Wien, Dienstag, der 4. November 2008:
Ich hatte es längst vergessen, dass ich nun für einen Monat keinen Führerschein haben werde. Denn wirklich gebraucht hatte ich ihn ohnedies nicht. War ich doch nun ohnedies nur mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Da ich beruflich selbst kein Fahrzeug benötigte und an Wochenenden zurück nach Salzburg zu fahren, da hatte sich für mich mittlerweile zudem herausgestellt, dies ist mit der Bahn viel angenehmer.
Doch kaum saß ich in der Arbeit an meinem Arbeitsplatz, hörte ich, als Peter M., unser oberster Chef und CTO des Unternehmens, in die Arbeit kam – er kam, wenn er in Wien im Büro war, meist erst nach neun Uhr in die Arbeit – und, bevor er noch irgendetwas anderes sagte, zu den beiden Sekretärinnen von ihm und Harald Sch. meinte,
„stellt Euch vor, jetzt hat der seinen Führerschein einfach an die Polizei geschickt, um ihn dort zu hinterlegen, damit er das nicht eintragen lassen muss! – Dann hat er auch das erledigt, ohne dass sie ihn deshalb immer etwas anhaben können!“
In den Büros dort herrschte daraufhin etwas Heiterkeit darüber.
Peter M. hatte sein Büro auch nur wenige Türen von meinem Büro entfernt. Und in diesem Gebäude war ohnedies alles zu hören, was auch nur in irgendeinem Büro mit halbwegs normaler Lautstärke gesprochen wurde …
Einige Zeit später ging Peter M. auch noch eine Runde durch das Büro, wobei er auch an meinem Arbeitsplatz vorbei gekommen war und mich skeptisch anblickte, als wollte er sehen, wie ich nun auf ihn reagieren würde. Musste er doch wissen, dass ich gehört hatte, was er zu erzählen hatte, als er ins Büro gekommen war.
Ich dachte mir, ich höre nicht recht. Denn mehr als mein am Sonntagnachmittag vorbereitetes Schreiben, zusammen mit dem Führerschein, in ein Kuvert zu geben und dies danach zur Post zu bringen, hatte ich tags zuvor nicht getan. Aber dies hatte sich binnen weniger Stunden bereits bis zu unseren obersten Chef, dem CTO dieses Immobilienentwicklungsunternehmens, herumgesprochen. Das Schreiben hatte zudem niemand außer der Mitarbeitern am Schalter der Postfiliale zu sehen bekommen. Danach verschwand dieses Schreiben in einer Kunststoff Kiste mit vielen anderen Schreiben. Erzählt hatte ich davon auch niemand. Aber trotzdem war diese Inforation bereits bei Peter M. angekommen. – Aber dies war nun bereits wieder eine ganze Woche lang her! Zudem war Peter M. die ganze letzte Woche von Dienstag bis Freitag in St. Petersburg. Also, entweder hat er dies bereits letzte Woche, bevor er nach Russland flog, erfahren und hatte dies die ganze Woche lang in seinem Kopf gehabt, oder er erfuhr es dieses Wochenende. Und meinte nun, dies sofort lauthals, als er das Büro betrat, hinauszuposaunen!
Wobei, wirklich überrascht hatte mich das gar nicht mehr. Denn es war mir schon bei Bewerbungen, welche ich klassisch mit einer Bewerbungsmappe per Post versendet hatte, damit „sie“ nicht schon wissen, wo ich mich nun beworben hatte, bevor diese in der Personalabteilung des Unternehmens eingegangen ist, aufgefallen, es reicht, wenn ich den Brief dann persönlich bei der Post in Salzburg abgegeben hatte, um Gleiches zu erleben. Eigentlich gäbe es so etwas wie ein Briefgeheimnis. Aber das schien sie nicht weiter zu kümmern!
(2021-08-22)