Ismaning, Eichenried, Mittwoch, der 15. Dezember 2004:
Auch wenn ich an diesem Vormittag von Gerhard G. dazu gerufen wurde, als er seinen Kollegen das Ergebnis der Auftragsverhandlung vom Vortag mitteile und dabei die noch zu erledigenden Aufgaben verteilte, blieb für mich nichts weiter für dieses Angebot zu tun. Selbst aus ich darauf hingewiesen hatte, doch Zeit dafür zu haben und dies auch gerne erledigen zu wollen. Er meinte, dies sollen jene erledigen, welche zuvor schon das Angebot ausgearbeitet hatte. Was grundsätzlich auch nicht falsch ist, jedoch beunruhigte mich dies etwas. Denn weshalb war ich dann gestern zu diesem Termin mit dabei. Nur weil man mich einmal zu solch einer Auftragsverhandlung mitnehmen wollte, wird es wohl nicht gewesen sein. Aber mir blieb nichts anderes übrig, als dies zur Kenntnis zu nehmen und abzuwarten. Vielleicht entsteht daraus ein Auftrag. Diesen sollte dann ja ich bearbeiten.
An diesem Abend wollte ich nicht weiter einfach nur in meinem Zimmer in dieser Frühstückspension vor dem Fernseher sitzen. Zudem hatte ich dafür auch noch viel zu viel Hunger. Aber, auch wenn ich doch schon wieder daran gedacht hatte, vielleicht doch noch einmal in diese Gastwirtschaft schräg gegenüber zu gehen, so schnell wollte ich dies dann doch nicht tun.
Daher entschied ich mich an diesem Abend, einmal in dieses Restaurant in dieses Jagdschloss, gleich kurz vor dem Ortsgebiet zu gehen. Jedes Mal, wenn ich daran vorbeigefahren bin, dachte ich darüber nach, dies einmal zu besuchen. Wobei ich mir allerdings nicht ganz sicher war, ob ich dort auch hingehen möchte. Befindet sich doch gleich auf der anderen Straßenseite ein Golf Club. Noch dazu ein ziemlich bekannter, in welchem auch dieses BMW Open jährlich stattfindet, und ich mir nicht sicher war, ob dieses Restaurant nicht vielleicht zu diesem Golf Club dazugehört. Dies wäre nun wirklich nicht die Umgebung gewesen, in welcher ich mich an einem Abend nach der Arbeit bei VA Tech hier in „München“ befinden wollte.
Zudem gab es noch das Problem, zu diesem Restaurant reichte der Gehweg an der Straße im Ortsgebiet nicht. Dieser hörte gleich nach dem Ortsschild auf. Daher musste ich, wenn ich dorthin zu Fuß gehen wollte, was ich vorhatte, denn mit dem Auto wollte ich am Abend keinesfalls mehr in eine Gastwirtschaft fahren, direkt an der Straße entlang gehen. Wobei diese Straße zumindest am Morgen und am Abend ziemlich stark befahren ist. Aber dies war mir an diesem Abend einfach einmal egal. Daher ging ich zu Fuß in dieses Restaurant im Jagdschloss, gleich am Beginn des Ortes. – Ich wollte es einfach einmal probieren.
Als ich mich dort an einen Tisch setzte, fand ich das Lokal gar nicht einmal so übel. Denn irgendwie fand ich es doch etwas seltsam. Viele Autos standen selten davor, wenn ich daran vorbeifuhr. Daher dachte ich mir auch, dies könnte nicht besonders gut besucht sein. Zudem, zu diesem Golf Club schien es auch nicht zu gehören. Aber als ich nun an meinem Tisch saß, gefiel es mir eigentlich sehr gut. Jedoch gut besucht war es tatsächlich nicht.
Ich hatte gerade mein Getränk serviert bekommen, da bemerkte ich, wie sich eine Frau an einem Tisch mit vier Personen, zwei Frauen und zwei Männer, alle mittleren Alters, offensichtlich zwei Paare, zu ihren Tischnachbarn vorbeugt, zu mir herüberäugte und dabei zu ihnen leise meinte,
„stimmt das, dass die den umbringen wollen?“
Worauf ich erst einmal hellhörig wurde. Denn dies ist dann doch nicht eine übliche Unterhaltung, welche ich über mich an einem Tisch in meiner Umgebung höre.
Worauf einer der beiden Männer meinte,
„ja! Die haben es total abgesehen auf den! – Von dem wollen sie alles haben! – Aber wenn sie es so bekommen, dann werden sie wohl hoffentlich doch nicht so weit gehen! – Auf seinen Grund (sein Grundstück), haben sie es besonders abgesehen. Das wollen sie auf jeden Fall haben! Das geht mittlerweile schon über zehn Jahre. – Seit sie um Umwidmung angesucht haben.“
Dann meinte der Mann weiter,
„auf der Wies’n, da ist es erst zugegangen! Wie der gekommen ist, da hätte die keinesfalls mehr mit dem gesprochen, egal was der auch immer gemacht hätte. – Die haben sie so weit gekriegt, dass sie mit ihnen mitmacht, damit er ihr nicht abhaut, wenn er erst einmal etwas geworden ist!“
Nun war ich schon einmal baff, denn dies entsprach genau jenem, was ich selbst vermutete. Zudem entsprach dies genau dem, was ich selbst in diesem Weinzelt miterlebt hatte.
Aber dann ging es noch weiter,
„jetzt sagen sie, der soll hier etwas werden und dann wieder zurück gehen! – Da haben sie jetzt hier ein riesen Büro gemietet, welches noch beinahe komplett leer steht. Da wollen sie eine neue Abteilung aufbauen, die er führen soll. Aber parallel dazu suchen sie hier schon einen anderen, weil sie ihn da wahrscheinlich auch wieder ausrutschen lassen werden. – Dann steht der da!“
Jetzt war ich allerdings richtig baff. Denn, dass ich hier in einer Gegend wäre, in der mich niemand kennen würde, davon konnte nun also keine Rede mehr sein. Wobei, ich kannte diese Leute überhaupt nicht. Sie waren mir zuvor auch noch nie aufgefallen.
Allerdings war mir schon bewusst, dass ich hier in einem Ort, gerade mal circa 15 Kilometer von München entfernt bin und München nicht weit von meiner alten Heimat entfernt ist. Zudem dort auch viele Münchner und Leute aus der Umgebung von München eine Ferienwohnung haben. Ja selbst ein Nachbar meines Elternhauses ist ein Münchner, der zudem auch noch im hiesigen Automobilwerk arbeitet und dort im Bereich des Betriebs und die Errichtung neuer Werkshallen tätig ist. Mit ihm hätte ich nun also beinahe täglich etwas zu tun bekommen können. Aber damit, mit dieser Unterhaltung, gerade mal zwei Tische entfernt von mir, damit hätte ich keinesfalls gerechnet. Zudem schien der Mann äußerst große Detailkenntnisse darüber zu haben, von denen er nun auf diesem Tisch nicht alles erzählt hatte.
Mir wurde zudem ganz über dabei, als der Mann von diesem Büro hier zu erzählen begann. Denn dass dieses Büro doch äußerst seltsam leer steht, gefiel mir von Anfang an nicht besonders. Nun kursiert hier schon wieder das Gerücht, ich sollte hier eine neue Abteilung aufbauen. Somit hatte ich schon wieder die gleichen Gerüchte im Umlauf, welche mit in den letzten eineinhalb Jahren das gesamte leben in meiner alten Heimat zerstört hatten.
Aber dabei sollte es nicht bleiben. Danach sollte ich nun, den Gerüchten zufolge, danach „wieder zurück“, was nichts anderes als zurück nach Salzburg kommen! Was nichts anderes bedeutete, auch die bisherigen Spielchen über Positionen, welche ich in diesem Unternehmen einnehmen sollte, begannen wieder von vorne! Somit ging es nun gleich um drei mögliche Positionen, welche ich in diesem Unternehmen einnehmen soll! – Aber parallel dazu würde bereits hier jemand gesucht werden, der die Leitung in dieser Zweigniederlassung übernehmen soll! – Also, noch blödere Gerüchte hätten nun hier nicht kursieren können!
Dazu wusste der Mann offensichtlich auch genauestens über diese Angelegenheit bezüglich der Umwidmung des Grundstückes mit der Gemeinde in meinem alten Heimatdorf Bescheid!
Auch die Angelegenheit mit „Silly“ schien bestens bekannt zu sein! Wobei, dies hatte mich gar nicht einmal so sehr gewundert, nachdem was sich in München am Oktoberfest Ende September dazu abgespielt hat. – Und dies geschah eben hier.
Zudem, diese ganze Unterhaltung an diesem Tisch begann mit der Frage einer der beiden Frauen, ob dies richtig sei, dass „die“ mich umbringen wollen! – Mehr brauchte ich an diesem Abend wirklich nicht.
Aber irgendwie hatte diese Unterhaltung, vielmehr diese Erzählung eines der beiden Männer auf diesem Tisch, auch ihr Gutes. Denn dies zeigte mir, dass es sehr wohl Leute gibt, und eben auch nicht gerade wenige, die all dies mitverfolgten. Noch dazu, wie in diesem Fall, offensichtlich bis ins kleinste Detail. Daher hatte ich, auch wenn dies noch so tragisch ist, niemals den Eindruck, dabei einmal auf der Strecke zu bleiben. Denn wenn dies in solcher Weise bei anderen, mir gänzlich unbekannten Leuten bekannt wäre, dann würden sie, so dachte ich niemals damit durchkommen.
Daher begann ich an diesem Abend, als ich nach dem Essen noch eine ganze Weile in diesem Restaurant sitzen blieb, darüber nachzudenken, ob es nicht doch besser wäre, die Zeit, in der ich hier bei VA Tech in München arbeite, dabei aber nur entsendet bin, was ohnedies nur zeitlich begrenzt möglich ist, zu nützen, vielleicht doch noch das eine oder andere in meiner alten Heimat wieder in Ordnung zu bringen. Denn so wäre wohl ein Neustart im Leben so gut wie nicht möglich.
Grundsätzlich sah es zwar im Büro nicht ganz so schlecht aus, wie dieser Mann dies schilderte, aber es könnte durchaus den Tatsachen entsprechen. Zudem traute ich bei VA Tech ohnedies niemandem mehr! Allerdings war ich eben auf dieses Unternehmen angewiesen. Denn wie ich so eine andere Arbeit bekommen würde, das war mir ein Rätsel, beziehungsweise hielt ich für unmöglich. Was mich allerdings auch kaum wunderte, denn wer würde sich schon solch ein Theater in den Betrieb holen wollen. Daher blieb wohl nichts anderes übrig, als auch einige Angelegenheiten in meiner alten Heimat, solange ich noch meine Wohnung in Salzburg hatte, versuchen zu bereinigen.
Ganz wohl war mir nicht, als ich dann wieder zurück in meine Frühstückspension ging. Denn nun ging ich eben auf der anderen Straßenseite, wobei ich nicht nur direkt am Straßenrand gehen musste, sondern auch bemerkte, gleich neben der Straße geht es eine Böschung runter in einen Wald. – Wenn da jemand weiß, wann ich gerade am Rückweg bin, muss er nur kurz mit dem Fahrzeug halten, herausspringen, mir eins über den Schädel ziehen, mich die Böschung hinunterwerfen und wäre sofort wieder weg. Am nächsten Tag würde ich wahrscheinlich erst gefunden werden, wobei es dann vielleicht heißen würde, ich wäre betrunken am unbefestigten Straßenrand gegangen, dabei gestolpert und hätte mir dabei tödliche Verletzungen zugezogen. – Falls jemand diese Drohungen gegen mich umsetzen möchte.
Es ging also schon wieder munter los. Mindestens gleich wie zuvor in Salzburg. – Wobei, eines sollte ich an dieser Stelle einmal erwähnen. Hätte ich damals bereits über alles Notizen geschrieben, wie ich dies heute im August tue, in der Zeit, in der ich dies niederschreibe, dann hätte ich meine Zeit nur mehr mit dem Schreiben von Notizen verbracht. Ist Vieles in den Notizen, welche ich heute schreibe, schon mehr als fragwürdig. So ist dies nichts dagegen, was sich damals abgespielt hatte. Nicht nur die Intensität der Aktionen gegen mich war damals viel höher, sondern auch die Aggressivität gegen mich! Aber damals war ich eben noch Mitte dreißig Jahre alt, in einem großen Konzern beschäftig, hatte mit großen und teilweise bedeutenden Projekten zu tun und es gab, neben dieser Angelegenheit um „Silly“ noch eine Vielzahl von ähnlichen Versuchen, mich als unmöglich darzustellen, mich zu diskreditieren. Heute arbeite ich in einem kleinen, unbedeutenden Ingenieurbüro in Frankfurt an unbedeutenden Projekten, habe ein Alter, in welchem von mir kaum mehr “Gefahr“ ausgeht, das berührt die heute kaum mehr.
(2020-08-17)