„Der hat den auch noch gesehen!“
W.-E., Stuttgart, Freitag, der 13. Dezember 2013:
Wie jeden Morgen ging ich auch an diesem Morgen kurz vor halb sieben Uhr von meinem Appartement runter um, bevor ich mit der S-Bahn in die Stadt zur Arbeit fahre, noch vor dem Eingang in die Gaststätte meiner Vermieterin noch eine Zigarette zu rauchen. Frühstücken ging ich ja schon lange nicht mehr zu ihr, aber deshalb blieb ich immer noch bei meinem gewohnten Zeitablauf und so kam ich wenigstens früher in die Arbeit. Da es bei meiner Vermieterin immer erst pünktlich ab 6:30 Uhr Frühstück für ihre Gäste aus dem Gästehaus gab, stand ich meist schon vor der Eingangstür zu ihrer Gaststätte, rauchte eine Zigarette und wartete bis sie ihren Laden aufsperrte. So auch an diesem Tag. Ich ging zwar seit Pfingsten nicht mehr in ihr Lokal, aber meinen Zeitablauf am Morgen hatte ich gleich belassen.
Aber, kaum hatte ich mir meine Zigarette angezündet, es muss also wenige Minuten vor halb sieben gewesen sein, kam plötzlich aus der Tiefgarage meiner Vermieterin ein silberfarbener Mercedes mit dem Kennzeichen BWL 6-6! Nun war ich beinahe etwas erschrocken, denn dabei handelt es sich doch um ein Kennzeichen des baden-württembergischen Landtags und die Erfahrung zeigt, je kleiner die Zahlen an solch einem Kennzeichen sind, desto höher ist die Person, welche mit diesem Dienstwagen unterwegs ist, gestellt. Daher hatte ich mir die Person, welche mit diesem Fahrzeug unterwegs war und gerade aus der Tiefgarage kam ganz genau angesehen. Es war eigentlich noch ein relativ junger Mann, daher war ich umso mehr überrascht, als ich ihn in diesem Dienstwagen mit diesem Kennzeichen sah. Auch er sah mich, wie ich so vor dem Eingang zur Gaststätte meiner Vermieterin stand und meine Zigarette rauchte, dabei lächelte er mich zudem etwas an. Anfangs dachte ich mir noch nicht besonders viel deshalb. Wenige Minuten später hörte ich dann auch meine Vermieterin, wie sie die Eingangstür zur Gaststätte aufsperrte und den Korb mit Gebäck, welcher meist schon vor der Tür stand, mit hinein nahm. Kurze Zeit später war meine Zigarette zu Ende und ich begab mich auf den Weg zur Arbeit.
Aber als ich dann zum Bahnhof hoch ging um mit der S-Bahn in die Stadt zur Arbeit zu fahren, wurde schon etwas seltsam von Passanten, welche mir entgegen kamen, oder auch den gleichen Weg zum Bahnhof hatten, gemurmelt:
„Der hat den auch noch gesehen!“
Schlimm wurde dies dann in der S-Bahn und, vor allem, am Weg in der Innenstadt zu meinem Büro. Da kam bei manchen das glatte Entsetzen durch.
„Wahnsinn! Der hat den gesehen auch noch!“
Daher wurde ich doch sehr nachdenklich, wen ich denn da gesehen haben könnte. Die einzige auffällige Person, welche ich an diesem Tag, oder am Tag zuvor, gesehen haben konnte, war dieser Mann in diesem Dienstwagen mit einem Kennzeichen des baden-württembergischen Landtags. Also konnte es sich nur um diese Person drehen.
Aber da fiel mir auf, schon am Vorabend um ungefähr halb neun Uhr, ich war noch in meinem Appartement, lag auf dem Bett um etwas fern zu sehen, war etwas seltsam. Da klingelte plötzlich bei meiner Vermieterin das Telefon und nachdem mein Appartement direkt über der Wohnung meiner Vermieterin lag und ich, am Weg in mein Appartement durch das Stiegenhaus quasi durch deren Wohnung gehen musste, bekam ich beinahe alles mit, was mit normaler Lautstärke in diesem Haus gesprochen wurde. Plötzlich ging die Tür in deren Wohnung auf und die Stimme meines Vermieters war zu hören:
„Beate! Telefon!“
„Wer ist denn dran?“
„Ihr Chef! – Der braucht ein Zimmer“
„Für wann?“
„Noch heute!“
Wer hier nun ein Zimmer benötigte, konnte ich leider nicht mitbekommen. Aber, als ich dies hörte, dachte ich mir, wenn ich später noch in das „Räucherstübchen“ gehe, um mir dort zwei, drei kleine Weißbiere zu genehmigen, dann schaue ich doch glatt etwas genauer, welche Autos am Parkplatz des Gästehauses stehen, vielleicht könnte ich einen Hinweis darauf bekommen, wer denn nun „ihr Chef“ ist und heute noch dringend ein Zimmer benötigte. Aber weder am Hinweg zum „Räucherstübchen“, noch am Rückweg fiel mir etwas Besonderes auf. Daher lief ich auch noch eine kleine Runde durch den Ort, vielleicht könnte ich dabei etwas entdecken. Aber auch hier fiel mir nichts auf.
Nun aber, da am Weg ins Büro manchen Passanten das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand da ich „den“ auch noch gesehen hatte, kam mir der Gedanke, es könnte sich auch dabei nur um diesen besonderen Gast meiner Vermieterin gehandelt haben.
Die Aufregung darüber hatte sich zwar im Laufe des Vormittags wieder gelegt. Doch als ich kurz nach 11:00 Uhr in die Kantine ins Schwabenzentrum ging und mir dort mein Mittagsessen holte, kam ich am Weg zu meinem Stammplatz in der Kantine an einem Tisch mit mehreren jüngeren Frauen vorbei, wobei mich eine von ihnen ansah, ich kannte sie zwar alle nicht, und dann zu ihren Kollegen tuschelte,
„hat er denn erkannt, wer das ist?“
Darauf eine ihrer Kolleginnen,
„ich glaube nicht.“
Dann meinte die eine junge Frau wieder,
„so ein Glück muss einer haben! Steht gerade vor der Tür, als er gerade von der Tiefgarage raus fährt!“
Nun war mir alles klar. Es handelt sich tatsächlich um diesen ominösen Gast meiner Vermieterin mit einem Dienstwagen und einem Kennzeichen des baden-württembergischen Landtags. Vielleicht sogar auch um jenen, welcher am Vorabend noch so dringend ein Zimmer bei ihr benötigte.
Aber leider konnte ich nicht alles hören, worüber sonst noch so intensiv an diesem Tisch in der Kantine getuschelt wurde, dafür saß ich einfach zu weit weg davon und zudem hatten die Kolleginnen zu leise darüber gesprochen. Erst als ich mit meinem Tablett zur Geschirrrückgabe ging, konnte ich wieder etwas genau vernehmen. Und dabei meinte eine der Frauen,
„wenn der das herausbekommt, wer das war, dann …“
Aber darauf meinte eine weitere Kollegin,
„das glaube ich nicht, dass der das herausfindet!“
Nun war mir also klar, hier hatte ich wohl am Morgen, kurz vor halb sieben, jemanden ganz besonderen gesehen, als er gerade mit seinem Dienstwagen aus der Tiefgarage meiner Vermieterin kam. Somit konnte es sich auch nicht eventuell um einen Chauffeur handeln, welcher mit diesem Dienstwagen unterwegs war, denn dafür war die Aufregung darum, da ich ihn gesehen hatte, viel zu groß.
Gegen 16 Uhr begab ich mich, wie zu dieser Zeit üblich, zum Stuttgarter Hauptbahnhof, um mit dem Zug ins Wochenende zurück nach Hause nach Wien zu fahren. Aber kaum hatte ich den EC 117 nach Klagenfurt, mit welchem ich bis Salzburg fuhr, bestiegen und wollte mich an einen freien Platz setzen, meist saß ich dabei im Wagen 272, also der zweite Waggon an der Zugspitze, kam ich an einem Platz, an dem gerade zwei junge Frauen Platz nehmen wollten, vorbei, da sah mich eine dieser beiden Frauen an, lächelte und meinte dann, als ich an ihnen vorbei war um mich ebenfalls wenige Reihen weiter an meinen Platz zu setzen, zu ihrer Begleiterin,
„Wahnsinn! So ein Glück musst Du erst einmal haben! Der steht gerade vor der Tür und raucht eine Zigarette, als der aus der Garage fährt!“
Beide amüsierten sich regelrecht darüber, waren aber doch dabei auch etwas beunruhigt. Denn wenige Augenblicke später ging es weiter – mir war mittlerweile klar, es kann sich wieder nur um diesen ominösen Gast meiner Vermieterin handeln, daher lauschte ich besonders intensiv:
„ Er hat wirklich ein Glück, wenn er den gesehen hat! – Was hat denn der dort eigentlich gemacht? Dort wo er ist, die haben doch zu am Donnerstag?“
„Beim M. war er!“ (und in diesem Ort gibt es tatsächlich eine Weinstube M.!)
„Was hat er denn dort gemacht?“
„Eingeladen haben sie ihn!“
„Und? Hat er etwas erfahren?“
„Nein! Abgeklopft haben sie ihn!“
„Und? Weiß er, was die tun?“
„Nein! Der hat keine Ahnung!“
„Na hoffentlich hat er wenigstens selbst gezahlt, denn sonst kann da auch noch etwas kommen …“
„Das glaube ich nicht! – So blöd wird er wohl doch nicht gewesen sein!“
„Wenn der das herausbekommt, wer das gewesen ist …“
„Naja! Das könnte schon sein! …“
Das ging dann fast bis Ulm so weiter, dann wurde es allerdings ruhig. In München stiegen diese beiden jungen Frauen dann aus dem Zug aus.
Nun wurde ich allerdings doch sehr neugierig, wer denn dieser ominöse Gast gewesen sein könnte. Aber zu dieser Zeit hatte ich niemals gedacht, ich könnte jemals noch ernsthafte Probleme wegen „Organisierten“ bekommen, denn ich ging eigentlich nur mehr davon aus, es kann sich nur mehr um wenige Wochen handeln, bis endlich, zumindest teilweise, ihr Unwesen ans Tageslicht kommt und damit endlich Schluss ist.
Bei dieser Unterhaltung dieser beiden jungen Frauen im Zug bis München hieß es zudem noch, es würde sich dabei um den für meine Anzeige zuständigen Staatsanwalt aus Stuttgart handeln. Aber dies konnte und wollte ich nicht so recht glauben, denn diese Kennzeichen eines Landtages sind nach einem Nummernschlüssel aufgebaut und demnach würde ein Kennzeichen BWL 6-n dem Bereich Finanzen zugehörig sein, daher passte dies für mich nicht recht zusammen. Aber, möglich ist es natürlich doch!
All dies ließe sich allerdings sehr einfach aufklären! Wenn man nur will und eine Klärung zulässt!
Nun will ich mich nicht in Dinge einmischen, welche mich nichts angehen. Daher, wenn der Aufenthalt des Inhabers des Dienstwagens mit dem Kennzeichen BWL 6-6 in W.-E. nichts mit meiner Angelegenheit zu tun hat, dann lösche ich auch sofort wieder diesen Beitrag. Aber, nach dieser großen Aufregung, welche es verursacht hatte, da ich diesen Mann am Morgen, kurz vor halb sieben aus der Tiefgarage meiner Vermieterin fahren sah, gehe ich nicht davon aus!