Wien, Dienstag, 13. Juni 2006:
Meine regelmäßigen Gespräche mit meinem neuen direkten Chef Franz L., bei jeder sich bietenden Gelegenheit, über meine bisherigen Erfahrungen in meiner beruflichen Laufbahn, vor allem bei VA Tech und MCE, sowie über Veränderungen in der Branche in den letzten Jahren, gingen weiter. Denn ich hatte den Eindruck, er hatte für meine Ansichten, aber auch meinem Unmut darüber, durchaus Verständnis. Schließlich hatte er selbst in den letzten Jahren nicht gerade einen Aufstieg in seiner beruflichen Karriereleiter hinter sich, sondern eher, so sah es zumindest bei ihm aus, einen Abstieg hinter sich.
Da wir an diesem Nachmittag etwas vor der Zeit an der Baustelle der WEG Zentrale angekommen waren, ging Franz L. mit mir, als wollte er mir etwas zeigen, eine Runde um die Baustelle. Allerdings nicht auf dem Baustellengelände, sondern am Gehweg, an der Straße. Wir hatten uns zuletzt beinahe ausschließlich über MCE und meine Erlebnisse dort unterhalten, wobei ich ihm erzählt hatte, dass kurz nach meinem Ausscheiden bei MCE die Arbeiten beim Projekt MCC durch ein anderes Unternehmen aus dem Konzern übernommen worden waren und die zuletzt daran tätigen ehemaligen Kollegen der ABB Gebäudetechnik, bei welcher ich tätig war, nichts mehr tun durften.
Plötzlich meinte er, ich sollte doch einmal genau schauen, welches Unternehmen die Elektroinstallation an der Baustelle gleich direkt neben unserer Baustelle, dem Werksgelände von WienGas, ausführt. Denn an einem Gerüst war ein großes Schild der Aufschrift eines Elektrounternehmens aus St. Pölten angebracht. Jenes Unternehmen, für welches ich zuletzt noch eine Aufforderung zur Bewerbung erhalten hatte, mich dort dann allerdings erst gar nicht mehr beworben hatte.
Da meinte Franz L.,
„da! Das ist auch eine Baustelle von MCE!“
Worauf ich etwas überrascht war. Denn mein Ausscheiden aus MCE war ja nun doch noch nicht solange her und ich hatte von einem Auftrag, oder auch nur einem Angebot für dieses Projekt nichts mitbekommen, wobei diese Baustelle doch noch etwas größer als diese WEG Zentrale war. Und ich mir dachte, davon hätte ich eigentlich etwas mitbekommen müssen.
Dann meinte er weiter,
„die dürfen derzeit kein einziges Projekt mehr ausführen! Alle Aufträge, welche sie haben, müssen durch andere Unternehmen, entweder aus dem Konzern oder durch andere Unternehmen fertiggestellt werden! – Die dürfen derzeit nicht einmal selbst ein Angebot kalkulieren!“
Ich hätte vor Lachen beinahe zusammenbrechen können, als er mir dies erzählte. Denn hier schien wohl etwas Größeres geschehen zu sein. Weshalb ich dann in den folgenden Tagen hin und wieder auch den Weg zur Arbeit über die Oberlaaer Straße und die Laxenburger Straße, vorbei am Betriebsgelände der MCE, genommen hatte. Wobei ich dabei immer wieder schmunzeln musste, als ich daran vorbei kam, denn da wurde wohl auf das falsche Pferd gesetzt. – So erscheint dies zumindest auf den ersten Blick. Denn dabei werde ich noch eines Besseren belehrt werden, gilt es doch dabei ein höheres Ziel zu erreichen. – Allerdings lichtete sich die Anzahl der Fahrzeuge um das Betriebsgebäude doch deutlich. Weshalb mir diese Strategie zumindest auf kurz- und mittelfristige Sicht für den einzelnen Mitarbeiter nicht gerade als günstig herausgestellt haben kann.
(2021-02-03)