Wien, Mittwoch, der 23.November 2005:
Eigentlich hatte ich seit Anfang November, entgegen meinen Erwartungen, nun relativ produktiv an der Planung für die Starkstrominstallationen beim Projekt MCC arbeiten können. Doch an diesem Morgen, kaum war ich im Büro angekommen, hieß es, ich soll einen Kollegen zu einem Baustellenbesuch begleiten.
Anfangs konnte ich damit überhaupt nichts anfangen. Denn weshalb sollte ich nun plötzlich einen anderen Kollegen bei einem Projekt vielleicht unterstützen. Dies hatte ich nun überhaupt nicht erwartet. Schließlich taten zumindest die meisten Kollegen so, als wäre sonst alles in bester Ordnung in der Abteilung, gar in der ganzen Region Ost. Ausgenommen natürlich dieses Projekt MCC. Welches sich immer mehr zu einem Desaster entwickeln sollte.
Daher hatte ich eher den Eindruck, man wollte ich vielleicht wieder einmal davon abbringen, doch noch eine halbwegs annehmbare Planung, zudem noch rechtzeitig bis zur letzten Frist, erstellen zu können. Allerdings hatte ich mich mittlerweile daran gewöhnt, dass es hier offensichtlich nicht darum ging, eine positive Arbeit abzuliefern, dies noch dazu mit der Prämisse, möglichst wenig Ressourcen dafür einzusetzen, sondern hier schien es, um höhere Ziele zu gehen, welche sich mir nicht wirklich erschlossen. Deshalb nahm ich es einfach zur Kenntnis, nun einen Kollegen auf dessen Besuch seiner Baustelle zu begleiten. Doch kaum verließen wir gleich am Morgen wieder das Büro, hörte ich, wie Werner N., unser Moderator bei MCC und Angestellten Betriebsrat, zu den Kollegen meinte,
„damit er so etwas auch einmal gesehen hat!“
Jetzt hatte ich mich schon damit abgefunden, nicht recht zu wissen, weshalb ich diesen Kollegen auf dessen Baustelle mit begleiten sollte. Nun war ich sogar etwas irritiert. Denn dachten hier in diesem Unternehmen etwa Kollegen, ich würde erst gar keine Baustelle aus dem Blickwinkel einer Baustelle kennen?
Trotzdem blieb mir nichts anderes übrig, als den Kollegen auf dessen Baustelle zu begleiten. Dabei handelte es sich um ein Hochhaus im 2. Bezirk. Ein Gebäude, bei dem der Grundausbau offensichtlich mittlerweile abgeschlossen war. Es nun allerdings um den Ausbau der einzelnen Miet- und offensichtlich auch Eigentumseinheiten im Gebäude ging. Wenigstens musste ich daher nicht auch noch durch eine kalte, nasse und windige Baustelle laufen, denn es schneite an diesem Morgen ganz schön ordentlich.
Den ganzen Vormittag verbrachte ich nun also auf dieser Baustelle und schaute mir diese an, damit ich, wie es mein Kollege so schön formulierte, so etwas auch einmal gesehen habe. Denn der wirkliche Grund für diesen „Ausflug“ erschloss sich mir nicht gerade. Mittags besuchten wir dann auch noch ein Café am Nestroy Platz. Ein Lokal, welches offensichtlich mein Kollege schon bestens kannte. Allerdings offensichtlich auch aus der Zeit, in welcher er mit diesem Projekt dort in der Umgebung zu tun hatte. Dabei ging es allerdings dann bei den Gesprächen wiederum beinahe ausschließlich um das Projekt MCC, sowie um Alois H. als Abteilungsleiter.
Als ich dann am Nachmittag wieder zurück im Büro war, befragte ich meinen Kollegen und mein Gegenüber am Schreibtisch Oliver K. etwas über dieses Projekt, bei welchem ich vormittags war. Dabei erzählte mir dieser, dabei würde es sich um ein ähnliches Projekt wie MCC handeln. Dort hätte man einen äußerst knapp kalkulierten Auftrag um ca. 4,2 Mio. € erhalten, sich dabei allerdings beim Ausbau der einzelnen Miet- und Eigentums Einheiten eine wesentliche Verbesserung des Auftragsergebnisses erwartet. Welches sich allerdings keinesfalls eingestellt hatte, sondern dadurch noch viel schlechter wurde. Sodass bei einem gleichbleibenden Auftragswert von 4,2 Mio. € sich mittlerweile Kosten in der Höhe von 8,4 Mio. € angehäuft hatten! – Na, Bumm! Dachte ich mir. Hier scheint es, als hätte ich es mit einer äußerst erfolgreichen Truppe zu tun zu haben. Wobei ich dabei mein Tischgegenüber Oliver K. herausnehmen muss, denn er gehörte zwar nicht zu den angenehmsten, allerdings zu den kompetentesten Kollegen, welcher zudem auch menschlich äußerst in Ordnung zu sein schien.
Doch, wenn so ein Projekt schon dermaßen daneben geht, was würde mich dann erst bei MCC erwarten. Nicht umsonst nannte mein Kollege Oliver K. dieses Projekt stets als
„Mega Gucking Center – Da werden sie alle schön schauen, wenn das zu Ende ist!“
Naja! Da würde mich also noch einiges erwarten!
Etwas Gutes hatte allerdings dieser Baustellenbesuch an diesem Vormittag. Denn genau in jener Zeit, als ich durch die Baustelle lief, rief mich eine Mitarbeiterin dieses Sicherheitstechnik Unternehmens aus München an, bei welchem ich mich erst vor kurzem beworben hatte, um mit mir einen Termin für ein Vorstellungsgespräch zu vereinbaren. Und da ich nun unter der Woche in Wien war, blieb dafür nur ein Freitag oder ein Montag übrig, weshalb wir gleich für diesen Freitag einen Termin am Morgen in dessen Büro in München vereinbarten. Daher hatte ich mir auch gleich für diesen Freitag freigenommen und am Abend ein Zimmer in jenem Hotel gebucht, in welchem ich in der Zeit bei VA Tech in „München“ meine Unterkunft hatte.
(2020-12-21)