Ismaning, Montag, der 23. Mai 2005:
Ich hatte mich über diese Vorführung von vergangenem Donnerstag, wie toll es doch sei, einen Mitarbeiter mithilfe einer Remote Desktop Verbindung zu überwachen, dermaßen geärgert, vor allem darüber, wie gleichgültig dies mir gegenüber geschehen war, obwohl ich doch in den Wochen zuvor schon immer wieder Andeutungen darüber fallen gelassen hatte, sodass ich mir dazu nun selbst einen Spaß erlaubt hatte.
Dazu habe ich mir am Wochenende auf meinem privaten Rechner in der Wohnung in Salzburg eine kleine Bildschirmpräsentation vorbereitet. Allerdings eben als Spaß. Dabei ließ ich einige Nackedeis auf dem Bildschirm herumhüpfen. Wofür ich mir aus dem Internet entsprechendes Material besorgte und dies eben zu einer kleinen Bildschirmpräsentation zusammenstellte und diese auf einem USB-Stick abspeicherte.
Heute, Punkt 12 Uhr mittags, nahm ich meinen USB-Stick mit dieser Bildschirmpräsentation, steckte ihn am Rechner an und startete diese Bildschirmpräsentation. Danach ging ich durch das gesamte Büro und fragte jeden einzelnen Mitarbeiter, ob ich ihm denn nicht etwas vom Supermarkt mitbringen sollte. Dies tat ich zuvor schon öfters. Auch andere Kollegen taten dies, denn selbst in den Supermarkt gehen, oder gar gemeinsam dorthin gehen, das schien für einige kaum denkbar zu sein. Aber dass ich das gesamte Büro dabei abgelaufen war, „Harry“ und Karl Pi. Waren leider an diesem Tag nicht im Büro, das hatte es zuvor noch nicht gegeben.
Dabei wollte ich jedem einzelnen ins Gesicht sehen, wie er denn nun auf meine Anwesenheit bei seinem Arbeitsplatz reagiert. Schließlich hatte ich längst den Verdacht, dass sehr viele meiner Kollegen im Büro ständig mitverfolgen, woran ich arbeite, aber auch wie ich meine Arbeit vollbringe und dies konnte eben auch nur mithilfe dieser Bildschirmüberwachung durch eine Remote Desktop Verbindung geschehen. Man soll nicht glauben, was ich nun dabei alles zu sehen bekam. Von völlig versteinerter Miene, Sprachlosigkeit, bis knallroten Kopf bekam ich alles zu seihen. Und dies bei jedem Mitarbeiter, ausgenommen unserer Sekretärin!
Somit war mir klar, womit sich die meisten meiner Kollegen die Zeit im Büro vertrieben – mich bei meiner Arbeit zu kontrollieren! Zudem auch, weshalb diese technische Auftragsbearbeitung für die Allianz Arena in München saß, gab es doch von ihnen kaum tatsächlich einen Kontakt zur Baustelle. Ihre Aufgabe bestand eben darin, mich nicht nur am Bildschirm zu überwachen, sondern auch das ganze Rundherum zu beobachten und dies dann weiterzugeben!
Nun war mir klar. Hier gibt es keine Zukunft mehr für mich! Und diese „endgültige Bestimmung“, welcher ich zugeführt werden soll, wie es die Sekretärin im Jänner regungslos neben mir beim Telefonieren meinte, kann nichts Gutes sein – da blieb für mich nur mehr der Friedhof übrig!
(2020-10-06)