Bukarest, Donnerstag, der 24. Juli 2008:
Zwei Tage sollte ich nun in Bukarest verbringen, um mit dem dort zuständigen Elektrounternehmen die Versorgung der Druckerei im CLP zu klären. Dafür hatte ich der Projektleiter Daniel H. im Büro am Vortag noch ausgiebig mit Informationen versorgt. Aber nicht nur am Tag zuvor, sondern schon die gesamte Zeit zuvor. Denn das gesamte Projekt dieser Druckerei hing von der noch offenen Versorgung mit elektrischer Energie, die eben bei so einer Druckerei nicht gerade gering ist, ganze 4.834 kVA hatte ich dafür als Leistungsbedarf errechnet, ab. Jedoch das Versorgungsnetz war in Chitila, an der Stadtgrenze von Bukarest, noch lange nicht so weit ausgebaut, um die Versorgung zu gewährleisten.
Jedoch sollte diesen Termin ich alleine wahrnehmen, ohne meinen Kollegen Stjepan M., der zuvor auch die Elektrotechnik bei diesem Projekt mit betreut hatte. Allerdings hatte ich den Eindruck, es war längst jedem aufgefallen, dass mein Kollege von der Elektrotechnik so gut wie überhaupt keine Ahnung hatte. Denn seine Vorschläge, welche er auch noch offen vorgestellt hatte, auch dem Energieversorgungsunternehmen, waren mehr als abenteuerlich. Deshalb schien es, für mich zumindest, als sollte ich diesen Termin nun alleine wahrnehmen, da sonst mit meinem Kollegen Stjepan M. kein Weiterkommen mehr gegeben war.
So bestellte ich mir noch am Vortag für heute halb sechs Uhr in der Früh ein Flughafentaxi, welches mich nach Schwechat bringen sollte, damit ich rechtzeitig meinen Flug um 7:15 Uhr nach Bukarest erreiche. Am Flughafen in Bukarest würde mich danach mein dortiger Kollege Tudor D. vom Flughafen abholen. Ich hatte ihn zwar zuvor noch nie gesehen, lediglich einmal telefoniert, aber wenigstens hatte ich dessen Mobiltelefonnummer, damit ich ihn am Flughafen auch sicher treffen würde.
Die Anreise nach Bukarest in das dortige Büro hatte auch einwandfrei funktioniert. Doch was noch fehlte war ein Termin mit dem Elektrounternehmen, welches das dortige Energieversorgungsunternehmen repräsentiert. Was nichts anderes hieß als, irgendwann in den nun folgenden zwei Tagen sollte der Termin stattfinden, aber wann, das war noch völlig offen. Allerdings hätte es auch noch sein können, dass der Termin erst gar nicht zustande kommen würde, da dieses Unternehmen, wie mir Tudor D. erklärte, etwas irritiert über die bisherigen Vorschläge meines Kollegen in Wien Stjepan M. war. Besonders der Chef dieses Unternehmens sei wohl schon so weit gekommen, dass er mit Stjepan M. nicht mehr sprechen möchte. Worüber ich etwas schmunzeln musste, denn dessen Vorschläge waren tatsächlich mehr als abenteuerlich. Aber auch sonst schien Stjepan M. bisher nicht gerade den besten Eindruck bei den Projektbeteiligten hinterlassen zu haben. Weshalb es für mich immer klarer wurde, warum ich nun alleine nach Bukarest geschickt wurde.
Da es allerdings noch keinen Termin für die Besprechung mit dem Energieversorger gab, noch nicht einmal klar war, ob es diesen Termin auch innerhalb der nächsten beiden Tage überhaupt geben würde, war ich nun mehr oder weniger ein Anhängsel meines Kollegen in Bukarest, mit dem ich den Rest des Tages verbringen sollte. Einen Tag, der einfach nicht zu Ende gehen wollte. Denn ab Mittag brummte mir nur mehr der Kopf. Wobei es zwar den Anschein hatte, dass mein Kollege in Bukarest zwar ein äußerst angenehmer Zeitgenosse zu sein schien, mich überall mit nahm, mir alles erklärte, mir auch die Stadt zeigte, aber dieses Englisch, welches hier gesprochen wurde, damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Kollege, aber nicht nur mein Kollege, sondern auch alle anderen mit welchen ich nun zu tun bekam, hatten zwar einen unvorstellbaren Wortschatz, doch sie zu verstehen, dass fiel mir von Stunde zu Stunde immer schwieriger. So etwas hatte ich bisher nicht erlebt. Bisher war ich es gewohnt, mit Engländern, Amerikanern, oder Leuten aus anderen Gegenden der Welt Englisch zu sprechen, meist wenn ich jemanden irgendwo kennengelernt hatte, aber diese Leuten sprachen auch wirklich Englisch. Aber dies hier schien mit eine Aneinanderreihung von Wörtern in Englisch, wobei allerdings einfach die Muttersprache Wort für Wort, aber mit einem beinahe unvorstellbaren Wortschatz, ins Englische übersetzt werden. Weshalb es mir von Stunde zu Stunde immer schwerer fiel, ihnen zu folgen, was letztendlich bei mir in einen richtigen Brummschädel endete. Ich mir schon dachte, diese beiden Tage werde ich wohl kaum überstehen, ohne meinem Kollegen zu sagen, es täte mir sehr leid, aber ich kann ihnen einfach nicht folgen, ich verstehe sie einfach nicht.
Dann wollte mein Kollege Tudor D. auch noch am späten Nachmittag, gegen 6 Uhr, auch noch auf die Baustelle fahren. Einen wirklichen Termin dort hatte er zwar nicht, aber er wollte die Gelegenheit nützen, um mir auch noch diese gleich am ersten Tag zu zeigen. Diese war damals noch eine riesige Baustelle. Wobei erst einmal die hälfte der Halle im Rohbau erstellt war, Jedoch im vordersten Bereich der Halle bereits ein Mieter, ein Pharmazieunternehmen, eingemietet war. Und ein weiterer Mieter gerade dabei war, den bereits fertiggestellten Rohbau für sich auszubauen.
Doch dabei war gerade ein englisches Unternehmen tätig, welches ein Notstromaggregat installierte, da die Netzversorgung noch nicht besonders stabil war. Und man kann sich nicht vorstellen, wie froh ich war, endlich auch wieder ein richtiges Englisch zu hören. Aber dabei fiel mir auf, dass ich wohl kaum der Einzige bin, dem es hier mit der Art Englisch zu sprechen, nicht gerade leicht fällt, das auch zu verstehen. Denn die Monteure dieses Unternehmens aus England hatten sehr schnell Wind davon bekommen, dass nun ein neuer Mann auf der Baustelle sei, welcher für die Versorgung des gesamten Areals mit elektrischer Energie nun zuständig sei, und eilten zu den Containern des Generalunternehmers, um zu hören, worum es nun bei unserem Baustellenbesuch ginge. Wobei es den englischen Monteuren auch deutlich anzumerken war, wie froh sie sind, sich nun auch wieder einmal mit jemanden unterhalten zu können, welcher, zumindest halbwegs, denn mehr als meine Englisch Sprachkenntnisse aus der Schule, gepaart mit meiner Spruchpraxis, welche ich durch meine englischsprachigen Bekanntschaften hatte, auch wirklich etwas Englisch spricht. Als ich dem Obermonteur dieses Unternehmens, als er mich etwas zur Seite mitnahm, erklärte, längst einen richtigen Brummschädel nach diesem, meinem ersten Tag in Bukarest, zu haben, lachte er nur und meinte, in den ersten Wochen wäre es ihm ähnlich gegangen. Aber man würde sich mit der Zeit daran gewöhnen. Es wäre, als würde man zu Hause mit einem Ausländer sprechen, der eben der Sprache noch nicht besonders mächtig wäre. Dies war auch meine Rettung. Denn ich dachte schon, das überstehe ich niemals.
Erst gegen zehn Uhr abends kam ich dann in mein Hotel, in welchem mir Susanna P. ein Zimmer reserviert hatte. Aber dort ging es in gleicher Weise weiter. Zuerst dachte ich mir, ich esse noch schnell eine Kleinigkeit und danach stelle ich mich an die Hotelbar, Dort werden mit Sicherheit einige andere Ausländer zu finden sein, welche geschäftlich in Bukarest zu tun hätten, mich welchen ich mich etwas unterhalten könnte, damit ich mich wieder etwas fange. Doch dort stand ich danach lediglich alleine. Denn es waren zwar viele ausländische Gäste in diesem Hotel. Doch diese saßen alle für sich, meist alleine, an ihren Tischen, aßen dort etwas, tranken danach auch noch etwas, doch dann verschwanden sie einem nach dem anderen in ihren Zimmern. Weshalb mir nun auch hier nichts anderes übrig blieb, als mich mit dem Hotelpersonal zu unterhalten. – Und dies verlief wie schon beinahe der ganze Tag. Ich hätte beinahe verzweifelt.
(2021-08-16)