Wien, Freitag, der 23. März 2007:
Wenn es eines gegeben hatte, was mich in diesem Elektrounternehmen am Wienerberg schon seit Sommer des Vorjahres ärgerte, dann war es dies, kaum hatte ich das Büro zu einem Termin, zu einem Besuch auf der Baustelle, oder dergleichen verlassen, wussten jene, zu welchen ich nun unterwegs war. Längst Bescheid darüber, dass ich am Weg war und wann ich dort ankommen würde. Kaum hatte ich meine Sachen zusammengepackt und ging aus der Bürotür hinaus, liefen die Telefone heiß, um jeden mitzuteilen, wohin ich nun unterwegs sei. Gerade unsere Sekretärin in der Abteilung zeigte sich dabei besonders aktiv. Wobei allerdings alle Beteiligten dabei so taten, als ob ich davon überhaupt nichts mitbekommen könnte, nichts davon wissen könnte. Hatte ich gelegentlich etwas vergessen und ging noch einmal kurz zurück an meinen Arbeitsplatz, dann legte unsere Sekretärin plötzlich den Telefonhörer auf und tat so, als wäre nichts weiter und sah mich lediglich verschmitzt mit einem Grinsen im Gesicht an.
Allerdings gab es in diesem Unternehmen stets viele und teilweise auch äußerst heftige Diskussionen über die sehr hohe Anzahl an Montagestunden bei diversen Baustellen. Sodass es beinahe unmöglich war, das Montagepersonal auf der Baustelle zu kontrollieren. Denn kaum kam ich auf die Baustelle, waren alle Monteure anwesend und äußerst beschäftigt, als könnte es überhaupt nichts geben und jede Diskussion über mangelnde Arbeitsbereitschaft der Monteure könne nur erdacht sein.
Doch gerade an Freitagen häuften sich Anrufe von Lieferanten, welche vom Unternehmen auf der Baustelle niemanden vorfinden würden, der das gelieferte Material entgegennehmen könnte. Zudem kamen mir auch unzählige Beschwerden von Mitarbeitern von WienGas zu Ohren, welche immer wieder für unsere Baustelle Lieferungen entgegen nehmen mussten, da vom Unternehmen niemand vor Ort war.
Wobei ich allerdings wusste, was los wäre. Jedoch dagegen nichts unternehmen konnte, da jeweils, sobald ich das Büro verlassen hatte, die Baustelle längst von meiner Ankunft dort informiert war. Gerade an Freitagen war klar, was los ist. Gab es doch in diesem Unternehmen die Regelung für Monteure, mit „kurzer“ und „langer Woche“. Wobei für einen Monteur eine „kurze Woche“ am Donnerstag abends und eine „lange Woche“ an Freitagen mittags endete. Dabei wurde wöchentlich gewechselt, sodass jeder Monteur in einer Woche eine „kurze Woche“ und in der nächsten Woche eine „lange Woche“ hatte. Zudem hatte jeweils ein Teil des Montageteams in einer Woche eine „kurze“ und das andere Team eine „lange Woche“. Dies sollte garantieren, dass die Baustelle die gesamte Woche in der regulären Arbeitszeit besetzt ist.
Obwohl mir längst klar war, was gerade an Freitagen auf der Baustelle gespielt wurde und wie es zu Anrufen von Lieferanten, die keine Abnehmer für Lieferungen auf der Baustelle fanden, und es zu den immer häufigeren Beschwerden deshalb von Mitarbeitern von WienGas kam, half es nichts den Monteuren, gerade dem Montageleiter Ferdinand Sch., dies klarzumachen und sie darauf hinzuweisen, dies zu unterlassen oder sich wenigstens dabei auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Dies wurde einfach ignoriert. Als könnte es dies gar nicht geben. Als würde man der Montage etwas unterstellen, was keinesfalls vorkommen würde.
Aber dieses einen für dumm zu verkaufen ärgerte mich dermaßen, sodass ich mir vornahm, ihnen dies einfach einmal zu zeigen. Denn gerade, wenn es zu Beschwerden deshalb kam, wurden diese ja kaum an mich gerichtet, sondern gingen direkt an meinen Vorgesetzten, oder gar an den Eigentümer des Unternehmens. Und ich musste dies danach ausbaden.
Daher erlaubte ich mir an diesem Tag einen Spaß. Und da ich ohnedies in der folgenden Woche in diesem Unternehmen kündigen wollte, war es mir auch egal, wie dieser „Spaß“ ausgehen würde.
So packte ich an diesem Vormittag wieder einmal meine Sachen zusammen, als hätte ich einen Termin außer Haus. Danach verließ ich das Büro und teilte unserer Sekretärin mit, ich müsste noch schnell zum Architekturbüro fahren, um mit ihm Details bezüglich der WEG Zentrale zu besprechen.
Kaum hatte ich meine Sachen ins Auto geladen, ging ich allerdings wieder hoch an meinen Arbeitsplatz, wobei dort längst großes Rätselraten herrschte, wohin ich denn nun unterwegs sei. Denn niemand wusste von meinem Termin und ich hatte auch nichts im Kalender eingetragen. Unsere Sekretärin war regelrecht verzweifelt, was mir nur ein Schmunzeln entlockte, als ich an ihr vorbeigehend danach wieder das Büro verlassen hatte.
Danach fuhr ich mit meinen Dienstfahrzeug in Richtung des Architekturbüros. Ließ den Wagen allerdings bei einer U-Bahn-Station stehen. Dort stieg ich in die U-Bahn ein und fuhr, mit einmal Umsteigen, zur U-Bahn-Station Gasometer, gleich neben der Baustelle der WEG Zentrale. Dort ging ich durch das rückwertige Tor auf das Gelände von WienGas und stand dabei auch gleich auf der Baustelle der WEG Zentrale.
Dort war die gesamte Baustelle nur spärlich besetzt. Und der erste, welcher mich entdeckt hatte, war der Maler, welcher einen Eimer aus der Hand fallen ließ, mich entsetzt angesehen hatte und nur meinte,
„das ist ein Arschloch!“
Ich wusste ja, was los ist. Daher hatte mich dies auch überhaupt nicht verwundert und schmunzelte dazu nur.
Danach ging ich gleich zu den Baustellen Containern unseres Unternehmens. Doch die waren alle versperrt und auch weit und breit kein Monteur zu sehen. Weshalb ich nun in einer Schlangenlinie, wie ich dies sonst auch sehr häufig tat, durch die gesamte Baustelle vom Untergeschoß bis ins siebte Obergeschoß ging und dabei jeden einzelnen Raum betrat. Doch es war einfach kein Monteur unseres Unternehmens zu entdecken. Auch von den anderen Unternehmen am Bau waren kaum Monteure vor Ort. Also ein richtig ruhiger Tag auf der Baustelle.
Doch als ich danach von meinem Rundgang durch die Baustelle wieder zu den Baustellen Containern des Unternehmens zurückkam, sah ich plötzlich einen unserer Monteure, einen Lehrling, wie er im Erdgeschoß in einem Raum, gleich beim Eingang auf die Baustelle von den Containern aus, mit einem Besen den Boden fegte. Daher musste ich gleich noch mehr schmunzeln.
Als ich kurz darauf zum Mannschaftscontainer unseres Unternehmens kam, stand da plötzlich der zweite bauleitende Monteur drinnen und zog sich gerade seine Arbeitskluft an. Weshalb ich nun regelrecht lachen musste und mich zu ihm in den Container setzte, um ihm zu erzählen, weshalb ich dies nun tat. Denn es wusste ja ohnedies jeder Bescheid, was gespielt wurde. Jedoch kam es deshalb zu Beschwerden, so wurden diese nicht an mich herangetragen, sondern gingen mindestens eine Stufe weiter. Ich hatte dies danach jedoch wieder auszubaden. Und da ich schon sehr lange dies stets immer wieder angedeutet hatte, allerdings nie etwas geschah, blieb mir gar nichts anderes übrig, als dies einfach einmal darzulegen.
(2021-02-26)