D. bei der Polizeigewerkschaft
D. wäre nicht D., wenn er lange bei einem Thema bleiben würde. Jeder der D. kennt weiß, er wechselt sehr rasch von einem Thema zu einem anderen. So auch, als ich bei ihm im Büro saß und er mir seine Pläne über die Aufteilung der Beschleunigungsvergütung als Prämie an die beteiligten Mitarbeiter erzählte. Manchmal beginnt er plötzlich richtig abfällig über einzelne seiner Mitarbeiter zu erzählen. So auch hier. Er erzählte mir von einer kleinen Truppe von Monteuren, welche üblicherweise in der Instandhaltung seiner Immobilien in den neuen Bundesländern, in Halle, tätig sind. Aber, wenn Not am Mann ist, arbeiten diese auch bei Projekten und auch in der Wartung an bestehenden Anlagen mit, für welche, nach Abschluss der Leistungen ein Wartungsvertrag abgeschlossen wurde, mit. So soll dies wohl auch bereits Mitte der 1990er Jahre gewesen sein. Und da nicht alle Aufträge direkt vor der Haustüre ausgeführt werden können, müssen diese Monteure oft einen weiten Weg von ihrem Heimatort zur Baustelle zurücklegen. In ihrem Übermut, so erzählte mir D., sind sie wohl eines Nachts am Weg nach Hause ins Wochenende viel zu schnell mit dem Auto gefahren und dabei von einer Radarkontrolle geblitzt worden. Sie dürften aber dabei so schnell unterwegs gewesen sein, sodass der Führerschein des Fahrers auch gleich abzugeben war und dies auch gleich für einen längeren Zeitraum. Das ist natürlich blöd, denn seine Monteure benötigen ja nicht nur von ihrem Heimatort zur Baustelle ein Auto, sondern auch auf einer Baustelle der Verkehrs- und Tunneltechnik ist ohne einem Auto nicht sehr viel anzufangen. Dazu sind die Wege einfach zu weit. Und ein Monteur, welcher einen Chauffeur benötig, nicht nur um überhaupt auf die Baustelle zu kommen, sondern auch auf der Baustelle, ist eigentlich schon fast eine Belastung. Daher sollen sie wohl zu D. gegangen sein und haben ihn gefragt, ob er hier nicht etwas für sie tun könnte und seine Beziehungen etwas spielen lassen könnte.
Herr D. erzählte mir auch gleich, was er unternommen hatte.
Selbst stammt D. aus Franken, irgendwo im Grenzgebiet zu Baden-Württemberg. Meine Vermieterin erzählte mir, sie und D. kämen aus dergleichen Gegend, nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Sie aus Baden-Württemberg, er aus Franken. Daher stehen sich auch meine Vermieterin und D. besonders nahe. Dort soll seine Familie aus der er entstammt, sehr viel Grund besitzen, sodass er dort sein eigenes Jagdrevier hat. Und einer seiner Jagdfreunde, welchen er gelegentlich in sein Revier einlädt, so erzählte mir D., ist ein Polizeipräsident aus einem der neuen Bundesländer, welchen er anlässlich einer Jagd in seinem Revier auch gleich darauf angesprochen hat, ob man denn in solch einer Angelegenheit nicht etwas unternehmen könnte. Worauf er allerdings zur Antwort bekommen haben soll, grundsätzlich nicht, aber wenn, dann müsse er der Polizeigewerkschaft beitreten. Was er dann auch sofort tat, wie er mir stolz berichtete. Und, D. führte weiter aus, sein Mitarbeiter habe darauf auch tatsächlich den Führerschein zurück erhalten. Dies hätte auch Wirkung erzielt bei all seinen Mitarbeitern, meinte er weiter, denn ab diesem Zeitpunkt gab es keine Probleme mehr.
Stolz berichtete mir D. auch noch davon, welche Vorteile seine Mitgliedschaft bei der Polizeigewerkschaft hätte, denn gerade wenige Tage zuvor war er von seiner Heimat in Unterfranken mit dem Auto Richtung Stuttgart unterwegs und kam an einer zu der Zeit allseits bekannten Baustelle in Schwäbisch Gmünd, hier wurde ein neuer Straßentunnel errichtet, wegen eines Unfalls kurz vor ihm im Stau zu stehen. Er musste allerdings nicht lange warten, denn ein Polizist leitete ihn, als er ihn erkannte, an den restlichen wartenden Autos am Stau vorbei. Das passt zu D., dachte ich mir.
Ich war zwar etwas überrascht, da er mir erzählte, er sei ein direktes Mitglied der Polizeigewerkschaft und ich fragte mich, wie so etwas möglich sein. Aber ich hatte dann doch besser nicht nachgefragt.
Etwas Ähnliches hatte ich zuvor im Unternehmen, in welchem ich zuletzt in Wien gearbeitet hatte, einem Immobilienentwicklungsunternehmen, schon erlebt. Auch hier erzählte man mir stolz, einige Herren in der Unternehmensführung seien unterstützende Mitglieder der Polizeigewerkschaft. Hier ging es allerdings nur um eine unterstützende Mitgliedschaft. Und die Möglichkeit dazu kannte ich bereits aus den Medien, daher war ich darüber nicht besonders verwundert. In diesem Unternehmen gab es ein einziges Firmenfahrzeug, welches allen Mitarbeitern zur Verfügung stand, ein weißer Golf Variant, noch dazu in Linz angemeldet. Beinahe witzig, allerdings auch etwas provokant, fand ich ein entsprechendes Schild, das auf die unterstützende Mitgliedschaft bei der Polizeigewerkschaft hindeutete und „werbewirksam“ an der rechten Seite der Windschutzscheibe angebracht war.
Daher überrascht war ich nicht, als mir D. von seiner Mitgliedschaft bei der Polizeigewerkschaft erzählt hatte, aber doch verwundert, da ich nicht ganz verstand, wie dies möglich ist.