Ismaning, Donnerstag, der 19. Mai 2005:
An diesem Tag sollte schon wieder ein kleiner Empfang für Geschäftspartner im Büro nachmittags stattfinden. Ich dachte mir schon, die kommen aus dem Feiern gar nicht mehr heraus!
Doch an diesem Tag wurde mir auch klar, weshalb in diesem kleinen Besprechungsraum, gleich im angrenzenden Zimmer, welches hinter meinem Rücken lag, ein eigener Rechner mit Netzwerkzugang installiert wurde. Denn nach und nach verschwand „Harry“ der an diesem Tag auch wieder im Büro war, in diesem kleinen Besprechungsraum.
Offensichtlich dürfte es ihm allerdings immer noch nicht aufgefallen sein, dass man in diesem Büro jedes gesprochene Wort noch einige Zimmer weiter mitverfolgen konnte, als würde es im gleichen Raum gesprochen werden. Gesagt hatte ihm dies allerdings offensichtlich auch noch niemand. Meist war es, gerade wenn „Harry“ im Büro war, auch besonders ruhig. Kaum jemand der sich mit einem Kollegen mit normaler Lautstärke unterhalten hatte. Schon gar nicht, wenn „Harry“ hier war!
Kurz bevor dieser Empfang dann richtig losgehen sollte, verschwand „Harry“ mit mehreren Teilnehmern diesem Empfanges, Kollegen des Unternehmens, aber auch Geschäftspartner, die meisten wieder von einem in München ansässigen Automobilherstellers, in diesem kleinen Besprechungszimmer. Ich konnte davon, saß ich doch nur wenige Meter daneben, dazwischen nur diese Trockenbauwand, welche offensichtlich überhaupt nichts mit Schallschutz zu tun hatte, mitverfolgen. Da erklärte „Harry“ diesen Personen, mit welchen er nun in diesem Besprechungszimmer war, wie toll es doch sei, wenn man die Arbeit jedes Mitarbeiters „online“ am Bildschirm mitverfolgen kann. Dabei erklärte er ihnen, was ich gerade an meinem Rechner arbeite, womit ich gerade beschäftig sei, und wie man hier verfolgen könnte, wie ich meine Arbeit erledige. Dabei machte ich mir auch einen Spaß daraus – ich vermutete ohnedies längst was hier los war – und wechselte dabei immer wieder die Programme, mit welchen ich arbeite, wechselte von einem Plan zum nächsten und konnte dabei schön mitverfolgen, wie sich die Teilnehmer dieser „Besprechung“ mit „Harry“ im Zimmer hinter meinem Rücken darüber unterhielten. Doch dabei meinte „Harry“ auch,
„wenn der jetzt irgendetwas tut was er nicht soll, dann haben wir ihn sofort!“
Na, das waren nun ganz besonders tolle Aussichten in diesem Büro für mich!
Doch dann erklärte „Harry“ noch weiter,
„so kriegen wir jeden! – Das weiß keiner, was wir da tun. Und wenn einer etwas auf seinem Rechner tut, was er nicht soll, dann hat es ihn sofort! Das brauchen wir dann nur aufnehmen. – Und der weiß aber überhaupt nicht, woher das kommt!“
Wobei großes Gelächter im Besprechungszimmer ausbrach!
Einfach nur widerlich! Mehr braucht man dazu erst gar nicht mehr zu sagen! – Ich war schon damals der Meinung, dies müsste gesetzlich verboten werden! Aber das Problem dabei liegt daran, wie soll ein betroffener Mitarbeiter dies beweisen können! Es ist, als würde man ständig überwacht werden, weiß aber überhaupt nicht, wer und von wo aus einer einen ständig überwacht!
Mit einer Remote Desktop Verbindung ist so etwas problemlos machbar!
(2020-10-06)