„Wenn es einmal funktioniert, dann funktioniert es immer!“
Wien, Donnerstag, der 5. Jänner 2012:
Schön langsam neigte sich mein Urlaub über die Weihnachtsfeiertage, welchen ich wie alle meine Urlaube zu Hause verbrachte, etwas anderes blieb mir auch gar nicht übrig, wieder zu Ende.
Gelegentlich ging ich, wenn ich abends in der Innenstadt in Wien unterwegs war, im Anschluss noch in diese Kruger Bar in der Krugergasse. So auch an diesem Tag. Dies ist eigentlich eine wunderschöne Bar im Stil der der 1920er Jahre eingerichtet, aber, naja, das Personal, das ließ doch meist schwer zu wünschen übrig. Diese Bar gehörte damals einer jungen Frau aus der Gegend um den Chiemsee in Bayern, welche in ihrem eigentlichen Beruf eine, ich glaube, Werbeagentur leitet und diese Bar nur nebenbei führt. Selbst hatte ich diese Frau nur sehr selten gesehen. Hin und wieder war sie wohl auch in dieser Bar anwesend, doch selbst arbeiten hatte ich sie bisher noch nie gesehen. Dafür hatte sie einen Barchef, einen Tunesier. Er hatte mir zwar mehrmals seinen Namen genannt, doch dieser war für mich wahrscheinlich zu kompliziert, sodass er mir immer wieder entfallen war, daher habe ich ihn einfach den „Mohr von Wien“ getauft. Das passte auch ganz gut zu ihm, auch optisch, ohne mir dabei auch nur im Geringsten rassistische Ansichten nachsagen lassen zu müssen, denn mit ihm konnte ich mich wenigstens hin und wieder unterhalten und dann wurde es meist sogar auch etwas lustig, wenn auch sehr subtil. Meist war ohnedies nicht sehr viel los in dieser Bar, daher ging ich eben, wenn ich in der Innenstadt war, auch gerne noch in diese Bar, denn dort konnte ich wenigstens mit ihm etwas scherzen.
Doch an diesem Donnerstag war sehr viel los. Gut, es war der Tag vor dem Feiertag, aber trotzdem habe ich nicht mit einem vollen Lokal gerechnet, als ich, kurz vor Mitternacht, zur Tür hinein ging. Daher stand ich nicht, wie sonst, an der großen Bar im Inneren des Lokals, sondern an der kleinen Bar, gleich beim Eingang. Kaum hatte ich mein Getränk von der Bedienung serviert bekommen, drängten sich vier jüngere Männer neben mich an die Bar. Anfangs war ich der Meinung, sie würden mich nun beeindrucken wollen, mir zeigen, wie unvorstellbar gut sie den seien. Mir zeigen wollen, wie routiniert sie sind, sich in solch einer Umgebung zu bewegen, aber dann stellte sich heraus, sie wollten mir, da sie auch Teil dieser ominösen „Organisierten“ sind, Angst einjagen. Sie begannen über meine Arbeit bei Firma D. zu sprechen – dabei viel auch immer wieder der Name von D. – und meinten dabei, meine Tätigkeit in diesem Unternehmen wäre ohnedies nicht mehr von langer Dauer, wenn ich nun nicht bald tue, was sie von mir wollten. Dabei viel auch immer wieder der Name des „Nachfolgers“ von D., Markus R. Dieser würde mich nun sowieso rausschmeißen, wenn mein Projekt abgeschlossen ist und ich nicht, weil er mich nicht mehr brauchen würde. Die einzige Chance, welche ich bei Firma D. noch hätte, wäre, wenn ich für dieses Unternehmen nun nach Wien gehen würde um ihnen dort etwas aufzubauen, damit deren Arbeit hier funktioniert, wie sie meinten. Anfangs war ich darüber völlig überrascht, denn davon hatte ich bisher überhaupt nichts mitbekommen. Mir war zwar klar, dass meine Tage bei Firma D. gezählt sind, sobald ich für dieses Projekt die Schlussrechnung gelegt habe, aber dass ich für Firma D. auch noch woanders hingehen sollte, das hatte ich bisher noch nicht vernommen. Aber Anfang Jänner, als ich wieder bei D. in Stuttgart war, kam tatsächlich Markus R. mit einem Vorschlag zu mir, ich sollte doch für Firma D. nach Wien gehen um dort etwas aufzubauen, denn dort hätte D. nun ein kleines Unternehmen, ein Software Unternehmen, gekauft und hier wollte er auch eine Projektmannschaft aufbauen. Er erwartete sich dadurch Vorteile bei der Vergabe im Bereich des U-Bahnbaus in Wien. Sogar einen Teil der Prämie, dieser Beschleunigungsvergütung für die vorzeitige Verkehrsfreigabe, welche D. mit mir an die Projektbeteiligten aufteilen wollte, wollte er mir dafür nun doch geben, wenn ich für D. nach Wien gehen würde. Aber dies wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, daher stand ich etwas verwundert neben diesen vier jüngeren Männern und meinte, diese würden lediglich Geschichten erzählen um sich wichtig zu machen. Zudem viel mir ihr Dialekt aus Oberosterreich auf, daher kam ich zur Ansicht, sie hätten vielleicht einmal irgendwo etwas mitbekommen, den Rest würden sie sich zusammenreimen.
Dann aber begannen sie auch noch über meine Angelegenheit bezüglich der Umwidmung meines kleinen Grundstücks in meiner ursprünglichen Heimatgemeinde, welches ich von meiner Familie geerbt hatte, zu sprechen. Und auch hier hatten sie sehr großes Detailwissen darüber. Und dann meinte einer von ihnen,
„wir müssen da jetzt einfach radikaler werden! Wenn es einmal funktioniert, dann funktioniert es immer!
Und dann fügte er noch hinzu,
„entweder er macht jetzt, was wir wollen von ihm, oder er muss einfach alles hergeben!“
Nun wusste ich zwar schon sehr lange, diese Bar ist eine Hochburg dieser „Organisierten“, aber dass nun auch schon so junge, ich möchte fast sagen, Buben, keiner von ihnen war kaum älter als zwanzig Jahre, derart aggressiv mir gegenüber auftreten, das war mir bisher nicht unter gekommen! Zudem hatte ich keinen von ihnen jemals zuvor bewusst in meiner Umgebung wahr genommen.