„Frag‘ mich bloß, warum sie immer wieder ein Feindbild brauchen!“
W.-E., Dienstag, der 4. September 2012:
Nun war ich also gestern Abend wieder im Remstal angekommen. Da ich mir den ganzen Rummel an Sonntagen beim wöchentlichen Rückreiseverkehr sparen wollte, fuhr ich nun erst jeden Montagabend und nicht schon am Sonntagabend nach Stuttgart. Solche Tage sind allerdings sehr langweilig, wenn man den ganzen Tag nicht wirklich etwas zu tun hat. Gut, ich war damit beschäftig, so schnell als möglich wieder eine neue Arbeit zu finden, aber dies füllt den Tag auch nicht aus. Und da ich in meinem kleinen Appartement nicht rauchen durfte, stand ich gut jede Stunde einmal vor der Gaststätte meiner Vermieterin, um dort eine Zigarette zu rauchen.
Mittlerweile war es schon später Nachmittag geworden und ich dachte mir, nach dieser Zigarette gehe ich auch gleich zu meiner Vermieterin in die Gaststätte, setze mich dort, wie immer, an den Stammtisch, um mir dort ein Weißbier aus der Flasche zu genehmigen. Aber als ich vor dem Eingang zu der Gaststätte meiner Vermieterin stand, kam plötzlich ein einzelner Mann aus eben dieser Gaststätte. Er ging wortlos an mir vorbei, doch auf einmal blieb er stehen, drehte sich etwas zu mir um und sagte laut vor sich hin,
„ich frag‘ mich, warum sie immer wieder ein Feindbild brauchen“
Als ich dies hörte, blieb ich starr stehen und fragte mich, will mich dieser Mann etwa ansprechen? – Will er mir eine Frage stellen? – Da er eben aus der Gaststätte meiner Vermieterin kam, schien es, als hätte er mit ihr gesprochen. Viele Gäste konnten um diese Zeit noch nicht bei ihr gewesen sein, denn das Abendgeschäft beginnt erst ab 18:00 Uhr. Aber um diese Zeit? – Konnte durchaus gut sein, dass er bei ihr alleine in der Gaststätte saß. Vielleicht sogar mit ihr und ausschließlich mit ihr gesprochen hatte.
Aber, es schien wohl nicht so zu sein, als wollte er tatsächlich mit sprechen, denn er drehte sich gleich wieder um und ging weiter.
Warum sie ein Feindbild benötigen? – Diese Frage hätte ich ihm sofort beantworten können! Sie bauen damit eine Gemeinschaft auf!
Ich hatte mich damals schon so unzählige Male die Frage gestellt, warum niemand mit mir Kontakt aufnehmen will, obwohl sich doch so unzählig viele mit mir und diesen Rummel um meine Person beschäftigt haben. Aber niemand nahm mit mir Kontakt auf! Niemand wollte darüber mit mir sprechen! Dabei wäre doch so manche Antwort darauf ganz einfach zu geben gewesen!
Auch bei diesem Mann schien es so, als hätte er sich mit meiner Vermieterin über mich unterhalten. Zumindest über den Rummel, welcher sich um meine Person dreht. Denn sonst wäre er nicht, nachdem er aus der Gaststätte gekommen war, neben mir stehen geblieben, um zu sich selbst sprechend, eine Frage zu stellen, welche ich unweigerlich hören musste. Ja er musste sie ja erst deshalb in dieser Form sich selbst gestellt haben, da er mich vor dem Eingang zu dieser Gaststätte stehen sah. Sonst wäre er nicht stehen geblieben, hätte sich zu mir gewendet, um danach sich selbst diese Frage zu stellen, ohne aber auf eine Antwort von mir zu warten. Ja, er hatte sie gar nicht erwartet.