Wien, Montag, der 14. September 2009:
Auf meine Bewerbung bei diesem drittgrößten österreichischen Bauunternehmen als Projektleiter im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung hatte ich letzte Woche am Montag auch gleich einen Termin für ein Vorstellungsgespräch erhalten. Das schien somit für mich ganz normal zu laufen. Denn dies war der erste Arbeitstag nach den Sommerferien im Osten Österreichs. Meine Bewerbung selbst hatte ich ja schon am 23. August versendet. Daher sah es für mich so aus, als hätte hier jemand gegen Ende der Sommerferien noch eine neu zu besetzende Stelle ausgeschrieben, um diese gleich nach Ende der Sommerferien auch zu besetzen. Und da ich nun scheinbar gleich einer der ersten sein könnte, der auch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Erschien dies für mich doch durchaus positiv zu verlaufen.
Allerdings war ich noch Mitte August zur Ansicht gekommen, es erst gar nicht weiter zu versuchen, in Österreich doch noch einen richtigen Neustart im Leben anzugehen. Doch, sollte ich nun tatsächlich eine neue Stelle, wenn auch in einem Bauunternehmen, bekommen, bei ich weiter die Funktion als Bauherren, beziehungsweise dann eben als Vertreter des Auftraggebers ausüben könnte, dann wäre mir dies doch auch sehr recht gewesen. Denn eigentlich wäre ich davon ausgegangen, dass ich, nach meinen Leistungen bei diesem Immobilienentwicklungsunternehmen in Wien, nachdem ich dort unter Angabe der Finanzkrise und der daraus folgenden Personalkürzungen als Begründung dafür gekündigt wurde, sollte dies tatsächlich der Wahrheit entsprechen, ich aus diesem Unternehmen hinausgehe und gleich wieder bei einem neuen Arbeitgeber hineingehe. So weit der Normalfall, den ich mir vorgestellt hatte, wenn alles mit rechten Dingen zuginge.
Daher ging ich an diesem Tag auch recht zuversichtlich in das Vorstellungsgespräch. Jedoch wollte ich keinesfalls Gleiches noch einmal erleben. Daher hatte ich mir zuvor schon vorgenommen, im Zuge des Gespräches klar darzustellen, dass ich keinesfalls zu jenen gehöre, welche vorgegebene Fertigstellungstermine als nicht unbedingt einzuhalten gelten, vorgegebene Kostenrahmen nicht unbedingt einzuhalten sind, und auch sonst anderes im Projektablauf mehr Bedeutung haben könnte als der eigentliche Projekterfolg selbst. Auch wenn mir schon unzählige Male „zugeflüstert“ wurde, dass ich genau dies eben nicht tun sollte. Eben nicht eindeutig zum Ausdruck bringen sollte, dass ich eben nicht zu „denen“ gehöre. Diesem seltsamen „Zirkel“ dieses Unwesens, um dies einmal so zu benennen, welcher offenbar ein höheres Ziel erreichen möchte und dem alles andere unterzuordnen sei und deshalb Termine, Budgets und der eigentliche Projekterfolg keine wirkliche Bedeutung hat.
Ich wollte eben von nun an schon beim Vorstellungsgespräch klarstellen, dass ich keiner von denen bin. Und sollte ich beim Vorstellungsgespräch erkennen, dass mir jemand gegenüber sitz, welcher allerdings sehr wohl zu denen gehört, dann wollte ich eben auch auf den Job verzichten. Sofern ich mir dies eben leisten könnte. Aber noch hatte ich genug Zeit, um mir eine neue Stelle zu suchen, bevor ich Anfang des nächsten Jahres, sollte ich bis dahin keine neue Stelle haben, wieder in finanzielle Probleme gerate.
Nun hatte ich bei diesem Vorstellungsgespräch ausschließlich die mir bisher bekannte Personalverantwortliche als Gesprächspartner. Aber auch dies beunruhigte mich noch nicht weiter. Denn dies hatte ich doch zuvor schon bei diesem Immobilienentwicklungsunternehmen miterlebt, dass eben zuerst ein erstes Gespräch mit einem Personalverantwortlichen geführt wird und, sollte dieses Gespräch positiv verlaufen, es dann mit den Verantwortlichen der zu besetzenden Stelle ein weiteres Gespräch zu führen ist.
Daher begann ich über meinen bisherigen beruflichen Werdegang zu sprechen. Brachte stets an, woran meine Zugehörigkeit in den bisherigen Unternehmen, gerade seit 2003 gescheitert waren. Vieles, eigentlich beinahe alles auf meine Zeit bei VA Tech zurückzuführen ist, ich dies nun aber endlich hinter mir lassen möchte und daher eine neue Stelle suche, bei welcher ich mit solchen „Spielchen“ und dergleichen nicht weiter belastet werde. Worauf auch meine Gesprächspartnerin auch überhaupt nicht beeindruckt zu sein schien.
Aber als ich alles angebracht hatte, was ich bei diesem Vorstellungsgespräch anbringen wollte, begann diese Personalverantwortliche mit ihrem für mein Verständnis russischen, jedenfalls slavischen Namen, mit ihrem gebrochenen und kaum verständlichen Deutsch über die Stelle zu berichten. Wobei ich bei der Stellenbeschreibung noch ganz bei ihr war. Denn dies entsprach genau dem, was ich mir von dieser Stelle im internationalen, jedoch vornehmlich osteuropäischen Ausland, vorgestellt hatte. Das entsprach auch genau dem, was ich als neue Stelle haben wollte. Wobei ich anfangs vornehmlich in Rumänien tätig sein sollte.
Doch dann meinte diese Frau, und ich traute meinen Sinnen nicht als ich es hörte, dafür sollte ich einen rumänischen Vertrag erhalten! Worauf ich etwas erstaunt nachgefragt hatte, ob ich dies auch richtig verstanden hatte. Denn ich sah auch keine Begründung dafür, weshalb man für solch eine Tätigkeit einen rumänischen Vertrag erhalten müsste. Kannte ich doch mittlerweile einige, welche eben genau so eine Tätigkeit ausüben, welche allerdings einen üblichen Dienstvertrag in Österreich haben. Das schlimmste, was ich mir vorstellen konnte, war, dass man eben, wie es von einigen Unternehmen angewandt wurde, für zehn Tage ins Ausland fährt, dort seiner Tätigkeit beim Projekt vor Ort nachgeht, und danach den Rest der zwei Wochen wieder zurück in Österreich ist, um danach wieder für zehn Tage ins Ausland zu fahren. Aber dafür einen ausländischen, gar einen rumänischen Vertrag zu erhalten, das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Wobei ich dabei Rumänien gar nicht abwertend betrachtet haben möchte. Doch wer nimmt schon einen Arbeitsvertrag an, der vielleicht auch noch in einer Sprache verfasst ist, die er nicht einmal versteht!
Zudem sollte der Arbeitsvertrag auch jeweils nur für ein einzelnes Projekt abgeschlossen werden! Da wurde ich gleich noch hellhöriger. Denn dies war es ja, was ich gerade eben gar nicht mehr haben wolle, sondern eben einen Vertrag mit einer neuen Stelle, mit welcher ich günstigsten Falls sogar in Pension gehen könnte.
Aber all mein Nachfragen zu den Vorstellungen dazu des potenziellen neuen Arbeitgebers wurden von ihr lediglich mit einem Lächeln beantwortet. Was mich noch viel mehr darüber erschrecken ließ, was ich da nun zu hören bekommen hatte.
Zuletzt fragte ich diese Dame noch, was denn geschehen würde, wenn das Projekt, für welches ich nun, sollte ich die Stelle annehmen, fertiggestellt wäre. Worauf sie ebenso lächelnd wie zu allem zuvor meinte, dann würde ich eben, sollte ich weiter bei diesem Unternehmen beschäftigt werden, eben für ein neues Projekt einen neuen Vertrag erhalten. Und sollte dieses Projekt dann eben in zum Beispiel Weißrussland liegen, dann würde ich eben dort einen neuen Vertrag erhalten. Worauf ich sie mittlerweile ganz ungläubig fragte, ob es sich dann dabei vielleicht auch um einen weißrussischen Vertrag handeln würde, was sie mir dann mit noch größerem „Lächeln“ bestätigte.
Worauf ich sie zuletzt glatt noch fragte, ob sie tatsächlich davon ausgehen würde, für diese Stelle einen Österreicher gewinnen zu können! Doch dazu meinte sie dann auch noch voll überzeugt, ich werde sehen, dass sich dafür sehr wohl auch Österreicher sich um solch eine Stelle reißen würden. Gerade Österreicher, wie sie meinte.
Aber dazu erzählte ich ihr von diesem Beispiel des „neuen Bauleiters“ bei einem meiner letzten Projekte, dem CLP nahe Bukarest, bei diesem Immobilienentwicklungsunternehmen. Als dafür ein Rumäne, welcher allerdings schon einige Jahre in Österreich tätig war, eingestellt werden konnte. Aber jemand anderer, ein Österreicher, würde niemals so eine Stelle mit einem ausländischen Vertrag in einem Land wie Rumänien oder gar Weißrussland annehmen!
Das Gespräch war dann einfach zu Ende. Denn ich konnte es gar nicht glauben, was ich da nun zu hören bekommen hatte.
Ich hatte mich richtig über dieses Gespräch geärgert. Vor allem darüber, dass mich diese Personalverantwortliche dafür überhaupt eingeladen hatte. Denn hätte sie dies auch nur ansatzweise bei meinem Telefonat letzte Woche erwähnt, hätte ich sofort abgesagt. Zudem war davor in der Stellenausschreibung überhaupt nichts zu lesen! Überhaupt nichts! Und dann so etwas?
Diese Bewerbung, gerade dieses Vorstellungsgespräch, war auch der Grund dafür, weshalb ich mir von nun an angewohnt hatte, auch die Stellenausschreibungen, worauf ich mich beworben hatte, stets auf meinem Rechner abzuspeichern! Denn ich konnte es einfach nicht fassen, mit welchen Vorstellungen mich diese Personalverantwortliche von diesem Bauunternehmen an diesem Tag konfrontierte!
Da ich nun schon mal ich Wien war, nutzte ich die Gelegenheit, um am Abend meine übliche Lokale in der Wiener Innenstadt aufzusuchen. Dort musste ich wieder etwas feststellen was mir zwar in der Vergangenheit schon öfters aufgefallen war. Aber nun richtig heftig wurde. Jedes Mal nach so einem Verlauf einer meiner Bewerbungen wurde danach abends in diesen Lokalen richtig gefeiert. Und das auch noch mit direktem Bezug auf meine Bewerbung!
Für mich war dies einfach nur ein Haufen von Verrückter!
(2021-11-23)