„Hoffentlich tut er jetzt was mit D.“
Wien, Montag, der 1. Juli 2013: Ein Tag, den ich wohl nie vergessen werde!
Eigentlich hatte ich mir in der ersten Juli Woche im Jahr 2013 lediglich Urlaub genommen, um meine Hausarbeit für mein Studium, welches ich neben meiner Tätigkeit bei der Stadt Stuttgart begonnen hatte, auszuarbeiten. Anfang des Sommersemesters hatte ich, um meiner Zeit bei der Stadt Stuttgart wenigstens etwas Nützliches hinzu zu fügen, mit dem Studium der Rechtswissenschaften an der Fernuniversität in Hagen begonnen. Anfangs lief dies auch sehr gut und März, April saß ich beinahe jeden Abend vor meinen Unterlagen um zu lernen, jede Woche besuchte ich eine virtuelle Lehrveranstaltung über das Internet an meinem Laptop, jede Zugfahrt von Wien nach Stuttgart und freitags wieder retour nütze ich ebenfalls für mein Studium, doch ab Anfang Mai wurde dies für mich immer schwieriger. Anfang Juni war ich bereits so weit, dass es den Anschein hatte, ich könnte mir nicht einmal mehr merken, welchen Text in meinen Skripten ich mir am Vortag durchgelesen hatte. Von lernen war gar kein Gedanke mehr. Und nun sollte ich auch noch eine Hausarbeit ausarbeiten, dies in meinem Zustand. Daher beschloss ich kurzer Hand, mir für die erste Juliwoche Urlaub zu nehmen um diese Hausarbeit auszuarbeiten. Mein halbes Jahr Probezeit war gerade abgelaufen und sonst war ich auch froh, wenigstens einmal eine Woche Abstand zu all dem, was ich in Stuttgart erlebe, zu bekommen.
Nun kam ich am Freitag, den 28. Juni kurz nach Mitternacht in meiner kleinen Wohnung in Wien an. Meinen Plan, wie ich diese eine Woche verbringen werde, hatte ich schon und die sah vor, bereits am ersten Samstag nachmittags wollte ich mit dieser Hausarbeit beginnen, diese hätte ich, nach meinen Vorstellungen, in drei Tagen ausgearbeitet, schließlich ging es dabei um Themen in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre, welche für mich vom rein theoretischen Ansatz doch schon etwas länger her sind, und dann wollte ich mir für den Rest des Urlaubs einfach ein paar schöne Tage machen und diese in Wien verbringen. Ich war ohnedies froh, endlich wieder einmal ein paar Tage hintereinander zu Hause zu sein und nicht nur über das Wochenende.
Doch am Samstag vormittags wachte ich auf, ging zum Bäcker um Gebäck für das Frühstück zu holen, Frühstückte, legte mich danach wieder auf das Bett um kurz etwas fernzusehen, schlief aber sofort wieder ein. Am späteren Nachmittag wachte ich wieder auf, stellte fest, ich muss noch in den Supermarkt einkaufen gehen, denn der Kühlschrank ist fast leer, ging einkaufen, aß etwas, legte mich wieder kurz aufs Bett um noch etwas fernzusehen, schlief aber sofort wieder ein. Am späten Abend wachte ich wieder auf, aß kurz etwas, duschte, legte mich kurz auf das Bett um noch etwas fernzusehen, schlief aber sofort wieder ein. Den ganzen Sonntag das gleiche Spiel, außer der Weg zum Supermarkt natürlich. Und auch am Montag noch bis in den späten Nachmittag hinein das gleiche Spiel. Erst am Abend wurde ich halbwegs munter und schlief nicht sofort wieder ein, sobald ich mich vor den Fernseher legte. Also an die Ausarbeitung meiner Hausarbeit war überhaupt nicht zu denken. Daher beschloss ich, noch ein paar Tage Pause zu machen und erst am Donnerstag mit dieser Ausarbeitung zu beginnen. Vorher wäre überhaupt nicht daran zu denken gewesen. Ehrlich gesagt, mich wunderte dies auch gar nicht mehr. Denn in der Verfassung, in welcher ich in dieser Zeit bereits war – ich hatte dies wohl unterschätzt. Aber es war auch kein Wunder, denn seit Anfang Mai hatte ich kaum eine Nacht länger als drei, vier Stunden geschlafen. Wenn ich in Stuttgart war, musste ich ohnedies jeden Abend in die Kneipe gehen und zwei, drei Biere trinken, denn anders war gar nicht mehr an Schlaf zu denken. Zudem wachte ich jeden Morgen völlig verschwitzt auf, aber nicht nur so, sodass ich selbst nass vor Schweiß war, die gesamte Bettdecke war mit Schweiß durchnässt! Und dies seit nunmehr schon beinahe zwei Monate lang jeden Morgen. Ich hatte eben bereits größte Existenzängste, da mir meine Arbeit in Stuttgart in der Stadtverwaltung mehr Geld kostete als ich verdiente und dann war auch keine Änderung der Situation in Sicht. Zudem erhielt ich ja bereits seit sehr langer Zeit immer wieder schwere Drohungen, bis hin zu Morddrohungen, Drohungen mein gesamtes Eigentum zu verlieren. Und dann wurde dieses Theater immer noch schlimmer. Von Tag zu Tag nahm dies zu. Ich sah eigentlich keinen Ausweg mehr, wusste überhaupt nicht mehr was ich dagegen tun sollte. Eine Überlegung blieb mir allerdings immer noch, mit all diesem Theater, mit meinem Wissen, was hier los ist, weshalb sich all dies abspielt, zur Polizei zu gehen. Aber wohin? Und wie?
Daher, es war eigentlich auch kein Wunder, dass mein Plan für die Ausarbeitung meiner Hausarbeit in den ersten drei Urlaubstagen scheitern musste. Aber da ich dann wenigstens am Montagabend endlich wieder einmal halbwegs wach war, beschloss ich in die Innenstadt zu fahren um mir hoffentlich gedankenlos ein paar Biere zu genehmigen zu können, ohne am Folgetag früh am Morgen aufstehen zu müssen. In der Innenstadt angekommen, ging ich zunächst in der Schwarzenbergstraße in dieses Lokal „1516“. Dieses Lokal kenne ich seit der ersten Woche, in der ich in Wien war. Daher war dort die Situation bereits so, dass ich lediglich in das Lokal ging, stellte mich an die Bar und bekam, ohne auch mit dem Kellner nur ein einziges Wort wechseln zu müssen, ein kleines Bier nach dem anderen vor mich an den Tresen gestellt, bis ich, meist nach drei kleinen Bieren, die Geldtasche zückte, diese an den Tresen legte und der Kellner kam mit der Rechnung. Egal wann ich in dieser Kneipe war, der Ablauf war fast immer der Gleiche. Ich glaube, in den vorangegangenen fünf Jahren hatte ich kein einziges Wort mit einem der Kellner in diesem Lokal gewechselt. Dabei war ich aber sogar sehr häufig in diesem Lokal.
Kurz vor 23:00 Uhr, nach meinem dritten kleinen Bier, verließ ich die Kneipe wieder und ging wenige Meter weiter in die Krugergasse in das Lokal „Stadtboden“. Dort hoffte ich nun einen Platz im Garten zu bekommen um wenigstens noch etwas im Freien sitzen zu können. Und tatsächlich, kaum war ich dort angekommen, war noch ein kleiner Tisch im Garten frei, an welchem ich mich auch gleich setzte. Auch hier war die Situation schon jahrelang so, dass man mich und ich die Bedienungen bereits gut kannte, aber wenigstens war es hier noch nicht soweit, dass man sich gegenseitig nichts mehr zu sagen hatte. Daher bestellte ich mir hier, und diesmal mit Worten, mein ebenfalls übliches kleines Pils.
Nun saß ich hier im Garten, vom Lokal aus gesehen am äußersten linken Platz an der Gasse, und bekam dort mein Pils serviert. Eigentlich wäre ich richtig entspannt gewesen, aber kaum hatte ich einige Schluck von meinem Glas genommen, änderte sich dies schlagartig. Im Lokal schräg gegenüber, einem kleinen italienischen Lokal mit einem klingenden Namen einer sehr bekannten kleinen italienischen Hafenstadt, welches es in dieser Gasse allerdings heute nicht mehr gibt, saßen zwei Männer in meinem Alter – vielleicht ein paar Jahre älter. Dieses Lokal hatte lediglich, ich glaube, drei kleine Tische im Sommer in der Gasse stehen. Die restlichen Tische waren jedenfalls leer. Da stand plötzlich einer dieser Männer auf und sagte,
„so, jetzt geh‘ ich einmal nach vorne und hohle mir das. Hoffentlich weiß der nicht, was wir hier tun wenn der heute da ist.“
Da meinte der zweite Mann,
„ja, pass etwas auf, denn nicht, dass jetzt noch auffliegt, was wir hier tun!“
Nun bekam ich dies eigentlich völlig zufällig mit, saß ich doch alleine an meinem Tisch und wollte den Abend „genießen“. Aber dann entstand auch noch deutlich wahrnehmbare Unruhe an all den Tischen im Garten, welche immer noch voll waren. Und dann kam auch noch einer der Kellner des Lokals, ein Mann aus Bosnien-Herzegowina, welchen ich schon längere Zeit kannte, gerade zur Tür heraus um an einem der Tische etwas zu servieren, sah wie dieser Mann aufstand und zum nahegelegenen Imbissstand an der Kärntner Straße ging, und sagte,
„nein! Jetzt bekommt er das auch noch mit!“
Seine Kollegin in diesem Lokal stand zu diesem Zeitpunkt gerade neben ihm und meinte,
„was. Was bekommt der jetzt auch noch mit!“
„Na die Geldübergabe! Jeden ersten Montag im Monat kommt der und holt sich das Geld“,
Meinte er darauf.
„Aber der weiß doch gar nicht, was wir hier tun?“
„Da wäre ich mir nicht so sicher! Der weiß so schon fast alles,“
Ergänzte er auf die Frage seiner Kollegin.
Als die beiden Bedienungen wieder im Lokal verschwunden waren, drehte ich mich um, da es mich interessierte, wohin denn dieser Mann nun gegangen war. Und tatsächlich, nun war dieser Mann doch glatt bei diesem Imbissstand, aber er stand nicht vor dem Stand als Kunde, sondern er verschwand im Stand. Nun saß ich an meinem kleinen Tisch und dachte mir, tu‘ jetzt einfach so, als würdest du überhaupt nichts mitbekommen. Aber wenige Minuten später kam der Mann mit einer halbvollen Plastiktüte wieder retour und setzte sich an den Platz, von welchem er zuvor aufgestanden war.
Nun wusste ich seit Jahren, in diesem Grätzl wird Geld gesammelt für diese ominöse neue Gemeinschaft, welche sich „nur zum Spaß“ und weil „irgendwie muss man sich ja organisieren“ gebildet wurde. Dies viel mir schon seit 2005 auf, als ich nach Wien kam. Und dabei viel mir immer ganz besonders dieser Imbissstand auf, auch wenn dies in beinahe allen Lokalen hier gleich war. Mittlerweile war ich nicht mehr so „entspannt“, wie ich dies noch zuvor war, denn nun wurde mir einiges klar. Dies entspricht eigentlich beinahe dem, was man auch aus den Medien von dieser „Nachbarschaftshilfe“ von diesem „Nokiaklub“ kennt. Ehrlich gesagt, ich wurde kreide bleich. Zudem kannte ich dieses Geldsammeln bereits seit 2003 aus Salzburg. Damals begannen einige bunte Plastikbänder für den Unterarm zu verkaufen und meinten, dies wäre für einen wohltätigen Zweck und diese Plastikbänder ein Zeichen für die Unterstützung dieses Fonds. Dies hörte allerdings damals rasch wieder auf und danach wurde, von den gleichen, einfach nur mehr Geld gesammelt.
Und dann, nur wenige Minuten, vielleicht fünf Minuten später, fuhr ein Polizeibus mit, ich glaube, es waren vier Polizisten, durch die Gasse. Und was ich dabei mitbekam, das war gar nicht mehr zu fassen. Ein leises Gekicher war das Harmloseste, was ich in meiner Umgebung zu hören bekam. Aber nicht nur im kleinen Umkreis, nein, durch die gesamte Gasse ging dieses leise Gelächter. Selbst der zweite Betreiber des Lokals, in welchem ich gerade saß, er saß mit seinem Kollegen an einem der Tische am Eingang in das Lokal, mittlerweile scheint dieser andere Wege zu gehen, denn ich habe ihn nur mehr sehr selten in diesem Lokal gesehen, selbst er saß an seinem Tisch und meinte lachend zu seinem Kollegen,
„die können überhaupt nichts machen! Die wissen überhaupt nicht, was wir hier tun! Nur mit ihm können sie noch etwas gegen uns unternehmen!“
Mittlerweile saß ich an meinem Platz und dachte mir, ich glaube einfach nicht mehr, was ich hier erlebe. Bei allem was Recht ist, aber dies geht viel zu weit. Das kann doch nicht sein, dass sich hier eine Organisation bildet, welche für ihre Zwecke Geld zu sammeln beginnt und meint, sie könne tun und lassen was sie wolle und macht sich dabei auch noch über die Polizei lustig. Und wenn ich dies mitbekomme und weiß, was hier los ist, aber nichts darüber sage – das geht nicht.
Aber was tun! Das war für mich ja mittlerweile schon seit fast zehn Jahren die Frage. Wohin gehen, mit wem und wie Kontakt deshalb aufnehmen, ohne mich dabei in vielleicht höchste Gefahr zu begeben. Niemand wir mir je die Garantie geben können, dass hier nicht doch vielleicht doch eine schon bekannte Mafia dahinter steckt! Auch wenn ich der Ansicht bin, all dies wäre für eine wirkliche Mafia viel zu ungewöhnlich, daher muss dies etwas anderes, vielleicht etwas Neues sein. Man darf dabei nicht vergessen, damals hatte ich bereits seit zehn Jahren immer wieder Morddrohungen erhalten. Sollte ich es etwa ausprobieren, ob die tatsächlich ernst zu nehmen sind? Ich glaube, dann wäre es für mich zu spät.
Ich bestellte mir dann noch ein zweites kleines Pils, aber um etwa 23:45 Uhr ging ich dann wieder, da ich ja noch mit der U-Bahn nach Hause fahren musste. Damals wohnte ich ja noch in Alterlaa. Die ganze Zeit über hatte ich noch dieses Gelächter der Leute in meiner Umgebung und die Kommentare darüber, als dieser Polizeibus durch die Gasse fuhr. Selbst am Weg zur U-Bahn. Damals ging ich meist zur U-Bahnstation am Stephansplatz durch die Kärntner Straße vor.
Kaum war ich in die Kärntner Straße eingebogen, kamen mir nach wenigen Metern zwei ältere Männer entgegen. Da sah mich einer dieser beiden Männer an und sagte am Vorbeigehen neben mir,
„hoffentlich tut er jetzt was mit dem D., denn sonst müssen wir etwas tun und dann wird’s blöd!“
Nun hörte ich dies und fasste dies als Aufforderung an, doch eine Meldung über all das, was ich bei Firma D. mitbekam, zu tätigen.
Aber was? Was sollte ich bloß melden. Ich habe hier bloß diesen einen Auftrag, welchen ich selbst bearbeitet hatte. Zudem spielt sich dabei beinahe alles in Deutschland ab. Also, wenn, dann kann ich dabei nur etwas in Deutschland unternehmen.
Aber dann viel mir ein, nur wenige Wochen zuvor saßen an einem Tisch im gleichen Gastgarten vier Männer, davon drei aus Deutschland und, dem Akzent nach, ein Amerikaner, welche sich ebenfalls über dieses Unwesen unterhielten. Dabei meinte einer, „vielleicht kann uns er etwas darüber erzählen.“ Daher war ich der Meinung, dies sei ohnedies bereits auch dort bekannt. Daher kam ich am Weg zum Stephansplatz zum Entschluss, ich schreibe etwas über all jenes, was ich bei Firma D. erfahren habe, schildere diesen Fall und sende dies als anonymes Hinweisschreiben an das BKA nach Wiesbaden. Ich probiere es eben noch einmal. Denn mit meinem gerade erlebten kann ich nirgends hingehen, denn erwische ich dabei einen Falschen, werde ich womöglich als irrer Geschichtenerzähler hingestellt. Und einen konkreten Fall hatte ich in Österreich eben nicht, obwohl ich auch hier permanent auf der Suche danach war. Also fasste ich dann in der U-Bahn den Entschluss, ich verfasse ein neuerliches Hinweisschreiben und sende dies an das BKA nach Wiesbaden.
Und dann war da noch meine Hausarbeit in Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre, welche ich bis folgenden Montag fertig zu stellen hatte.