Wien, Dienstag, der 26. Juni 2007:
Seitdem ich meine Angebotskalkulation für diese Psychiatrie im Krankenhaus Baden erstellt hatte, habe ich stets aufmerksam den weiteren Verlauf bezüglich dieses Angebotes verfolgt. Stets in der Hoffnung, dieser Auftrag würde an mir vorbei gehen. Denn Manfred K., unser Abteilungsleiter und Key Account Manager, wie es auf seiner Visitenkarte groß zu lesen stand, hatte sich in den vergangenen Wochen immer wieder um einen Subauftragnehmern für die gesamten Leistungen bemüht. Dabei allerdings stets nur Absagen erhalten.
Beinahe entsetzt war ich, als er an diesem Morgen ins Büro gekommen war und verkündete, der Auftrag für die Leistungen im Bereich der Elektrotechnik für dieses Bauvorhaben wäre nun an uns erteilt worden. Es war geschehen, was ich befürchtet hatte. Denn nun begann erst recht ein hektisches Suchen nach einem möglichen Subauftragnehmer für die gesamten Leistungen. Hatte doch dieses Unternehmen einfach nicht das dafür notwendige Montagepersonal. Hätte ich, wie es eigentlich sein sollte, eine Machbarkeitsanalyse vor der Angebotskalkulation erstellt, dann hätte ich dieses Angebot erst gar nicht ausarbeiten dürfen. Allerdings stellte sich die Frage danach in diesem Unternehmen erst gar nicht. Sonst hätte ich meinem Chef, nach nicht einmal zweimonatiger Dienstzeit in diesem Unternehmen sagen müssen, alles schön und gut, aber mit den vorhandenen Ressourcen in diesem Unternehmen wäre die Ausführung dieses Projektes nicht möglich. Zudem ging ich auch davon aus, unser Key Account Manager Manfred K. würde doch sicher in seiner langjährigen Erfahrung jemanden in einem Unternehmen kennen, welcher diese Leistungen nun für „SAG“ ausführen könnte. Doch dies war scheinbar nicht der Fall.
Dazu kam noch, am Vormittag rief mich der langbärtige Monteur vom „FMZ“ an, gab mir etwas Material durch, welches ich für die Baustelle, ergänzend zum am Vortag Besprochenen durch und teilte mir dabei nebenbei mit, der Obermonteur, welcher danach auch diese Psychiatrie betreuen sollte, wäre wieder einmal nach unserer gestrigen, etwas länger dauernden „Projektbesprechung“ ausgefallen und heute nicht zum Dienst erschienen. Wobei ich mir mittlerweile auch selbst Vorwürfe machte, weil ich eben selbst immer wieder diese „Projektbesprechungen“ führe, welche danach etwas länger dauern und danach am Folgetag der Obermonteur Franz M. ausfällt. Dabei saßen wir wieder einmal bis beinahe 11 Uhr in einem der Lokale im Nebengebäude unserer Baustelle im „FMZ“, ich abwechselnd Kaffee und Mineralwasser trank, bis ich keinen Kaffee und kein Mineralwasser mehr sehen konnte, er allerdings dabei ein Bier nach dem anderen, bis ich ihn dann schlussendlich mit meinem Auto auf der Heimfahrt mitgenommen hatte, ihn an der U-Bahn-Station Alterlaa aussteigen ließ, da er danach mit der U6 nur mehr bis zur Stadthalle fahren musste. Doch dann schien er wieder auf den letzten Metern zu ihm nach Hause, er wohnte im 16. Wiener Gemeindebezirk, in Ottakring, diverse Lokale, welche sich dort vermehrt befinden, besuchte und danach erst recht in den frühen Morgenstunden bei ihm daheim angekommen sein dürfte. Aber dazu beruhigte mich der bärtige Monteur. Denn er meinte, es wäre sogar so besser. Sonst würde Franz M. selbst und alleine umherziehen. Beginnend mit Arbeitsende am Nachmitttag, wenn er sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg nach Hause begibt, denn Führerschein hatte Franz M. keinen, oder keinen mehr, bis in die frühen Morgenstunden, bis er dann endlich zu Hause angekommen wäre. Wenn er sich wenigstens dann melden würde. Aber er erschien einfach nicht zur Arbeit. Wie schon dessen Kollege, der zweite Monteur aus dem Burgenland. Diesmal erzählte ich dies aber auch Franz K., denn auch er sollte wissen, wie „sein“ Obermonteur tickt. Doch auch dies kümmerte ihn nicht weiter. Auch von Franz M. schien er dies längst gewohnt zu sein und meinte dazu,
„der geht auch mit dem Mond!“
Wobei ich mittlerweile zur Ansicht kam, es hier mit beinahe ausschließlich Leuten zu tun zu haben, welche mit ihrem eigenen Leben nicht klarkommen und dann, nach diversen Ausfällen und Entgleisungen anderen allerdings dafür die Schuld geben. Aber eine Alternative zu ihm gab es in diesem Unternehmen nicht. Wobei gerade Franz K., unser Gruppenleiter, auch solche „Mondphasen zu haben schien, an welchen er dabei besonders aggressiv agierte.
Mittlerweile fiel Franz M. das dritte Mal in nicht einmal zwei Monaten, in welchen ich nun in diesem Unternehmen tätig war, nach einer unserer „Projektbesprechungen“ am folgenden Arbeitstag aus. Das konnte bei diesem Projekt der Psychiatrie in Baden etwas werden, wenn er auch dort als Obermonteur fungieren soll. Ich hatte richtig bedenken, ob dies gutgehen könne.
Um die Hektik nach der Suche nach einem Subauftragnehmer ab diesem Tag etwas zu entspannen, erklärte ich zu Manfred K., als er am Nachmittag kurz bei mir am Arbeitsplatz war und ich beinahe alleine, jedenfalls ohne der Anwesenheit von Franz K. im Büro saß, wenn nun dieses Angebot tatsächlich zu einem Auftrag geführt hatte, dann konnte es kaum einen Mitbewerber bei diesem Angebotsverfahren geben, hatte ich doch die Angebotskalkulation so hoch angesetzt, sodass es unter halbwegs normalen Umständen zu einem positiven Auftragsergebnis kommen muss. Wobei ich ihn dabei auch noch mit einem Augenzwinkern fragte, ob nur ja nicht zu viel Nachlass bei der Auftragsverhandlung gegeben wurde, denn mehr als 10% hatte ich dafür in der Kalkulation nicht eingerechnet. Dies noch immer in der Hoffnung, er würde doch ein Unternehmen kennen, welches für einen „guten Preis“ doch noch die gesamten Leistungen übernehmen könnte.
Worauf er mich beinahe entsetzt ansah und meinte, es wären lediglich, so viel ich mich erinnern kann, vier Prozent gewesen. Und er weiter meinte, dies wäre auch gut, wenn ich die Kalkulation so erstellt hätte. Doch trotzdem blieb nun immer noch das Problem, einen Subauftragnehmer zu finden. Denn selbst könnten wir die Montage nicht ausführen, da dazu einfach das Montagepersonal fehlen würde.
Nun wurde mir beinahe schon schlecht bei dem Gedanken, dieses Projekt nun tatsächlich ausführen zu müssen. Denn ich konnte nicht verstehen, wie man überhaupt eine derartige Anfrage annehmen konnte, wenn es überhaupt keine Möglichkeit für die Ausführung gäbe. Aber dies schien tatsächlich der Fall gewesen zu sein! Zudem sollte ich am Tag darauf schon mit Manfred K. an der ersten Baubesprechung vor Ort teilnehmen.
(2021-04-08, 09)