Endersbach, Mittwoch, der 13. Jänner 2010:
Schon am ersten Tag, als ich zum Frühstück in der Gaststätte in meiner neuen Unterkunft war, hatte ich mich danach, den ganzen Vormittag über, über seltsame Magenbeschwerden gewundert. Es war, als würde mein Magen regelrecht rumoren. Es blubberte, gurgelte und grollte regelrecht, als hätte ich etwas i mir, das mein Magen nicht wirklich verarbeiten könnte. Allerdings fühlte ich mich nun in dieser neuen Umgebung derart unwohl, weshalb ich meine Magenbeschwerden zunächst darin begründet sah. Ist es doch nicht ungewöhnlich, wenn einem der Magen etwas verrückt spielt, passt einem etwas überhaupt nicht. Daher habe ich noch nicht weiter darüber nachgedacht. Aber war dies richtig unangenehm, da dies sogar meiner neuen Kollegin Tamara F., die ihren Arbeitsplatz direkt gegenüber meinem Arbeitsplatz hatte, die nun auch für mich die Zeichenaufgaben am AutoCAD durchführen sollte, aufgefallen war. Doch die schien sich darüber auch noch zu freuen.
Sie sollte ich nun mit Vorlagen für die Werk- und Montagepläne, Grundrisspläne der einzelnen Anlagen bei der Tunnelgruppe Annweiler, versorgen. Wofür es zunächst galt, die passenden Grundrisspläne der beiden Tunnel, dem Staufer- und Kostenfelstunnel, vor allem dem richtigen Maßstab mit den erforderlichen baulichen Inhalten zu finden. Was ich nun zu tun hatte, das wusste ich Gott sei Dank. Denn dies hatte ich doch schon in der Zeit, als ich in diesem Ingenieurbüro in Salzburg gearbeitet hatte, gesehen, wie in dieser Branche die Installationspläne für solche Tunnelanlagen erstellt werden. Und da eben in der Ausführungsplanung des Ingenieurbüros diese Grundrisspläne der einzelnen Anlagen noch nicht erstellt wurden, was dies eben nun meine Aufgabe, diese Pläne zu erstellen. Wobei ich mich schon damals immer gewundert hatte, weshalb in dieser Branche für jede einzelne Anlage einzelne Pläne erstellt werden. Aber das schien wohl schon immer so gewesen zu sein. Daher habe ich mich darüber weiter nur gewundert und dies nicht weiter in Frage gestellt.
Am späten Nachmittag, gegen 16 Uhr, sollte ich zum ersten Mal richtig erleben, was ich nun in diesem Unternehmen erwarten würde. Denn da hieß es plötzlich, es fände eine interne Projektbesprechung statt. Welche schon seit Mittag stattfinden sollte. Doch der Projektleiter Thomas T. war noch auf einem Auswärtstermin für ein anderes Projekt. Dem Tunnelsanierung des Tunnels Dontzdorf, wo er ebenfalls als Projektleiter fungierte.
Also saßen wir ab vier Uhr nachmittags im Besprechungsraum, im ersten Obergeschoß des Bürogebäudes. gleich im Anschluss an die Räume der Verkehrsabteilung, in welchem mich schon am ersten Tag Thomas T. mit diesem Plan der Verkehrssteuerungen beeindrucken wollte. Dieser Plan lag nun immer noch ausgebreitet am Besprechungstisch.
Aber eines wunderte mich schon zu Beginn dieser Besprechung. Denn die Anzahl der Teilnehmer, der Kollegen, welche nun für dieses Projekt tätig sein würden, war nicht gerade klein. Nicht nur, dass aus allen Abteilungen des Unternehmens Teilnehmer dabei waren, dies wäre auch nicht weiter ungewöhnlich gewesen, es waren beinahe alle Kollegen der einzelnen Abteilungen bei dieser Besprechung anwesend. Somit war der Raum ziemlich voll.
Allerdings gab es keinen wirklichen Anlass für diese Besprechung. Es war eher so, als wollte man nun erst einmal über das Projekt sprechen. Wobei es allerdings in erster Linie offenbar darum ging, zu schauen, was von diesem neuen Kollegen, der nun die Planung für dieses Projekt der Tunnelgruppe Annweiler zur Aufgabe hatte, zu erwarten wäre.
Hauptsächlich wurde dabei über die Kabeltrasse an der Tunneldecke gesprochen, wie diese montiert und abgehängt werden soll, ob und wie diese brandbeständig ausgeführt werden muss etc. Aber vor allem darüber, ob in diese Kabeltrasse ein Trennsteg zur Trennung der Stark- und Schwachstromkabel montiert werden soll. Allerdings auch über ganz allgemeine Belange diese Tunnelanlagen betreffend. Weshalb ich einfach zur Ansicht gekommen war, hier wollte man lediglich sehen, ob ich auch genug Kenntnisse über solch eine Anlage mitbringe, um die Planung dafür auch auszuführen.
Bis halb acht Uhr abends saßen wir nun in diesem Besprechungsraum, ohne dass ein wirklicher Sinn dieser Besprechung zu erkennen gewesen wäre. Doch danach ging ich gleich zurück in meine Unterkunft, denn mir brummte danach regelrecht der Schädel.
Kaum in meiner Unterkunft zurück, ging ich, nachdem ich nur kurz in meinem Zimmer war, sofort in die Gaststätte meiner neuen Vermieterin. Denn wenigstens einmal am Tag wollte ich doch eine warme Mahlzeit zu mir nehmen. Doch kaum betrat ich die Gaststube, spielte sich das Gleiche ab, wie schon die Tage zuvor. Die Tür hatte sich noch gar nicht hinter mir geschlossen, hörte ich schon, wie die Chefin des Hauses, Beate L. laut und für jeden in der Gaststätte deutlich zu hören, meinte,
„Grüß Gott Herr R.!“
Nun wusste schon wieder jeder Anwesende im Lokal, ich wäre nun auch anwesend. Doch, wie schon am Abend zuvor, ließ mich die Wirtin nicht erst einen Tisch für mich aussuchen, sondern bot mir sofort an, doch am Stammtisch Platz zu nehmen. Was ich dann auch, zwar etwas widerwillig, angenommen hatte. So saß ich auch an diesem Abend am Stammtisch, welcher sich immer mehr füllte, und aß dort mein Abendessen. Nebenbei versuchte ich zu verstehen, worüber es in den Gesprächen am Tisch ging. Denn verstehen konnte ich, sofern nicht jemand extra darauf Rücksicht genommen hatte, dass ich Österreicher bin, so gut wie niemanden. Wirklich wahrgenommen hatte ich in den ersten Tagen dort ohnedies noch niemanden. Denn dafür war ich noch viel zu sehr mit mir in einer Umgebung, in welcher ich nun wirklich nicht gerade sein wollte, beschäftig. Allerdings fiel mir auch an diesem Abend auf, als ich die Gaststube betreten hatte, sank der Altersdurchschnitt der Gäste in dieser Gastwirtschaft um mindestens zehn Jahre! – So fühlte es sich wenigstens für mich an, auch wenn dies doch etwas übertrieben ist.
Meinem Kopf war dieser Aufenthalt am Stammtisch in der Gaststätte auch nicht gerade eine Erholung. Daher ging ich, kaum begann sich die Gaststube etwas zu leeren, auch zu Bett.
(2021-12-29)