Salzburg, Sonntag, der 29. Jänner 2006:
So recht bewusst war mir noch nicht, was nun mit meinem vorzeitigen Ende bei MCE geschehen ist. Aber wie auch. So schlecht schnitt ich dabei gar nicht ab. Ich hatte die an mich gestellte Anforderung, die Planung der Starkstrominstallation für dieses Projekt MCC erfolgreich zu Ende zu bringen, erfüllt. Dies unter widrigsten Umständen. Ja, es wäre auch durchaus möglich gewesen, dass ich sogar das Projekt als Projektleiter im Bereich der gesamten Elektrotechnik von Alois H. übernehmen hätte können. Gescheitert war ich daran nur an einem zweideutigen Mail von Alois H., gepaart von mündlichen Falschinformationen über mich an nur eine ganz geringe Zahl an Entscheidungsträgern, welche ihm nun wohl noch eine Chance geben wollten. Aber auch im „Gerede“, welches sie selbst angezettelt hatten, um mich damit zu diskreditieren, indem dabei eine Entscheidung gefällt worden war, welche ohnedies bereits im Vorhinein festgestanden hatte, habe ich alles andere als schlecht abgeschnitten. Somit war es eigentlich ein totaler Reinfall. Aber eben nicht für mich, sondern eben für sie.
Aber trotzdem stand ich nun am Rande des Abgrundes. Nur einen kleinen, falschen Schritt weiter und ich wäre Gefahr gelaufen, ins bodenlose abzustürzen. Dessen war ich mir allerdings noch nicht bewusst. Oder wollte es einfach nicht wahr haben. Viel zu groß war die Erleichterung meinerseits, dass dieser Albtraum bei MCE für mich so schnell wieder zu Ende gegangen war, ohne dabei selbst Schaden genommen zu haben.
Vor lauter Freude darüber, nun auch nicht mehr nach Wien in die Arbeit fahren zu müssen. Rief ich an diesem Abend, gegen halb sieben Uhr, den Bauausschuss Obmann Peter St. in meiner alten Heimatgemeinde an, um mit ihm einen Termin zu vereinbaren, damit ich ihm dabei nun mein geändertes Vorhaben bezüglich meines Grundstückes dort vorzustellen. Ihn dazu zu bewegen, dies auch zu befürworten.
In meiner letzten Arbeitswoche bei MCE, gleich nach meinen Gesprächen im Amt der oberösterreichischen Landesregierung, bei dieser „Oberbehörde“, welche, wie es bisher seit über zehn Jahre hieß, meinem Vorhaben, dem Ansuchen um Umwidmung des Grundstückes in Bauland ohnedies niemals zustimmen würden, wobei dies nun, nach den beiden Gespräche mit den dafür zuständigen Herren, ganz anders aussah, wollte ich ihn nicht anrufen, denn viel zu groß war mein Ärger über die bisher völlig falsche Begründung, weshalb das Ansuchen bisher erst gar nicht im Gemeinderat bearbeitet wurde.
Als ich ihn am Telefon hatte, erklärte ich ihm kurz, weshalb ich mit ihm sprechen wollte und ihm gerne persönlich mein nun geändertes Vorhaben vorstellen möchte. Worauf ein einfach meinte, ich sollte dafür am Freitag, um neun Uhr bei ihm in seinem Büro in der Arbeit in seiner Malerwerkstätte im Dorf vorbeikommen. Mittlerweile hatte er diese in einer ehemaligen Autowerkstätte eingerichtet. Denn nach dem Tod dessen Mutter, verkaufte er sein Haus in der Mondsee Straße, zog in die nun leerstehende Wohnung seiner Mutter, welche sich übrigens in einer Wohnanlage, nur unweit meines Grundstückes befindet, auf einem Grundstück, das einst zu meines Großvaters Zeiten auch noch zu jenem Grundstück gehörte, wovon ich nun den letzten Rest in der Familie besaß. Übrigens auf einem Grundstück, welches nie umgewidmet werden musste, wie alle anderen ehemals zu meinem Grundstück gehörenden Grundstücke. Denn diese wurden, als zu Beginn der 1970er Jahre, als überhaupt erst Flächenwidmungspläne in Gemeinden erstellt wurden, einfach als Bauland eingetragen. Mein Grundstück, und jener Teil, welchen mein Bruder letzten Herbst erhalten hatte, waren die einzigen Parzellen, welche als Grünland, vielmehr als landwirtschaftliche Nutzfläche, im Flächenwidmungsplan eingetragen sind. Knapp 100.000m² umfasste das gesamte Grundstück einst, als es mein Urgroßvater im Tausch, Ende der 1880er Jahre, gegen ein gleichgroßes Waldstück erhalten hatte. Über 90.000m² waren davon bereits als Bauland genützt. Nun blieben lediglich meine 7.500m² als Grünland übrig.
Anfangs dachte ich mir nicht viel dabei. Denn nun hatte ich ja ohnedies Zeit dafür. Aber als ich dann über die Art, wie er mir diesen Termin gab, etwas nachgedacht hatte, fand ich dies doch etwas seltsam. Da er mich nicht einmal danach fragte, ob ich zu dieser Zeit, unter der Woche an einem Vormittag, überhaupt könnte.
Denn Peter St. kannte ich zudem sehr gut. Ging ich doch mit seinem Sohn Richard acht Jahre in die Grundschule, wobei wir sogar sechs Jahre nebeneinander in der gleichen Schulbank saßen. Aber nicht nur deshalb. Peter St. war zudem überall für seine meist etwas unorthodoxen Arbeitszeiten bekannt. Nicht selten, dass er noch am Abend, nachdem er in einem Lokal im Dorf aufgetaucht war, dort kurz einen Kaffee trank, dann aber schnell wieder verschwand, weil er noch einen Auftrag fertigzustellen hätte. Auch an Wochenenden lief er nicht selten in seiner frisch bekleckerten Malermontur umher, da er auch an diesen Tagen seiner Arbeit als Maler selbst nachgegangen war. Trotzdem sollte es nun ein Freitagvormittag um neun Uhr sein, um ihm mein Vorhaben vorstellen zu können.
(2021-03-16)