Wien, Mittwoch, der 18. Jänner 2006:
Wenn es eines gegeben hat, was mich mehr als verwundert hat, dann war es dies, nun schien plötzlich alles wieder in bester Ordnung im Unternehmen, in der Abteilung, beim Projekt MCC zu sein. Gab es seit meinem Eintritt in dieses Unternehmen beinahe täglich Diskussionen darüber, ob nun Alois H. nicht doch besser als Projektleiter bei MCC abgelöst werden soll, dann schien dies nun nicht mehr notwendig. Als wäre nun alles wieder in Butter, als hätte man mir tatsächlich die ganze Zeit über einfach nur etwas vorgespielt, um mich reinzulegen. Aber glauben wollte ich dies nicht, und konnte ich e auch nicht. Denn die Zahlen beim Projekt zeigten etwas ganz anderes.
Die Stimmung mir gegenüber war ohnedies nun äußerst reserviert. Daher gab es für mich auch kaum die Möglichkeit mehr, mit einem der Kollegen darüber zu sprechen. Allerdings standen wir zuvor meist nur zu zweit, zu dritt am Rauchertisch im Stiegenhaus, so fanden sich nun immer mehr an diesem Ort ein, egal ob sie nun rauchten oder nicht und einfach nur dabeistanden, um mitzureden.
Ich allerdings nahm mir, trotz allem, kein Blatt vor dem Mund, sondern ließ meinem Unmut über Alois H. und dem, was ich hier bisher erlebt habe, bei jeder Gelegenheit freien Lauf. Zu verlieren hatte ich in diesem Unternehmen ohnedies nichts mehr.
So standen wir an diesem Nachmittag wieder einmal am Rauchertisch. Werner N, unser Angestellten Betriebsrat, die Kollegin des Einkaufs und ich. Doch kaum standen wir dort, fanden sich immer mehr der Kollegen dort ein. Letztendlich lief sogar noch Alois H. umher und es sah beinahe so aus, als würde er sich auch noch dazugesellen, was jedoch, Gott sei Dank, doch nicht geschah. Allerdings lief er nicht einfach nur umher, sondern zeigte sich, regelrecht beschwingt von was auch immer, wahrscheinlich auch der positiven Stimmung, welche sich nun auch über ihn verbreitete und er dies offensichtlich auch mitbekommen hatte, vielleicht sogar auf der offiziellen Baubesprechung am Vormittag, als der große Denker in der Mannschaft. Ja regelrecht als der Philosoph unter den Projektleitern im Anlagengeschäft. Denn er lief mit der linken Hand am Rücken anliegend und der rechten Hand, drei Finger zusammengepresst und an der rechten Stirn gedrückt, wie ein Philosoph nachdenkend durch die Gänge, vorbei an der Glastür in das Stiegenhaus, wo wir am Rauchertisch standen, umher. Ich sah dies und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Denn für mich erweckte er nicht den Eindruck des großen Denkers, sondern ich sagte einfach lachend zu den Kollegen,
„ja, da ist die Schraube locker! – Er weiß es eh, nur eingestehen will er es nicht!“
Da es einige der Kollegen nicht mitbekommen hatten als Alois H. an der Tür vorbeigelaufen hatte, äffte ich ihn dann auch noch mehrmals nach, denn ich konnte mich vor Lachen kaum noch halten.
Dies hatte dann zwar auch mehrere der Kollegen zu einem Lacher hingerissen, allerdings zeigte sich nun, die gesamte Mannschaft schien nun zu ihm zu halten. – Mir war das mittlerweile egal …
Es schien regelrecht so zu sein, als ob nun Kollegen Bestätigungen dafür suchten, weshalb nun geschlossen zu Alois H. gehalten wurde. Denn als wir danach wieder alle auf unseren Arbeitsplätzen saßen, drehte sich Christian L., der junge Kollege, welcher direkt links hinter mir seinen Platz hatte, um und sagte, mich dabei anschauend,
„Gebietsschutz! Das spielt dabei auch eine große Rolle.“
Als ob ich als Salzburger, der eigentlich ein gebürtiger Oberösterreicher ist, hier in Wien einfach keine Chance haben könnte, da es hier eben nur jene, welche aus dem Osten Österreichs kommen, zum Zug kommen könnten!
(2021-01-24)