„Wir wollen, dass der wieder zurück gehen kann“
Frankfurt, Donnerstag der 4. Jänner 2018:
Mein erster Arbeitstag nach den Weihnachtsfeiertagen. Wenigstens war in der Arbeit nicht viel los, da sich ohnedies die meisten noch im Urlaub befanden. Mittags ging ich, wie beinahe jeden üblichen Arbeitstag, wieder in den Supermarkt, um mir eine Kleinigkeit zum Essen zu kaufen und dazu etwas zu trinken. Dabei setzte ich mich, wie nun in der kalten Jahreszeit ebenfalls üblich, nach der Kasse an die Tische der Bäckerei, welche sich am Eingang des Supermarktes befindet. Eigentlich darf man dies nicht, denn diese Tische sind nur für Kunden der Bäckerei gedacht, daher wurde ich von dort auch schon einmal von einem der Verkäufer der Bäckerei gebeten, den Tisch wieder zu verlassen, als ich dort mit meinem Brötchen vom Supermarkt saß. Dies hatte allerdings lediglich zur Folge, dass ich ab diesem Zeitpunkt nichts mehr bei dieser Bäckerei kaufte, denn zu oft hatte ich dort auch schon Bedienstete des Supermarktes gesehen, welche ebenfalls nichts bei der Bäckerei gekauft hatten. Damals meinte der Verkäufer vom Bäcker, es wäre auch für die Sauberkeit an diesen Tischen verantwortlich, daher sähe er es nicht ein, wenn an diesen Tischen Gäste säßen, welche zuvor nichts bei der Bäckerei gekauft hätten. – Nun haben sie eben einen Kunden weniger. Falls es die Temperaturen zulassen, setzte ich mich ohnedies viel lieber an eine der Bänke vor dem Supermarkt.
Nun saß ich allerdings an diesem Tag mittags bei diesen Tischen der Bäckerei und aß dort mein Brötchen. An einem der Nebentische saßen dabei zwei jüngere Männer, vielleicht um die dreißig Jahre alt und aßen ebenfalls zu Mittag. Beide hatte ich zuvor noch nie gesehen, oder zumindest noch nie wahrgenommen, aber es schien, als würden beide wissen, wer ich bin. Beide hatten Arbeiterkleidung an, sie gehörten allerdings nicht zu den sonst ebenfalls mittags dort sitzenden Arbeitern. Zudem hatte ich den Eindruck, beide unterhielten sich schon über mich, als ich noch gar nicht an meinem Tisch saß, daher hatte ich nun aufgepasst, worüber sie sprechen. Dabei meinte einer der beiden Männer,
„wir wollen, dass der jetzt gehen kann! Dass ist ja nur, weil sie den hier haben wollen, damit sie das ganze absichern können und wir stehen da, als wären wir totale Unmenschen.“
Was beide zuvor sprachen, hatte ich nicht verstanden.
Doch dann meinte der Mann weiter,
„das ist wie damals in Panama! Damals wollten sie auch gleich hinein, aber auch nur, weil sie das absichern wollten! – Und damals hat man sie nicht hinein gelassen.“
Nun klingt das ganze sehr abstrakt und ergibt im ersten Moment überhaupt keinen Sinn. Aber, ich saß daneben und dachte mir – Panama? Da war doch etwas vor wenigen Jahren. Als ich noch jung war, war Panama beinahe jeden Tag in den Nachrichten, aber dies hat sich in den letzten Jahren doch sehr stark geändert. Das einzige, was wir spontan zu Panama einfiel war, der Streit zwischen den Baufirmen und dem Staat Panama beim Ausbau des Panamakanals. Und dies war erst vor wenigen Jahren. Zudem genau in jener Zeit, als diese Hölle für mich so richtig losging, zu Jahresbeginn 2014. Damals ging es um äußerst hohe Mehrforderungen der Baufirmen, die an den Arbeiten zum Ausbau des Panamakanals beteiligt waren und welche als Druckmittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen einfach die Arbeiten still legten. Also genau dies, was im Zusammenhang mit diesen „Organisierten“ ebenfalls seit Jahren überall zu erleben ist. Damals, als ich dies in der Zeitung las, dachte ich mir, Panama sollte nur ja nicht nachgeben, denn dahinter könnte nur die gleiche Masche liegen, welche ich seit Jahren miterlebe.
Aber eines kam mir dann doch sehr seltsam vor. Denn, ich denke, von den sonst üblichen Gästen, welche sich zur Mittagszeit an diesen Tischen der Bäckerei aufhalten, weiß so gut wie niemand darüber Bescheid, was sich vier Jahre zuvor in Panama abgespielt hatte.