Wien, Donnerstag, der 1. Dezember 2005:
Als ich an diesem tag in die Arbeit kam, dauerte es nicht lange und Alois H. stand bei mir am Platz. Er wollte allerdings nichts von mir, sondern holte mich zu sich in sein Büro, weil er sich mit mir unterhalten wollte.
Dabei fragte er mich auch, wie es denn nun mit der Planung für die gesamte Elektrotechnik bei MCC stehen würde. Worauf ich ihm mitteilen konnte, dass wir heute lediglich nur mehr die Pläne fertigstellen werden, ich alle Pläne, bevor sie ausgedruckt werden, noch einmal kontrolliere möchte, sodass wir diese, wie es vereinbart worden war, am Freitag morgens in die Baucontainer auf der Baustelle vorbeibringen können, damit diese vom Auftraggeber geprüft und freigegeben werden können. Regelrecht erleichtert war Alois H. Zudem war er bei diesem Gespräch äußerst freundlich. Nicht übertrieben freundlich, sondern einfach nur so, wie es sein sollte. Wie ich in eigentlich bei meinem ersten Gespräch in Innsbruck Anfang August erlebt hatte. Wo man sich mit ihm einfach völlig normal über alles unterhalten konnte.
Aber er war nicht nur erleichtert und freundlich zu mir bei diesem Gespräch, er lobte mich sogar dafür, dass dies nun doch noch so gut funktioniert hatte. Wobei ich dabei etwas schmunzeln musste, als er dies erwähnte. Denn die meisten Probleme bei diesem Projekt entstanden durch ihn selbst. Durch seinen Unwillen all die Informationen, welche er aus den Gesprächen mit dem Auftraggeber mitgenommen hatte, auch an den Rest der Mannschaft weiterzugeben. Wir hätten längst, schon seit Ende September, mit der Planung fertig sein können, wäre da nicht das Problem mit ihm und seiner mangelnden Kooperationsbereitschaft gewesen.
Zudem fragte er mich, weshalb ich nicht gestern noch, wie er es Andrea S., unserer Abteilungssekretärin aufgetragen hatte mir mitzuteilen, zu deren Besprechung dazugekommen wäre. Weshalb er mir nun nur schöne Grüße vom Leiter der Region Mitte aus Linz, Klaus St., ausrichten soll. Aber nicht nur von ihm, sondern auch vom Leiter der Region West. Denn auch diesen kannte ich persönlich. Wenn auch aus einer Zeit, als er noch Projektleiter unter seinem Vorgänger war. Hatte ich doch mit ihm einst bei einer Schulung in Linz, an welcher wir teilnahmen, einige besonders lustige Erlebnisse, worüber wir bis zuletzt, bis ich aus dem Unternehmen 1995 ausgeschieden war, uns stets amüsierten, wenn wir miteinander etwas zu tun hatten.
Es schien also, als wäre nun doch noch alles gut geworden – auch für mich – in diesem Unternehmen. Denn Alois H. meinte sogar, nun, da die Planung abgeschlossen wäre, müssten wir uns verstärkt um die Projektleitung kümmern. Wobei ich ihm zudem noch sagte, er könnte gerne auch mehr an mich übertragen. Denn schließlich müsste es nicht sein, dass er sich ganze Nächte im Büro um die Ohren schlägt. Worauf er allerdings nur lächelte. Wobei mir klar war, wirklich zu tun hatte er in diesem beiden Nächten, wie ich es in den vergangenen Wochen miterlebt hatte, nichts. Beinahe den gesamten Vormittag saß ich bei ihm an seinem kleinen Besprechungstisch und unterhielt mich mit ihm.
Nachmittags kontrollierte ich noch einmal jeden einzelnen der Pläne, bevor unser Kollege von der CAD-Abteilung diese dann ausdruckte. Denn, obwohl er sonst ein äußerst sympathischer und auch entgegenkommender Kollege war, er hatte doch auch die Eigenschaft, Pläne, kurz bevor er den Druckbefehl dafür ausgegeben hatte, noch ein kleinwenig zu bearbeiten, sodass, kaum hatte man sich danach den Plan angesehen, sofort erkennbar war, dass dieser Plan nicht kontrolliert worden war, bevor er ausgedruckt wurde. Meist befand sich dann zum Beispiel eine Leuchte völlig deplatziert irgendwo in der Mitte des Plans. Wobei einen dies sofort aufgefallen war. – Einer der kleinen „Scherze“, bei welchem man bei CAD-Technikern besonders aufpassen muss.
So hatten wir an diesem Nachmittag die gesamte Planung nun doch noch rechtzeitig zum letztmöglichen Abgabetermin fertiggestellt. Regelrecht ein Paket geschnürt, welches am folgenden Tag nur mehr unser Kollege, Christian L., nur mehr nehmen und persönlich auf die Baustelle zu den Containern des Auftraggebers hinüberbringen musste.
Wobei, dabei handelte es sich um Pläne, welcher man unter der aktuellen HOAI in die Leistungsphase der Erstellung der Ausführungsplanung einordnen müsste. Somit Pläne, welche zur Prüfung und Freigabe durch den Auftraggeber gedacht sind. Zwar mit etwas mehr Inhalt als solche Ausführungspläne, jedoch Pläne, bei welchen noch etwas an Engineering hineingesteckt werden muss, bevor diese tatsächlich ausgeführt werden. Daher weiß ich nicht, ob diese Pläne tatsächlich dem entsprachen was wirklich ausgeführt werden sollte. Jedenfalls entsprachen sie dem, was bis zu diesem Zeitpunkt für die Ausführung bekannt war.
An diesem Abend besuchte ich zudem auch wieder einmal dieses Lokal in der Wiener Innenstadt, welches ich in den Wochen zuvor gelegentlich schon an Donnerstagabenden besucht hatte. Die Woche zuvor konnte ich ja nicht, weil ich an diesem Abend schon in München war, da ich am folgenden Tag ein Vorstellungsgespräch in München hatte. Daher hatte es mich einfach interessiert, ob es nun in Wien tatsächlich für mich abends, wenn ich nach der Arbeit noch auf ein paar kleine Biere gehen möchte, weitergeht, wie sich dies schon in den Wochen zuvor abgezeichnet hatte.
Doch zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass diese Russin, welche nun offensichtlich wieder auf mich angesetzt worden war, kaum Interesse zeigte, bei diesen Intrigenspielen mitzumachen, sondern nur äußerst widerwillig sich daran beteiligte. Zudem waren auch kaum Gäste zu entdecken, welche dies auch noch lustig fanden, ganz im Gegenteil dazu, wie dies zuletzt in Salzburg der Fall gewesen war. Daher wäre ich nun beinahe noch ins Grübeln gekommen, ob ich nicht doch meinen nun gefassten Vorsatz, darauf keinesfalls mehr einzugehen, wenn ich nicht selbst direkt Kontakt zu der betreffenden Person habe, noch einmal überdenken sollte. Gott sei Dank musste ich noch mit der U-Bahn zurück in mein Zimmer fahren und daher gegen Mitternacht das Lokal wieder verlassen.
(2020-12-22)