Mit unserem neuen System bekommen wir alle unter Kontrolle!
W.-E., Dienstag, der 9. März 2010:
In den vergangenen Tagen war dieser schreckliche Amoklauf von Winnenden vor einem Jahr überall Gesprächsstoff. Selbst am Vorabend am Stammtisch in der Gaststätte meiner Vermieterin war dies Dauerthema. Daher hatte ich mich auch schon am Morgen mit meiner Kollegin, Tamara F., darüber unterhalten.
Aber kaum waren wir wieder zu unserer Arbeit zurückgekehrt, kam plötzlich Peter W. ins Büro. Er sang vor sich hin und tänzelte dabei beinahe, naja, soweit man bei ihm von tänzeln reden kann – wie heißt es so schön, er tanzte wie eine Gazelle, oder wie heißt das Tier mit dem Rüssel – und war dabei aber beinahe störend übermütig. Zudem meinte er in seiner aufgesetzten Heiterkeit,
„mit unserem neuen System bekommen wir alle unter Kontrolle!“
Nun war mir zwar zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar, was er mit „unserem neuen System“ meinte, aber irgendwie hatte ich das Bedürfnis, ihm nun etwas Parole bieten zu müssen und ihn wieder ruhig zu stellen, daher sagte ich zu ihm,
„na? Habt ihr morgen Jahrestag? – Dann zuckt wieder einer aus …“
Meine Kollegin sah mich dabei entsetzt an, drehte sich zu Peter W. um, welcher augenblicklich ruhig war, und sagte zu ihm,
„der kennt das!“
Plötzlich war Peter W. ganz ruhig und verschwand wortlos wieder aus dem Büro!
Nun will ich ja keinesfalls behaupten, ihr „neues System“ könnte tatsächlich mit diesem schrecklichen Amoklauf etwas zu tun haben, aber schon am Tag zuvor am Stammtisch in der Gaststätte meinte ich, ich könne mir durchaus vorstellen, wenn jemand in solch einem System gefangen ist, daraus nicht mehr hinaus kann und psychisch labil ist, dass dabei durchaus auch jemand auszucken könnte und dabei vielleicht selbst noch der Meinung ist, dabei etwas Gutes zu tun!
Ich glaube allerdings, wenn man solch ein „neues System“ aufstellen will, dann sollte man aber auch unbedingt die sich daraus ergebenden möglichen Folgen vorher überlegen! Denn wer will schon von solch Personen unter Kontrolle sein!