Wien, Donnerstag, der 17. November 2005:
Tags zuvor war nicht nur mir, sondern auch den Kollegen im Büro beinahe ganz anders geworden, als sich herumgesprochen hatte, Alois H., der Abteilungsleiter und Projektleiter bei MCC wäre die ganze Nacht über im Büro gewesen. Einige dachten gar, nun wäre es soweit und dass sich abzeichnende negative Projektergebnis bei MCC würde nun Konsequenzen mit sich bringen. Als er dann auch noch am Vormittag aus dem Büro verschwand und offenbar nicht einmal sagte, was er denn tun würde, war die Verunsicherung noch größer geworden.
Heute Morgen kam er wieder ins Büro und tat so, als wäre überhaupt nicht gewesen. Am späteren Vormittag kam er gab frisch und fröhlich zum Arbeitsplatz meines Kollegen Christian L. und meinte lächelnd,
“und womit vertreiben Sie sich die Zeit?”
Einige mussten gar darüber lachen, was zwar nur leise zu hören war. Christian L. wusste nicht recht, wie darauf reagieren sollte. Ich hingegen saß daneben auf meinem Arbeitsplatz und konnte nicht fassen, was ich gerade zu hören bekommen hatte. Denn dies klingt vielleicht witzig, aber ich war mir manchmal gar nicht mehr so sicher, ob dies nicht gar die tatsächliche Einstellung von Alois H., der, nicht zu vergessen, Abteilungsleiter war und deshalb direkter Vorgesetzter von Christian L., einem jungen Kollegen, der erst frisch von der Schule gekommen war, sei. Denn, mir war überhaupt nicht klar, was Alois H. in der Nacht zuvor im Büro tat. Viel mehr als Zeit totschlagen konnte es aus meiner Sicht nicht gewesen sein. Nun kommt er, nachdem er damit am Tag zuvor nur für Verunsicherung gesorgt hatte, an den Arbeitsplatz dieses jungen Kollegen und schieb eine derartige Meldung!
(2021-01-04)