Wien, Donnerstag, der 10. November 2005:
Nach dem ersten Schock als ich im Oktober feststellen musste, hier in Wien würde mich wohl das Gleiche erwarten, wie zuvor schon in Salzburg, und ich auch deshalb vielleicht gleich auch meinen neuen Job bei MCE wieder loswerden könnte, hatte ich mich von Lokalen in Wien ferngehalten.
Doch nachdem sich in den ersten Tagen im November, für mich völlig unerwartet, denn eigentlich hätte ich damit gerechnet, schon der 2. November, der erste Arbeitstag für mich, nachdem ich an die Geschäftsführung meine Mail geschrieben hatte, könnte auch gleich mein letzter Arbeitstag bei MCE gewesen sein, hatte ich mich nun wieder in die Wiener Innenstadt „gewagt“, um mir dort wenigstens ein paar kleine Biere zu gönnen. Eines war mir allerdings aus der Zeit in Salzburg eine Lehre: Mich nicht in zu vielen Lokalen aufzuhalten, denn dies war der Grund dafür, weshalb ich in Salzburg ab 2002 überhaupt keine Chance mehr hatte, dieses Theater, welches durch diese seltsame „Gemeinschaft“ um meine Person entwickelt hatte, wieder in Griff zu bekommen. Schließlich mussten sie in Salzburg nicht mehr tun, als einfach auszuspionieren, welche Lokale ich in Salzburg gelegentlich besuche, dann, sobald ich dort wieder einmal gewesen bin, einfach dort einzufallen, ihr „Theater“ zu verbreiten, und wenn ich dann wieder einmal das gleiche Lokal einige Wochen später besucht habe, war ich dort längst eine unerwünschte Person. Dies wollte ich mir in Wien nicht auch wieder antun. Daher hatte ich mich nun eben von weiteren Lokalen ferngehalten. Auch wenn deshalb die Abende in meinem kleinen Zimmer in dieser Pension in Oberlaa mehr als trist waren.
Nun aber wollte ich wieder einmal abends in der Wiener Innenstadt ausgehen – wenigstens ein paar kleine Biere trinken. Daher fuhr ich mit der U-Bahn ins Zentrum, meist zum Stephansplatz, da ich über den Karlsplatz nur Schlechtes zu hören bekam, und ging dann wieder in dieses Lokal, welches ich nun schon kannte – dieses „1516“. Dort stellte ich mich, wie üblich, an die Bar und bestellte mir ein kleines Bier. Doch als ich mich ein wenig in diesem Lokal umgesehen hatte, stellte ich fest, diese koreanische Bedienung, mit welcher ich Anfang Oktober schon das Gleiche erlebt hatte, wie unzählige Male zuvor in Salzburg, arbeitet tatsächlich nicht mehr in diesem Lokal. Zumindest war sie an diesem Abend nicht zu sehen. Doch in den folgenden Wochen stellte sich tatsächlich heraus, sie hatte ihre Anstellung in diesem Lokal offensichtlich doch beendet. Dabei fiel mir wieder dieses Gespräch zwischen Werner N, unserem Angestellten Betriebsrat bei MCE und Moderator beim Projekt MCC, und Alois H., meinem jetzigen Chef, ein, was mich zudem auch zum Verfassen meiner Mail an die Geschäftsführung gebracht hatte. Denn es schien so, als würde hierher tatsächlich eine Verbindung zu meinem aktuellen Arbeitsplatz bei MCE bestehen. Meinte doch Werner N. dabei, „die“ hätte dort auch gleich aufgegeben.
Daher war ich mir nicht ganz sicher, ob es nicht besser wäre, wenn ich mir in Wien in der Innenstadt vielleicht ein anderes Lokal suchen sollte. Aber da ich in dieses Lokal einfach nur hineingestolpert war, weil ich es eben bereits kannte, allerdings sonst überhaupt keinen Bezug zu diesem Lokal hatte, kam ich zur Ansicht, dies könnte mir wohl überall in Wien geschehen. Daher wäre es vielleicht sogar besser, wenn ich mich auf dieses Lokal beschränken würde. Schließlich hatte ich doch schon in Oberlaa den gleichen Verdacht, welchen ich ebenfalls von Werner N. in diesem Gespräch bestätigt bekommen hatte. Zudem fand ich dieses Lokal auch gar nicht übel. Auch die Gäste in diesem Lokal nicht. Wobei ich dabei anmerken muss, damals besuchten gänzlich andere Leute dieses Lokal als heute.
Als ich nun so an der Bar stand und mir all dies durch den Kopf ging, musste ich feststellen, nun arbeitet in diesem Lokal eine neue Bedienung, mit welcher ich nun offensichtlich schon wieder das Gleiche erleben würde. Eine Russin. Noch dazu eine Blondine. Und obendrauf zudem eine äußerst attraktive Frau. So, wie man sich eine blonde, schlanke, großgewachsene Russin mit diesem für sie so typischen slawischen Einschlag eben vorstellt. Daher wurde ich darauf auch sofort aufmerksam.
Doch ich hatte dieses „Theater“ mit „Silly“ nicht deshalb mitgemacht, weil ich es einfach nicht einsehen wollte. Sondern zuvor hatte ich schon unzählige Erlebnisse wie mit dieser „Silly“. Deshalb wollte ich eben einfach wissen, ob und was ich in solch einem Fall tun könnte. Andernfalls hätte ich mich, auch wenn es überhaupt nichts gebracht hätte, irgendwann einfach aus dem Staub gemacht.
Aber der Ausgang war längst bekannt. Daher hatte ich nun eben auch erst gar nicht mehr darauf reagiert. Schließlich kannte ich überhaupt niemanden in diesem Lokal. Und eines hatte ich mir nach dem Ende dieses „Theaters“ mit „Silly“ geschworen, niemals mehr darauf zu reagieren, ohne keinen direkten Zugang zur betreffenden Person zu haben. Wobei dieses „Theater“ mit „Silly“ noch längst nicht zu Ende war. Nur für mich. Da ich wusste, hier würde es niemals mehr eine Klärung geben. Denn ich würde ich mit diesen Leuten rund um diesen „verrückten Wirt“ und dessen „Freunde“ niemals mehr einlassen.
Irgendwie musste ich innerlich lachen als ich dies sah. Denn dies schien mittlerweile beinahe schon eine krankhafte Art zu sein, jemanden schlecht dastehen lassen zu wollen. Wobei, eines fiel mir auch hier gleich auf, diese junge Russin, Olga hieß sie offensichtlich, fühlte sich in ihrer „Rolle“ gar nicht wohl. Zudem schien es, als würde sie dabei nicht gerade freiwillig und gerne mitmachen.
Daher, ich nahm dies zur Kenntnis, schüttelte innerlich den Kopf, trank üblichen drei kleinen Biere, zahlte und fuhr wieder zurück in meine Unterkunft in Oberlaa.
Nun war mir allerdings auch eines klar: Nicht nur dieses „Theater“ um „Silly“ würde wohl nicht so schnell ein Ende finden, wie ich dies noch im Sommer hoffte. Sondern ich würde wohl noch viele solcher und ähnlicher Erlebnisse haben.
(2020-12-21)