Das Vorstellungsgespräch bei Firma R.
Wien, Freitag, der 2. Februar 2018:
Es dauerte nur wenige Tage bis ich eine Rückmeldung von diesem Personalmanagementunternehmen erhielt. Schon am Freitag, dem 26. Jänner bekam ich eine E-Mail von Frau W., der Assistentin von Herrn K. in der sie mir mitteilte, ihr Kunde würde mich gerne zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Dies sollte bereits am 2. Februar um 10:00 Uhr stattfinden. Nun musste ich mir schon wieder eine Ausrede einfallen lassen, warum ich schon wieder einen Tag Urlaub benötige und fuhr am Donnerstag Abend nach Wien. Ich hatte bei meinen Gesprächen mit diesem Personalmanagementunternehmen noch angemerkt, ich wäre sehr froh, wenn ein eventueller Gesprächstermin nicht gleich am Morgen um 8:00 Uhr stattfinden würde, denn vor Mitternacht würde ich am Vorabend nicht zu Hause ankommen und niemand hätte etwas davon, wenn ich bei solch einem Gespräch noch etwas verschlafen dreisehen würde. Daher passte mir dieser Termin eigentlich sehr gut.
Aber, seltsamer Weise wollte mich Frau W. noch am Montag, den 29. Jänner äußerst dringend erreichen und übersendete mir daher auch noch gleich eine E-Mail, da sie mich nicht sofort am Telefon erreichen konnte, da dieser Termin von 10:00 Uhr auf 10:30 Uhr verschoben werden müsste. Nun war ich doch etwas überrascht, denn ich würde ohnedies lediglich für diesen Termin schon einen Tag früher nach Wien zurückfahren, daher könnte mir dies doch eigentlich egal sein, wenn dieser Termin am gleichen Tag um eine halbe Stunde verschoben würde – und dies ist in diesem Personalmanagementunternehmen doch auch bekannt, ging es doch beinahe ausschließlich darum, dass ich wochentags in Frankfurt arbeite und daher liebend gerne wieder nach Wien zurückkehren möchte. Aber gut, was soll’s. Ich bestätigte die Terminverschiebung und fuhr eben an diesem Tag eine halbe Stunde später zu diesem Bewerbungsgespräch.
Nun kam ich gegen 10:30 Uhr bei diesem Unternehmen am südlichen Rand in Wien im 23. Bezirk an. Die Gegend gefiel mir überhaupt nicht, denn dies ist ein reines Gewerbegebiet, weit ab vom Zentrum, beinahe schon an der Stadtgrenze. Ich kannte diese Gegend zwar schon, hatte ich doch bereits im Jahr 2005 dort gearbeitet, zudem wohnte ich damals zwei Jahre lang in Oberlaa, unweit dieses Gewerbegebietes. Aber es ist für mich trotzdem eine beinahe unwirkliche Gegend, den es besteht kaum Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel, zudem sehen beinahe alle dieser Betriebe dort gleich aus, zwischen drin befinden sich doch hin und wieder einzelne Wohnhäuser, aber es gibt keinen Supermarkt in der Gegend und auch keine Gastronomie. Also, Mittagspausen würden wohl doch sehr triest ausfallen. Parkplätze würden allerdings wohl genügend in der Gegend sein – dabei fiel mir auf, sehr viele Firmenwägen standen um dieses Unternehmen. Gut, es ist Freitag, aber dies ist meist kein gutes Zeichen.
Ich klingelte also an der Eingangstür und die Sekretärin führte mich in den Besprechungsraum, wo schon Herr K. auf mich wartete. Sie versorgte mich noch mit Kaffee und Herr K. meinte, ich sollte mir einen für mich passenden Platz an diesem großen Besprechungstisch aussuchen, denn schlie0lich würde heute ich im Mittelpunkt stehen. Also setzte ich mich, wie ich dies immer bei solchen Anlässen tue, an jenen Platz am Besprechungstisch, wovon ich alles am besten überblicken kann. Nachdem ich mit Herrn K. ein wenig geplaudert hatte, kam auch schon der Firmeneigentümer mit einem seiner Gruppenleiter in den Besprechungsraum und wir begrüßten uns. Nun bemängelte er allerdings die Sitzordnung, wenn man dies so nennen kann, und meinte, ich sollte an der Stirnseite des Besprechungstisches Platz nehmen. Offensichtlich wollte er mir nicht direkt gegenüber sitzen, was für mich schon einmal kein gutes Zeichen war. Denn gerade bei Vorstellungsgesprächen bin ich immer sehr froh, wenn mir mein potentieller neuer Chef direkt gegenüber sitzt, denn nach all dem was ich in den letzten Jahren erlebt hatte, weiß ich worauf ich achten muss um zu wissen, wie ich ihn einschätzen muss. Nun saß ich also zwischen dem Firmeneigentümer links von mir und dem Gruppenleiter rechts von mir, Herr K. saß links neben dem Firmeneigentümer. Dies gefiel mir gar nicht, denn so konnte ich lediglich die Reaktionen von Herrn K. war nehmen, sonst lediglich vom Chef, oder vom Gruppenleiter, je nachdem, wohin ich mich bei meinen Ausführungen wandte.
Nach der allgemeinen Vorstellung der gesamten Runde, bat mich Herr R., der Eigentümer des Unternehmens, welcher dieses Unternehmen, wie er selbst betonte, nun in vierter Generation führen würde, über meinen bisherigen beruflichen Werdegang zu berichten. Nun ist dieser seit dem Jahre 1990 doch bereits etwas lang und umfangreich, daher fragte ich nach, ob er denn nicht irgendwelche Schwerpunkte berichtet haben möchte, aber er meinte, ich sollte ab meinem Schulabschluss alles ausführlich berichten. Daher begann ich mit meiner Schulausbildung, meinen ersten Berufsjahren in diesem großen Industrieunternehmen ABB, in deren kleiner Außenstelle in Salzburg ich einst meine berufliche Laufbahn begann, von all den meist wirklich tollen Projekten, welche ich seit Beginn an betreute. Aber, ich war noch nicht einmal bei der Jahrtausendwende angekommen, da unterbrach mich Herr R. und meinte,
„… bei all dem wo Sie bisher gearbeitet haben und bei den Projekten, welche sie bearbeitet haben, das sind sie bei einem Unternehmen wie ELIN, oder BEA Elektrics und wie sie alle heißen, besser aufgehoben, wenn Sie eine neue Stelle suchen. Die arbeiten in der Industrie, aber wir sind lediglich ein Gewerbebetrieb mit 90 Mitarbeitern, unsere Projekte haben, wenn es große Projekte sind, eine Auftragssumme von 100.000 bis 200.000 Euro, meist sind es aber viel kleinere Projekte …“
Nun sah ich mir Herrn K. an, wie er darauf reagiert, denn für mich war ab diesem Zeitpunkt diese Bewerbung erledigt. Eigentlich hätte ich erwartet, die Kinnlade von Herrn K. würde auf dem Besprechungstisch aufschlagen, aber dem war gar nicht so.
Mir war klar, dies würde ohnedies nichts werden, aber ich wollte das Gespräch doch noch weiter führen, daher meinte ich, all meine Ausführungen würden nur die Highlights wiederspiegeln, natürlich hätte ich auch viel kleinere Projekte bisher auch betreut, diese hätten auch den Hauptbestandteil meiner bisherigen Tätigkeit gebildet und daher würde ich auch gerne in einem Unternehmen arbeiten, bei welchem dies die hauptsächliche Tätigkeit darstellt. Eines war mir allerdings ab diesem Zeitpunkt klar. Die gesamte Bewerbung ist lediglich eine Inszenierung!
Nun ging das Bewerbungsgespräch doch noch weiter und auch Herr K. ergriff das Wort und erklärte, warum er mich für diese Stelle vorgeschlagen hatte und dies aus seiner Sicht einer passenden Stelle für mich entsprechen würde. Gut eine Stunde sprachen wir dann noch weiter. Selbst den Gruppenleiter wollte Herr R. noch ins Spiel bringen, welcher für die fachtechnischen Belange der Position zuständig wäre. Aber er meinte nur, bei dem, was er bisher gehört hätte, würden sich seine Fragen erübrigen. Nicht etwa, da er mich nicht als fachlich qualifiziert angesehen hätte, nein, ganz im Gegenteil, er meinte, ohne entsprechendes Wissen hätte ich auch niemals meine bisherige Arbeit ausführen können.
Dann kam auch noch, wie zu erwarten, die Sprache auf meine bisherigen oftmaligen Wechsel der Arbeitgeber. Und ich erklärte diese genau so, wie ich es eine Woche zuvor bereits bei Herrn K. tat, ich nahm mir kein Blatt vor dem Mund und sprach die Ursachen dafür offen an. Anders hätte es aus meiner Sicht ohnedies keinen Sinn mehr für mich, ein Bewerbungsgespräch zu frühen. Dabei sprach ich auch wieder offen an, wie ich von diversen Arbeitgebern unter falschen Vorrausetzungen in das Unternehmen aufgenommen wurde und dabei regelrecht ausgenützt wurde. Da begann Herr R. und danach auch die gesamte Runde zu lachen und er meinte, dies würden sie niemals tun, jemanden unter falschen Voraussetzungen, unter falschen Angaben in ein Unternehmen aufnehmen, ihn dabei ausnützen und ihn danach wieder los werden. Nun war mir allerdings wirklich alles klar und ich musste selbst mit lachen. Herr R. meinte noch, wenn wir einen neuen Mitarbeiter aufnehmen, dann tun wir dies in der Regel unter der Voraussetzung, dass dieser Mitarbeiter mindestens 5 Jahre in ihrem Unternehmen bleiben würde. Lediglich einige Mitarbeiter seien in der letzten Zeit in einem kürzeren Dienstverhältnis gestanden.
Dann erzählte mir Herr R. auch noch, sie hätten in den letzten Jahren ihr System umgestellt, wie er es bezeichnete. Früher hätten sie sehr wenige Projektleiter gehabt, welche allerdings sehr viele Projekte zu betreuen hatten. Nun hätten sie drei Gruppenleiter mit jeweils mehreren Projektleitern, bei denen nur wenige Projekte von den einzelnen Mitarbeitern zu bearbeiten seinen.
Tja! Ich dachte mir dabei nur, nun in dieser neuen Gemeinschaft, in diesem neuen System ist sehr, sehr viel möglich, man möchte dies gar nicht für möglich halten.
Für mich waren nun alle wichtigen Punkte geklärt. Eigentlich hätte das Gespräch nun zu Ende sein können. Aber Herr R. frage nach, ob ich denn nicht doch noch etwas wissen möchte, noch eine Frage hätte. Drei Mal hatte er nachgefragt und ich hatte immer wieder erwidert, für mich wäre für diese Position alles klar und ich würde mich sehr freuen, wenn ich in die engere Wahl für die Besetzung dieser Position kommen würde. Aber es war noch eine Frage offen. Sogar eine sehr wichtige. Es war noch die Frage des Gehaltes offen. Aber ich hatte sie bewusst nicht mehr gestellt, denn für mich war diese Bewerbung längst als Inszenierung abgehakt.
Nun war dieses Gespräch nach gut einer Stunde endlich zu Ende und Herr R. verabschiedete mich. Er meinte noch, Anfang der nächsten Woche würde eine Entscheidung fallen, ob ich in die engere Wahl gezogen werden würde. Aber nun waren sich die beiden Herren, Herr R. und Herr K. nicht ganz einig, wer ich noch bis zur Tür begleiten sollte. Dann begleitete mich allerdings doch noch Herr R. zur Tür hinaus und Herr K. rief mir noch nach, er würde mir noch eine Rückmeldung zu diesem Gespräch geben.
Und nun, kaum war ich mit Herrn R. aus dem Besprechungszimmer hinaus gegangen, hörte ich noch, wie Herr K. zu dem im Besprechungsraum verbliebenen Gruppenleiter meinte,
„wir müssen den noch wo anders unter bringen, denn der macht sogar den BND auf, mit dem, was wir hier machen!“ (Umgangssprache, wörtlich wiedergegeben)
Ich dachte mir noch, als ich dies hörte, es ist unvorstellbar wie dreist sie sind! So hätte ich mich niemals über eine staatliche Organisation äußern können. Nun war mir allerdings endgültig klar, was ich von dieser Bewerbung halten muss.
Dann erwiderte der Gruppenleiter noch,
„das wird nie etwas!“
Er meinte damit wohl meine eventuelle Zukunft in diesem Unternehmen. Und dabei musste ich ihm gedanklich völlig recht geben.
Nun verabschiedete ich mich an der Eingangstür von Herrn R. endgültig. Dabei muss ich eines der Fairness schon festhalten, diese Bewerbung hätte durchaus etwas werden können und ich hatte auch von Herrn R. grundsätzlich keinen schlechten Eindruck, aber diese Bewerbung fand eben wieder einmal unter völlig falschen Voraussetzungen statt.
Kaum zur Tür hinaus, setzte ich mich wieder in mein Auto um nach Hause zu fahren. Ich fuhr los, zündete mir eine Zigarette an und öffnete das Fenster, da sah ich, wie eine Frau am Straßenrand stand. Sie sah mich an und sagte, sie schien allerdings alleine unterwegs zu sein,
„weiß der das, dass sie ihn jetzt überall raus tun!“