleiterin anwesend. Mittlerweile müsste sie längst in Pension sein, denn schon damals meinte sie immer wieder, sie würde als Schulleiterin ein Schuljahr ohne solche Maßnahmen nicht mehr erleben. Gut, das heißt jetzt nicht sehr viel, aber sie sprach tatsächlich immer wieder davon, bald in den Ruhestand zu gehen. Sie war eigentlich keine unsympathische Person und schien auch eine kompetente Schulleiterin zu sein. Jedenfalls war sie keine der politisch sehr weit links stehenden Schulleiterinnen, welchen ich noch begegnen werden würde. Ganz im Gegenteil. – Kurz gesagt, ich hätte sie als die politisch der CDU angehörende typische Schulleiterin angesehen. Und ich denke, damit liege ich überhaupt nicht falsch. Politik spielt leider in diesen Bereichen eine sehr wesentliche Rolle.
Es schien, als wäre es die erste Besprechung für diesen Bauteil gewesen, denn viel mehr, als um die Vorstellung der nun anstehenden Arbeiten ging es bei dieser Besprechung nicht. Allerdings kannten sich bereits alle der Beteiligten, denn im Jahr zuvor war offensichtlich schon einmal die gleiche Maßnahme an einem anderen Gebäudeteil ausgeführt worden. Daher, der Einzige, der an diesem Tag wirklich vorgestellt worden ist, war ich. Alle anderen kannten sich bereits und zudem, offensichtlich wurden bei den letzten Besprechungen der Maßnahme im Jahr zuvor schon sehr viele Einzelheiten des nunmehrigen Projektes besprochen. Daher war die Besprechung auch verhältnismäßig sehr schnell wieder um kurz vor 16:00 Uhr beendet. Außerdem hatte die Schulleiterin noch einen Folgetermin, welche sie unbedingt wahrnehmen musste.
Aber dann kam es zur Verabschiedung nach der Besprechung und dabei merkte ich, wie der Vertreter des Architekturbüros zur Schulleiterin hingeht um ihr etwas außerhalb der Besprechung mitzuteilen. Nun verfolgte ich die ganze Besprechung schon sehr gespannt, daher fiel mir dies sofort auf und ich achtete darauf, was der Vertreter des Architekturbüros der Schulleiterin mitteilen möchte. Daher begab ich mich auch in Richtung der Schulleiterin, denn schließlich wollte ich mich auch noch persönlich von ihr verabschieden und dabei genau verfolgen, was den der Architekt noch wollte. Da meinte der Vertreter des Architekturbüros zur Schulleiterin,
„das ist der jetzt, der hier etwas machen soll mit denen!“
Und deutete dabei auf mich.
So etwas Ähnliches hatte ich schon vermutet, denn schon kurz vor Beginn der Besprechung ging es immer wieder in den kleinen Unterhaltungen der Teilnehmer darum, nun sei der da, welcher etwas mit denen tun soll. Nur hatte ich dazu nichts Konkretes vernehmen können, denn dies waren meist nur ganz kleine Aussagen der anderen Teilnehmer dazu, während wir auf die Besprechung warteten, oder uns in Richtung des Konferenzzimmers begaben.
Daraufhin antwortete ihm die Schulleiterin, beinahe erleichtert und erfreut,
„ja! Das merkt man auch gleich! – Hoffentlich tut der aber nicht zu viel, denn sonst können wir auch nichts mehr machen!“
Sie lächelte dazu und als ich gleich darauf zu ihr kam, um mich zu verabschieden und ihr dazu die Hand gab, lächelte sie einfach weiter. Es schien, als wäre sie von mir beinahe angetan. War ich allerdings anfangs gar nicht einmal so verärgert darüber, da man hier offensichtlich schon wieder etwas von mir wollte, ohne mit mir darüber zu sprechen, denn schließlich hatte ich ja selbst vor, etwas zu unternehmen – es blieb mir auch schon gar nichts anderes mehr übrig – war ich nach dem Satz, „hoffentlich macht er nicht zu viel, denn sonst können wir auch nichts mehr machen“, eigentlich richtig sauer und fühlte mich dabei unwohl. Denn ich dachte mir, dies ist wieder typisch, mit den „Einen“ sollte ich etwas unternehmen, aber die „Anderen“ sollte ich nur ja in Ruhe lassen. Oder anders ausgedrückt, gegen die politisch links motiviert agierenden sollte ich vorgehen, aber nur ja nicht gegen die politisch eher rechts stehenden. Also, alles was politisch der CDU zuzurechnen ist, sollte ich unberührt lassen. Aber was, um alles in der Welt, gehen mich politische Verhältnisse in Stuttgart, in Baden-Württemberg an? Mag sein, dass andere, politisch eher links orientierte darüber ganz anders denken, ich will mich jedenfalls in die politischen Verhältnisse in einem fremden Land, in einer fremden Stadt nicht einmischen. Schon gar nicht dann, wenn ich in dieser Stadt, so wie es für mich schon seit beinahe Anfang an, als ich 2010 ankam, gar nicht bleiben will. Zudem vertrete ich eben die Ansicht, um in einem Land an Wahlen teilnehmen zu können, benötigt man dafür die Staatsbürgerschaft dieses Landes, in dem man wählen will. Und für die Erlangung der Staatsbürgerschaft des Landes, in welches man zugezogen ist, muss man eben dort auch mindestens 20 Jahre ununterbrochen auch leben. Dies sind eben meine politischen Ansichten! Daher, in politische Verhältnisse will und wollte ich mich in Deutschland niemals einmischen. Schon seit März 2010, als ich erkannt hatte, wohin ich bei Firma D. gelangt war und in welche Gesellschaft ich dabei geraten war, hätte ich alles dafür gegeben, wieder nach Österreich zurückkehren zu können, ohne dafür alles aufgeben zu müssen!
Dann kommt eines noch dazu: Politik ist bei all diesem Unsinn, diesem Unding der „Organisierten“ lediglich vorgeschoben.
Mein Kollege und ich verließen dann gemeinsam die Besprechung zu Fuß Richtung Bahnhof in Bad Cannstatt. Dabei war ich gespannt, was nun mein Kollege vor haben wird, welche Richtung er einschlagen wird. Will er vielleicht zurück ins Amt fahren, oder doch gleich nach Hause. Schließlich benützten wir die gleiche S-Bahn Linie am Weg von und zur Arbeit. Aber dann ging er doch auf das Gleis, in der unsere S-Bahn Richtung nach Hause abfuhr. Er hatte auch recht, denn nach 16:00 Uhr zahlt es sich auch wirklich nicht mehr aus, ins Amt zurückzufahren.