Ismaning, Montag, der 21. Februar 2005:
Heute Vormittag, um 10:00 Uhr, sollte nun das Angebot für diese Mittelspannungsverkabelung in einem Automobilwerk in Dingolfing abgegeben werden. Doch diese Ausschreibung, so einfach sie war, hatte es doch in sich. Bestand sie doch aus einer sehr wesentlichen Position, der Mittelspannungskabel, mit einer ausgeschriebenen Länge von über 2.500 Metern.
Daher wurden für diese Position beinahe bei jedem nur erdenklichen Lieferanten eines solchen Kabels, N2XEY 3×240/25mm², Angebote dafür eingeholt. Nicht nur von mir in Deutschland, sondern auch vom Zentraleinkauf in Linz, der zudem nicht nur in Österreich, sondern auch, zusätzlich zu meinen Anfragen, in Deutschland dieses Kabel anfragte. Dafür hatte ich mir, wie üblich, einen eigenen Preisspiegel für die Angebote angefertigt, um alle Preise der Angebote zu vergleichen und danach das günstigste Angebot in die Kalkulation einzusetzen. Dazu kam noch, dass mehrere Lieferanten eines solchen Kabels auch mehrere Angebote dafür legten, handelte es sich doch dabei um ein für solche Lieferanten nicht uninteressante Maßnahme. Beinahe im Stundentakt trudelten deshalb bei mir Angebote dafür ein, welche ich stets in meinen Preisspiegel einpflegte, um nur ja das günstigste Angebot in der Kalkulation zu verwenden.
Irgendwann musste ich allerdings mit meinem Angebot fertig werden, daher hatte ich mir am Freitag, kurz bevor ich gegen Mittag ins Wochenende ging, ein Enddatum für die Berücksichtigung von Angeboten gesetzt. Denn schließlich sollte heute bis 10:00 Uhr das Angebot samt Kalkulationsblatt fertig geschrieben und von allen Zuständigen abgezeichnet und unterschrieben sein, damit dieses Angebot noch rechtzeitig per Mail an das ausschreibende Ingenieurbüro gesendet werden konnte.
Ich war mit der Erstellung des Angebotes längst fertig, da rief mich ein Kollege vom Zentraleinkauf in Linz an und meinte, er hätte nun doch noch ein äußerst günstiges Angebot für dieses Kabel erhalten, welches ich unbedingt noch in der Kalkulation berücksichtigen sollte. Weshalb ich mir dieses Angebot, als es per Fax im Büro eintraf, sofort holte, um es noch in die Bewertung der Angebote einfließen zu lassen.
Nun ist es allerdings so, dass es in Österreich üblich ist, Kabelpreise mit einer bereits eingerechneten Basis für das im Kabel enthaltene Kupfer anzubieten. Dabei handelt es sich um 1,30 Euro je Kilogramm Kupfer, welches auch bei Angeboten von Lieferanten bereits im Angebotspreis enthalten ist. Dazu kommt jedoch noch der tatsächliche Preis für das Kupfer, welches in solch einem Kabel eingelagert ist. Dieser ist vom tatsächlichen Rohstoffpreis für Kupfer abhängig, welcher in Österreich alle zwei Wochen neu festgelegt wird.
Jedoch ist es in Deutschland üblich, Kabel mit einem Preis anzubieten, in welchem kein Kupfer enthalten ist – den sogenannten Hohlpreis eines Kabels. Auch dazu ist dann noch der Preis des Rohstoffes Kupfer hinzuzurechnen, allerdings mit dem jeweils tagesaktuellen Preis an der Rohstoff Börse. Dafür gibt es allerdings in Deutschland keine einheitliche Regelung. Daher gibt es auch in Deutschland Lieferanten für Kabel, welche bereits in ihren Angeboten auch eine Kupferbasis einrechnen, welche danach bei der Berechnung des gesamten Preises für das Kabel beim Kupferpreis abzuziehen ist.
Nun sah ich mir dieses Angebot, welches kurz vor Angebotsabgabe noch vom Zentraleinkauf gekommen war, genauer an und stellte dabei fest, dieses Angebot scheint tatsächlich noch günstiger zu sein als jenes, welches ich bisher in meiner Kalkulation berücksichtigt hatte. Daher dachte ich mir, dazu muss ich ohnedies nur dieses Angebot nun in meiner Kalkulation im Kalkulationsprogramm einsetzen. Wenn danach der Angebotspreis für das gesamte Angebot günstiger wird, ist eben auch dieses Angebot das günstigste und ich sollte dieses noch im Angebot mitberücksichtigen. In meinen selbst angefertigten Preisspiegel für diese Angebote hatte ich es daher erst gar nicht mehr eingetragen, denn dafür war auch keine Zeit mehr.
Also setzte ich dieses Angebot in die Kalkulation ein und stellte dabei fest, der gesamte Angebotspreis für diese Ausschreibung ist tatsächlich nun noch günstiger. Deshalb verwendete ich dies auch weiter, änderte noch schnell das Kalkulationsblatt, schrieb das Angebotsschreiben um, holte mir noch schnell alle Freigaben für dieses Angebot und ließ es, so war es für diese Ausschreibung nun vorgesehen, auch von Manfred B., dem neuen Zweigniederlassungsleiter, unterschreiben. Denn dieser sollte nun auch gleich für dieses Angebot mitverantwortlich sein, würde ein möglicher Auftrag doch eher in seinen Bereich fallen. Darüber war schon bei Angeboten zuvor diskutiert worden, ob nun nicht Manfred B. dafür zuständig sei, jedoch hatte diese Karl P. in seinem Verantwortungsbereich gesehen. Nun sollte dies, bei diesem Angebot, an Manfred B. übergehen.
Wenige Minuten vor 10:00 Uhr hatte ich dann das Angebot umgeschrieben und endlich fertig, weshalb das Angebotsschreiben nun noch rechtzeitig per Fax an das ausschreibende Ingenieurbüro übersendet wurde. Danach hatte ich das gesamte Angebot mit dem ausgefüllten Leistungsverzeichnis noch per Mail an dieses Ingenieurbüro nachgesendet.
(2020-09-03)