Wien, Donnerstag, der 12. Jänner 2006:
Seit dem Vortag und dem abrupten Ende der Bemühungen. Ob ich nicht doch noch einmal mit dem stellvertretenden Regionsleiter Christian M. über die Übernahme der Projektleitung bei MCC sprechen sollte, herrschte dicke Luft im Büro. Ich jedenfalls hatte nun die Nase gestrichen voll.
Nachdem ich dann auch noch am Rauchertisch im Stiegenhaus zu Werner N. gesagt hatte, ich wäre ohnedies nur deshalb angestellt worden, um die Planung für die Starkstromanlagen bei MCC fertigzustellen, ohne auch nur irgendeiner Absicht mich danach weiter zu beschäftigen, da im Büro niemand mehr gewesen war, der dies sonst hätte erledigen können, erst recht. Wobei Werner N. noch darauf meinte, ob ich tatsächlich der Meinung wäre, dass es niemanden mehr in diesem Büro gegeben hätte, der die Planung fertigstellen hätte können und er mich dabei noch hämisch angrinste. Ich allerdings darauf beharrte, denn sonst hätte man dies auch gerne ohne mich erledigen können.
Zudem kam dann auch noch am Morgen unsere Abteilungssekretärin Andrea S. zu mir an den Platz mit der Ansage, weshalb ich mir dies überhaupt antun würde, nun noch tatenlos den Rest meiner Kündigungsfrist im Büro abzusitzen und ich ihr darauf sagte, ich würde meine Dienstzeit voll erfüllen, da ich mir keinesfalls auch noch Abzüge wegen fehlender Arbeitsstunden, oder gar eine Fristlose einhandeln wollen. Es eben kein Einvernehmen unter diesen Umständen mehr gegeben hätte und ich daher bis zu meinem letzten Arbeitstag am 27. Jänner meinen Dienst erfüllen würde, auch wenn ich dabei nur tatenlos auf meinem Arbeitsplatz sitze und die Zeit totschlage, war die Stimmung endgültig am Tiefpunkt. Außer Oliver K., meinem direkten Tischnachbar, redete nun niemand ehr mit mir.
Doch kurz vor Mittag gab es Aufregung im Büro. Denn auf der Baustelle bei MCC soll es einen Arbeitsunfall gegeben haben, der offensichtlich auch mit der Einlieferung eines Monteurs ins Krankenhaus geendet hatte. Bei der Montage der Kabeltrassen, welche schon vor Weihnachten begonnen worden war und seit 9. Jänner fortgeführt wurde, soll sich ein Monteur Finger von einer Hand abgetrennt haben, hieß es zunächst. Weshalb nun Christian L. auf die Baustelle zitiert worden war, um dort die näheren Umstände des Arbeitsunfalls zu eruieren.
Kurz nach Mittag kam er wieder zurück von der Baustelle und setzte sich wortlos auf seinen Arbeitsplatz. Doch nachdem er sich kurz mit Ewald M. unterhalten hatte und ihm dieser sagte, er sollte mir dies doch wenigstens mitteilen, drehte er sich plötzlich zu mir um und begann mit zu erklären, was auf der Baustelle vorgefallen war.
Eine der Haupttrassen durch die Halle mit vier Kabelrinnen an einem Deckenhänger sollte gerade montiert werden. Doch da meine Planung dafür jeweils zwei Kabelrinnen mit 400 mm Breite an beiden Seiten des Deckenhängers geplant war, dies allerdings der Montage auf der Baustelle als zu übertrieben platzraubend erschien, und da man für die danebenliegende Trasse der Klimatechnik mehr Platz gewinnen wollte, hatte man einfach die Kabeltrasse in der Ausführung geändert und alle vier Kabelrinnen an einer Seite montiert, da dafür in der Höhe noch genügend Platz gewesen war. Jedoch hatte man den gleichen Deckenhänger verwendet, als wäre das Gewicht auf beide Seiten gleich verteilt. Weshalb nur durch das Eigengewicht der Kabelrinnen ein Biegemoment erzeugt wurde, welches den Deckenhänger bersten ließ und eine Kabelrinne, welche an einer der oberen Stellen der Trasse lediglich auf den Auslegern zur Befestigung aufgelegt wurde, auf eine darunterliegende Kabelrinne fiel, an welcher sich allerdings gerade ein Monteur mit den Händen festhielt und diese Kabelrinne direkt auf die Finger des Monteurs gefallen war. Wobei sich dieser offensichtlich einige Finger gebrochen hatte und deshalb ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Nun sah ich, welche eigenmächtigen Änderungen hier vorgenommen wurden, gepaart mit der vorwurfsollen Art, wie mir dies Christian L. dargebracht hatte, als hätte nun ich an diesem Arbeitsunfall Schuld, da meine Planung nicht ausführbar gewesen wäre, beziehungsweise diese Änderung doch viel vorteilhafter für alle Ausführenden in diesem Bereich gewesen wäre, da dadurch viel Platz an der Decke gespart wurde, wenn doch gleich so geplant worden wäre. Dies hätte mich beinahe zum Ausrasten gebracht.
So schrie ich Christian M. regelrecht an und meinte dabei, gäbe es denn hier überhaupt niemanden mehr, der etwas bei der Arbeit mitdenkt, sondern nur mehr Leute, welche nicht mehr wissen was sie tun und dann, falls etwas dabei schiefgeht, es einem anderen in die Schuhe schieben wollen? Denn wenn man schon solch eine Änderung vornimmt, dann müsste man sich eigentlich auch dessen bewusst sein, welche Folgen dies haben könnte. Montiert man eben vier Kabelrinnen an einer Seite eines Deckenhängers, so müsste man eben auch berücksichtigen, dass dabei ein Biegemoment auf den Deckenhänger wirken würde, weshalb man eben einen viel stärker ausgeführten Deckenhänger verwenden müsste, oder gar eine andere Art der Deckenbefestigung für diese Kabeltrasse wählen. Jedem der nur ein wenig Hausverstand hätte, müsste dies klar sein, meinte ich noch. Wobei ich schlussendlich auch noch ergänzte, ich würde mir dies auch keinesfalls gefallen lassen, wenn mir nun alle Fehler, welche in der Ausführung geschehen, auch noch in die Schuhe schieben lassen.
Christian L. hatte dies dann offensichtlich auch verstanden, denn er drehte sich wortlos wieder zu seinem Arbeitsplatz um und schmollte. Doch als ich danach noch lautstark nachgereicht hatte, dass ich scheinbar tatsächlich nur für die Fertigstellung der Planung extra angestellt worden war, da dies sonst niemand mehr tun wollte, war die Stimmung im Büro regelrecht am Kochen. Doch mir war dies nun egal.
(2021-01-06)
Aber unser Angestellten Betriebsrat und Moderator bei MCC Werner N. war tatsächlich ein Moderator, auch unter den einzelnen Kollegen. Denn nun war die Stimmung an einem absoluten Tiefpunkt angekommen. Ich wechselte mit meinen Kollegen kein Wort mehr, aber auch die Kollegen ließen mich links liegen.
Doch am späteren Nachmittag kam Werner N. zu mir an den Arbeitsplatz und meinte, ich sollte mit ihm zum Raucherplatz im Stiegenhaus kommen, was ich dann auch tat. Dort begann er vorsichtig mit mir zu sprechen, da er wusste, ich war nun permanent auf 200 und nur das kleinste falsche Wort könnte zu einer neuerlichen Eskalation führen. Deshalb begann er, mich darauf anzusprechen, dass ich mit Alois H. wohl nicht zurechtkommen würde und er gerne wissen möchte, woran dies läge. Allerdings wollte ich, nach all dem, was sich gerade in den letzten Wochen abgespielt hatte, gar nicht darüber sprechen und bestätigte ihm lediglich, mit Alois H. werde ich wohl niemals klarkommen und wäre auch nie klargekommen. Schließlich wusste ich mittlerweile längst, woher ich den Namen Alois H. kannte, kannte seit der Zeit, als ich noch bis 1995 bei ABB arbeitete. Schon damals galt Alois H. als bekannt dafür, Kollegen hinterrücks das „Hackl ins Kreuz“ zu schlagen, weshalb sein Name wohl Bestimmung sein müsste. Diesmal – bei mir – hätte er mir immer wieder das „Hackl“ derart ins Kreuz geschlagen, sodass das Blut hunderte Kilometer weit spritzte, da die Auswirkungen für mich auch in Salzburg und meinem alten Heimatdorf am Attersee direkt zu spüren waren.
Darauf meinte Werner N. allerdings nur,
„jeder muss mit jedem können!“
In Anspielung darauf, dass man eben auch trotz gröberer Differenzen trotzdem miteinander „können“ müsste. Wobei allerdings mit „können“ viel mehr als miteinander auskommen gemeint war.
Worauf ich ihm allerdings widersprechen musste. Denn es kann eben nicht jeder mit jeden. Sondern es wird immer wieder zwischenmenschliche Differenzen geben, gänzlich unterschiedliche Anschauungen, weshalb eben nicht jeder mit jedem kann. Daher muss es eben nicht nur ein Miteinander und ein Gegeneinander, sondern auch ein Nebeneinander geben. Denn nur dies ermöglicht erst Vielfalt und die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Anschauungen und Ansichten auch in der gleichen Gesellschaft zusammenzuleben.
Toleranz wäre dies aus meiner Sicht. Und diese wäre gerade seitens Alois H. eben überhaupt nicht gegeben. Schließlich würde es nun für mich so aussehen, als wollte man mich bewusst in dieses Unternehmen locken, um nun dieses „Spielchen“ mit mir zu treiben. Mich auszunützen, damit ich die Planung der Starkstromanlagen durchzuführen und abzuschließen, ohne nur den geringsten Willen, mich länger als nötig in diesem Unternehmen zu halten. Was allerdings aus meiner Sicht keinesfalls nur ein „Spielchen“ wäre, schließlich würde ich nicht arbeiten gehen, da ich sonst nicht wüsste, was ich sonst mit meiner Zeit anfangen sollte. Worauf ich ihm auch noch erklärte, für mich wäre meine Zeit bei MCE ein Nullsummenspiel, welches mit einer roten Null endet. Schließlich kostete mir dieses Engagement bei MCE so viel Geld, sodass mir von meinem Gehalt nichts übrigbleiben werde, obwohl ich mir nebenbei überhaupt nichts leistete. Allerdings wollte, oder konnte er dem nicht zustimmen.
Als ich ihm dann allerdings noch erklärte, weshalb ich der Ansicht wäre, für diesen schweren Arbeitsunfall würde man mir nun die Schuld in die Schuhe schieben wollen, und dies werde nicht der einzige Fall in nächster Zeit sein, meinte er, dies hätten „sie“ bereits eingesehen, dass dies ein Blödsinn gewesen wäre.
Als ich ihm dann erklärte, ich werde einmal ein Buch über all meine Erlebnisse schreiben, denn schließlich wäre dies längst nicht das erste Mal gewesen, dass ich etwas äußerst ungewöhnliche Erlebnisse im Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit erlebt hätte, welche sich bis weit in mein Privatleben hineingezogen hätten, hatte ich doch bereits bei VA Tech mehrmals ähnliche Erlebnisse miterleben müssen, meinte er, davon sollte ich ihm, wenn es so weit sei, ein Exemplar zukommen lassen. Nun, soweit ist es noch nicht. Derzeit ist dies lediglich als Konzept mit unzähligen einzelnen Berichten im Internet zu lesen. Aber seine persönliche Widmung darin kann er auf jeden Fall haben. Schließlich war ich mehr als enttäuscht über ihn. Vertrat er doch hier nicht die Interessen als Betriebsrat der Angestellten, sondern die Interessen einer – um dies einmal so zu bezeichnen – Parallelgesellschaft! Was als Betriebsrat, organisiert in der FCG, nicht als seine eigentliche Aufgabe galt.
Nun wünsche ich niemandem etwas Schlechtes. Jedoch wäre es nur gerecht, könnte auch er sich einmal nicht auf den Schutz eines Betriebsrates verlassen und müsste auf eigene Initiative, ohne entsprechende Beziehungen, sich eine neue Arbeit suchen und dies auch aus einer unbedingten finanziellen Notwendigkeit. Seinen neuen Arbeitsplatz jedoch, aus welchen Gründen auch immer, schnell wieder verlieren, weil ihm keine Chance eingeräumt wurde, beim neuen Arbeitgeber Fuß zu fassen. Nur damit jemand versteht, was man in solch einer Situation durchmacht!
Ich weiß nicht, wie es tatsächlich nach meinem Ausscheiden in diesem Unternehmen mit allen Kollegen weitergegangen ist. Jedoch hätte sich dafür durchaus auch die Chance ergeben können. Wobei ich allerdings nicht glaube, dass es jemanden, der auch organisiert ist, trifft.
Eines hatte dieses doch sehr lange Gespräch mit Werner N. am Raucherplatz im Stiegenhaus gebracht, denn nun blieb zwar ein sehr distanziertes Verhältnis zwischen den Kollegen, jedoch ergaben sich nun doch auch noch die Möglichkeiten für weitere Gespräche im Unternehmen. Wenn auch nur mit einzelnen wenigen Kollegen.
(2021-01-08)