„Jetzt geht das schon wieder los mit denen!“
Stuttgart, Mittwoch, der 25. September 2013:
Wie jeden Morgen war ich auch an diesem Morgen mit der S-Bahn in die Arbeit unterwegs. Nach meinem Urlaub noch frisch und motiviert, aber dies sollte sich bald ändern.
Nun fand am vergangenen Sonntag die Bundestagswahl mit einem beinahe gänzlich unerwarteten und überragenden Ergebnis für die CDU statt. Beinahe hätte Merkel mit der CDU sogar die absolute Mehrheit erreicht. Daher wäre, auch bei mir, beinahe Jubelstimmung in Zusammenhang mit den vermeintlich und auf den ersten Blick offensichtlich linkspopulistisch motivierten Umtrieben dieser „Organisierten“ aufgekommen. Allerdings traute ich dem schon am Wahlabend, als dieses auch von den Meinungsforschungsinstituten gänzlich unerwartete gute Wahlergebnis der CDU bekannt wurde, dem Frieden nicht. Beinahe um vier Prozentpunkte lag das Wahlergebnis der CDU über den Erwartungen der meisten Meinungsforschungsinstitute.
Allerdings fiel mir schon montagmorgens auf, als ich ebenfalls am Weg zur Arbeit mit der S-Bahn unterwegs war, es schien sich etwas verändert zu haben. Selbst am Dienstag war noch deutlich merkbar eine Veränderung erkennbar, denn das sonst übliche politisch linksorientierte aggressive Auftreten diverser Aktivisten blieb aus. Umgangssprachlich würde dies so ausgedrückt werden, als sei das „angehen“ dieser subversiven Gestalten von durchschnittlichen Bürgern ausgeblieben. Aber, eines fiel mir auf, von montagmorgens bis mittwochmorgens änderte sich dies beinahe stündlich. War am Montag beinahe noch gänzlich Ruhe eingekehrt, wurde dies von Stunde zu Stunde wieder immer schlimmer, bis es am Mittwoch Morgen schon wieder genau so war, wie ich es dies noch am Freitag der vorangegangenen Woche erlebt hatte.
Nun saß ich an diesem Morgen in der S-Bahn und fuhr wieder Richtung Stuttgart Stadtmitte, um zur Arbeit zu gelangen und ich dachte mir, schön langsam wird es wieder, wie es bis Ende letzter Woche war. Die Fahrgäste der S-Bahn, welche sich auch mit Anzug in den Zug wagten, allerdings nicht in diesem Einheitsanzug – meist in grau oder bläulichem Farbton gehalten – wie dies sonst üblich war, verschwanden wieder, auch sonst veränderten sich die Fahrgäste wieder hin zu eher politisch links orientierten Fahrgästen, um dies vorsichtig auszudrücken – der Durchschnittsbürger ohne grundsätzliche politische Motive, der einfach nur mit der S-Bahn in die Arbeit gelangen wollte, egal welcher politischen Orientierung er angehörte, verschwand einfach wieder – da fiel mir ein Fahrgast auf, welcher in der Station Nürnberger Straße einstig. Er sagte laut vor sich her, als er in die S-Bahn einstieg,
„jetzt geht das schon wieder los mit denen!“
Es klang, als würde er sich darüber beschweren, wüsste allerdings nicht wohin er sich wenden sollte und deshalb seinen Unmut darüber einfach freien Lauf lassen. Er hatte auch recht. Auch ich sah dies so, obwohl mich Politik in Deutschland eigentlich nichts angeht und ich mich darin auch nicht einmischen will. Allerdings hatte ich dies schon erwartet. Denn hatte ich doch nicht eine Woche zuvor, am Montag, dem 16. September, nicht dieses eigenartige Gespräch mit meinem Chef Mathias M., welchen ich als den „Aussiedler“ bezeichnete, in dem ich mich über den Ausgang der eine Woche zuvor stattgefundenen Nationalratswahl in Österreich unterhielt und er in diesem Gespräch meinte,
„die Anderen, die wählen alle die CDU!“
Eine Aussage, welche ich auch nie mehr in meinem Leben vergessen werde. Denn, wen meinte er mit den Anderen – es sind eben die Anderen der „Organisierten“! Ich war regelrecht schockiert, als ich am Sonntag Abend die Hochrechnungen und das Wahlergebnis zur deutschen Bundestagswahl 2013 mit verfolgte. Vor allem wegen des unerwartet hohen Abschneidens der CDU unter Merkel, welches von keinem Meinungsforschungsinstitut vorhergesehen wurde, und auch wegen des Einzugs der AfD, beinahe aus dem Stand, in den deutschen Bundestag! Dabei lag die Differenz des Ergebnisses des Wahlerfolges der CDU zu dem prognostizierten Wahlergebnis der Meinungsforschungsinstitute bei gut vier Prozent! Auch dies stimmte mich mehr als nachdenklich.
Nun saß ich an meinem Platz in der S-Bahn, als dieser Mann in der Station Nürnberger Straße einstieg und dachte mir, wenn der wüsste, dann wäre er nun nicht so überrascht!
(2018-05-23)