Linz, Dienstag, der 9. September 2008:
Wieder einmal saßen wir schon am Dienstag in Linz auf der Baustelle dieses Hotelprojektes und schlugen, mehr oder weniger, die Zeit tot, denn die Baubesprechungen fanden nun mittwochs statt. Auch die interne Besprechung, wenn sie stattfand, wurde vor der Baubesprechung am Mittwoch früh von Markus L. abgehalten. Sie fand deshalb nur sporadisch statt, denn kaum hatte Markus L, dafür einen fixen Termin für jeden Mittwoch um acht Uhr angesetzt, wurde bekannt, dass unser zweiter Kollege aus der Bautechnik, Herr S., mit Ende September das Unternehmen verlassen wird.
So waren wir auch an diesem Dienstag wieder ab halb neun Uhr auf der Baustelle, ohne einer wirklichen Anlass dafür. Wobei ich meist an meinem Rechner am Besprechungstisch im Container saß, mein Kollege Stjepan M. jedoch, kaum waren wir auf der Baustelle, auch dort verschwand und stundenlang nicht mehr gesehen war. Wobei er allerdings doch auf der Baustelle war und sich nicht irgendwo anders umhertrieb. Denn gelegentlich war er doch auch auf der Baustelle anzutreffen. Dann meist mit einem der Mitarbeiter des Haustechnikunternehmens, welches mittlerweile voll mit ihren Arbeiten vor Ort begonnen hatte.
Als ich am frühen Nachmittag nach der Mittagspause wieder an meinem Platz im Besprechungscontainer saß, kam plötzlich mein Kollege Simon W. von der Bautechnik zu mir und fragte mich, ob ich nicht schnell mit ihm zu seinem Arbeitsplatz in deren Container, gleich nebenan, mitkommen könnte, denn er hätte eine Frage bezüglich der Trafostation an mich, welche er anhand der Pläne, die er bereits auf seinem Arbeitsplatz ausgebreitet hätte, klären möchte.
So ging ich gleich mit ihm mit, denn Trafostation, das betraf mich, und dachte mir, dies wäre schnell geklärt. Doch kaum folgte ich Simon W. zu seinem Arbeitsplatz in deren Container meinte er, wie denn die Entwässerung der Trafostation geplant wäre, schließlich handle es sich dabei um eine unterirdische Station, welche allerdings mit einem Gitterrostboden nach oben geschlossen wäre, der allerdings somit auch nicht dicht wäre. Weshalb dort auch bei Regen Wasser eintreten würde, welches dann allerdings auch wieder aus der Station entwässert werden müsse. Jedoch hätte ihn der Polier des Bauunternehmens darauf aufmerksam gemacht, dass bei dieser Entwässerung etwas nicht stimmen könnte, war doch zwar ein Abfluss vorhanden, doch dafür kein Anschluss an die Hebeanlage vorgesehen, sich die Ebene der Trafostation jedoch unterhalb der Rückstauebene befinden. Daher schien es so, als wäre hier die Planung offenbar nicht vollständig. Oder es bedarf einer Klärung, wie die Entwässerung für diese Trafostation geplant wäre.
Nun sah ich Simon W. erst etwas verwirrt an, denn weshalb kam er nun mit solch einer Frage auf mich zu. Denn dafür wäre doch eigentlich Stjepan M. zuständig. Doch Simon W. meinte, er hätte Stjepan M. deshalb schon einige Male angesprochen, da dieses Problem schon länger bekannt wäre, dabei allerdings noch nie eine befriedigende Antwort erhalten. Das Bauunternehmen würde nun aber auf eine rasche Klärung drängen, denn dieses wäre nun, da der Rohbau fertiggestellt war, nicht mehr lange auf der Baustelle und, sollten dafür noch Arbeiten erforderlich sein, dann müsste das Bauunternehmen dafür rasch Bescheid bekommen. Denn, wenn das Bauunternehmen von der Baustelle abgezogen ist, dafür allerdings noch einmal kommen müsste, dann wäre dies auch mit erheblichen Mehrkosten verbunden, welche jetzt allerdings noch zu verhindern wären.
Auch ich hatte schon länger von diesem Problem zu hören bekommen. Jedoch wurde es von Stjepan M. noch nie zu einem Thema bei der Bau Besprechung erklärt. Weshalb auch ich mich diesbezüglich ruhig verhielt. Wollte ich mir nicht schon wieder Arbeit selbst aufhalsen, welche gar nicht in meinen Aufgabenbereich liegt. Direkt an Stjepan M. wollte ich nun meinen Kollegen auch nicht verweisen. Daher drückte ich dabei etwas herum, als ich mich dabei heraushalten wollte. Doch Simon W. drückte ebenfalls um den Brei herum. Wollte mich daraus nicht entlassen und meinte, von Stjepan M. würde er dazu nur Aussagen erhalten, wie, dazu müsste man das ausführende Unternehmen im Bereich der Haustechnik fragen. Dies hätte dafür sicher eine Lösung. Und dies schon mehrmals. Wobei der zweite Kollege der Bautechnik dem Gespräch aufmerksam folgte, auch wenn es ihn, gut sichtbar, schon gar nicht mehr berührte.
Allerdings schmunzelten beide dabei äußerst auffällig. Wobei mir schon klar war, weshalb beide dazu schmunzelten. Denn, egal worum es ging, richtete man an Stjepan M. eine Frage in Bezug auf eine der haustechnischen Anlagen, dann erhielt man die Antwort, dazu müsste man, ich kann das Unternehmen ja auch nennen, denn es hatte meist wirklich eine gute Lösung für Probleme, Firma Pischulti fragen. Daher schmunzelte auch ich immer mehr, je länge wir über dieses Thema nun in deren Container sprachen. Jedoch wollte ich mich trotzdem nicht in diese Angelegenheit einmischen und meinte zuletzt, wir sollten doch warten, bis Stjepan M. wieder von der Baustelle zurück kommen würde und ihn dann dazu befragen.
Es dauerte auch nicht lange, während wir noch zusammen saßen und auch über die Zukunft von Herrn S. sprachen, da stapfte Stjepan M., wieder einmal, von der Baustelle zurück zum Besprechungscontainer, in welchem seine Sachen lagen, kramte wichtig in seinen Unterlagen herum und wollte gleich wieder zurück auf die Baustelle verschwinden. Doch Simon W. fing ihn am Weg zurück auf die Baustelle ab und holte ihn in seinen Container, um ihm nun auf das Problem mit der Entwässerung der Trafostation ansprechen. Schließlich hätte er ihn schon mehrmals darauf angesprochen, nun würde allerdings die Baufirma auf eine abschließende Klärung drängen. Weshalb wir nun umgehend darüber sprechen müssten und er deshalb anderes zurückstellen müsste, bis dies geklärt wäre.
Doch Simon W. hatte ihm nur kurz das Problem erklärt, da meinte Stjepan M.,
„weiß nicht! Muss ma Pischulti fragen!“
Nun hatten alle im Container schon auf diese Antwort gewartet und das vorherige schmunzeln über die erwartete Antwort darauf entlud sich plötzlich in lautstarkes Gelächter aller. Wir konnten uns vor Lachen kaum mehr auf den Stühlen halten. Denn egal welche Frage man Stjepan M. bezüglich der haustechnischen Anlagen stellte, es kam immer wieder diese eine Antwort, man müsste dazu Firma Pischulti fragen.
Doch so lustig diese immer gleiche und auch zu erwartende Antwort von Stjepan M. auch war, sie nervte doch ziemlich. Und, wie es schien, nicht nur mich, sondern auch die beiden Kollegen von der Bautechnik. Denn beide erzählten mir nun von ihren Sorgen, welche sie mit Stjepan M. schon hatten. Denn dies war nicht das erste Problem, welches im Bereich der Haustechnik zu Tage trat. Wobei bisher solche Probleme meist vom Bauunternehmen abgefangen wurden. Denn hier waren erfahrene Leute am Werk. Jedoch nun würde das Bauunternehmen, eigentlich die Bauunternehmen, zusammengefasst in einer ARGE, die Baustelle verlassen. Daher wären beide, vor allem Simon W., froh darüber, dass auch ich mich im Bereich der Haustechnik einbringe, auch wenn dies nicht zu meinem Aufgabenbereich zählte, denn mit Stjepan M. würde dies sonst nichts werden. Was ich zudem nun auch noch ausweiten soll, anders ginge es nicht.
So erzählten mir beide auch, wie froh sie waren, als ich Mitte Juli die Leitung der Haustechnik Baubesprechungen übernommen hatte. Denn die Tatenlosigkeit von Stjepan M., welcher dann die schulungshaften Ausführungen des Mitarbeiters des Haustechnik Unternehmens folgten, waren nicht mehr auszuhalten. Fast schon demütigend – für einen Mitarbeiter des Aufraggebers, der auch die Bauleitung vor Ort durchführte.
Allerdings auch sonst hatten die beiden ihre Mühen mit Stjepan M., nicht nur in Belangen der Arbeit auf der Baustelle. Worauf wir in ein intensives Gespräch darüber kamen. Denn nun schilderte auch ich meine Probleme mit ihm. Wobei mir allerdings erklärt wurde, dies wäre auch schon Markus L. aufgefallen. Ihm dies jedoch überhaupt nicht gefallen würde, wenn ich Stjepan M. derart links liegen lassen würde. Gerade dann, wenn ich abends in Linz einfach, ohne ihn zu fragen, aus dem Hotel verschwinden würde, um noch auf ein paar Biere zu gehen. Aber dies war auch mir schon aufgefallen. Weshalb ich nun vorsichtig von einigen Erlebnissen mit Stjepan M. zu sprechen begann. Nur um ihnen zu erklären, dass ich selbst überhaupt nichts gegen ihn hätte. Es mit ihm allerdings derart mühsam wäre, sodass ich mich auch nicht dazu zwingen lassen würde, mich abseits der Arbeit mit Stjepan M. zu beschäftigen. Dazu musste ich auch nur meinen ersten Abend in Linz erzählen, als ich noch mit ihm auf der Terrasse des Lokals nebenan saß und ganze gut zwei Stunden lang nicht wusste, was ich mit ihm anfangen sollte.
Dass es auch zu Spannungen zwischen mir und Markus L., unserem Chef in Linz, bezüglich meines Verhaltens gegenüber Stjepan M. gekommen war, wusste ich längst selbst. Hatte ich ihn doch schon dabei erwischt, wie er sich darüber bei ihm beschwert hatte. Doch nun wollte ich diese Gelegenheit auch nützen, um meine Sorgen über dieses Projekt in Linz loszuwerden, um diese Spannungen dadurch vielleicht etwas zu entschärfen. Daher erklärte ich den beiden Kollegen der Bautechnik, dass mir die Verlegung der Haustechnik Baubesprechung auf Mittwoch, zehn Uhr, gar nicht ins Konzept passte. Hatte ich doch noch ein weiteres Projekt zu bearbeiten – diesen Logistik Park in Bukarest. Das CLP. Bei welchem nun offenbar jeden Donnerstag, auch um zehn Uhr, Baubesprechungen stattfinden werden. Ich allerdings meist bis Mittwoch nachmittags nicht wüsste, ob ich nicht am folgenden Tag daran teilnehmen müsste. Welches dann in diesem Falle zur Folge hätte, dass ich an Mittwochabenden meist erst um 20 Uhr zu Hause ankommen würde. Am folgenden Tag, wenn um 10 Uhr in Bukarest Baubesprechung wäre, dort bereits um 8 Uhr morgens landen müsste, wegen der einen Stunde Zeitverschiebung, daher spätestens mit einem Flug kurz vor 7 Uhr morgens in Wien abfliegen, allerdings bereits eine Stunde vor Abflug, also vor 6 Uhr morgens in Schwechat sein müsste, was zur Folge hätte, dass ich an diesem Tag spätestens um halb 6 Uhr losfahren und somit schon vor 5 Uhr morgens wieder aufstehen müsste. Daher hatte ich mich über diese Verschiebung der Baubesprechung hier in Linz ordentlich aufgeregt, da dies überhaupt nicht zu verstehen war. Saßen wir doch, wie an diesem Dienstag, bisher meist tatenlos auf der Baustelle.
Ich musste meinen Ärger darüber nun einfach anbringen. Vielleicht würde es jemand verstehen und dies auch Markus L. zustecken, damit er sich meinetwegen wieder etwas beruhigen würde. Doch da sahen mich beide Kollegen der Bautechnik verdutzt und fragend an. Denn schließlich soll diese Verschiebung von uns beiden, von Stjepan M. und mir gekommen sein. Doch mit mir hatte darüber niemand gesprochen. So stellte sich nun heraus, dass es Stjepan M. war, der diese Verschiebung alleine veranlasst hatte. Er lediglich die beiden Kollegen gefragt hatte, ob ihnen dies recht wäre und danach im folgenden Protokoll, jenes, welches er zuletzt geschrieben hatte, einfach den folgenden Termin auf Mittwoch, 10 Uhr, angesetzt hatte.
Nun war es endgültig aus, zwischen mir und Stjepan M. Denn dies hätte er nicht tun sollen. Hatte er doch stets mitbekommen, welche zusätzliche Umstände dies für mich bedeutete. Er wollte ohnedies von diesem zweiten Projekt in Bukarest abgezogen werden und nur mehr für dieses Projekt in Linz tätig sein, denn dort verstand er sich so gut wie mit niemanden. Aber dafür hätte er sich auch nach Linz versetzen lassen können. Ich jedoch, auch wenn mir längst klar war, dass ich mit Sicherheit nicht lange in diesem Unternehmen werde bleiben können, wollte hier wenigstens etwas Erfahrung bei einem Projekt im Ausland sammeln.
(2021-09-17)