Flachau, Freitag, der 17. Dezember 2004:
Nun war auch meine zweite volle Woche an meinem neuen Dienstort in „München“, die schon etwas aufregender war, zu Ende. Aber nach all dem, was ich diese Woche erlebt hatte, kam ich, mehr oder weniger, zur Ansicht, die Zeit, in der ich nun von VA Tech nach „München“ entsendet bin, dafür zu nützen, wenigstens einige Angelegenheiten in meiner alten Heimat zu lösen, damit ich mir dann auch eine neue Arbeit in München suchen kann, denn diese Entsendung ist ohnedies zeitlich begrenzt, weshalb es in meinem Berufsleben auch wieder zu einer Änderung kommen wird, wie auch immer diese aussieht.
An diesem frühen Abend war ich bei einer Freundin meiner damaligen Lebensgefährtin, welche in der gleichen Zeit wie sie zu studieren begann, dabei allerdings noch nicht besonders weit gekommen war, da sie, gerade die Winterzeit, dafür nützte, sich Geld dazu zu verdienen, indem sie in einem Lokal in einem Wintersportort arbeitete. Dieses Lokal befand sich im Grenzgebiet zwischen Salzburg und Kärnten. Aber auch hier war die Situation bereits so, dass ihr Chef zu uns beiden meinte, falls ich sie besuchen kommen würde, dann sollte dies so geschehen, dass es niemand merken dürfte, dass wir beide uns kennen. Schon gar nicht woher. Denn er meinte, er möchte diesen Wirbel, ähnlich wie in Salzburg oder schon gar nicht wie in Mondsee, keinesfalls in seinem Lokal haben. Daher war ich auch sehr früh am Abend wieder weggefahren. Nun war zudem auch noch keine Saison, daher war das Lokal auch nur von wenigen Gästen besucht.
Am Rückweg allerdings dachte ich mir, ich könnte doch einfach einmal bei Gebhard T., diesem Barchef, oder was auch immer seine Funktion im Lokal des „verrückten Wirtes“ in Mondsee war, in Flachau vorbeischauen. Vielleicht einmal mit ihm reden. Vielleicht auch darüber, wie man diesen Wirbel wieder in Griff bekommen könnte. Denn schließlich hatte ich den Eindruck, der sich allerdings als Falsch herausstellen würde, auch ihn würde dies stören.
Im Sommer hatte er mir doch einmal erzählt, er wäre diesen Sommer zum letzten Mal in Mondsee, denn er würde, zusammen mit einem Partner, in Flachau ein Lokal übernehmen. Dabei erzählte er mir auch, um welches Lokal es sich dabei handeln würde. Dies kannte ich auch, obwohl ich dies noch nie besucht hatte. Aber ich war schon sehr oft daran vorbeigefahren, wenn ich im Winter in Flachau zum Schifahren war.
Daher dachte ich mir, als ich die Tauernautobahn zurück nach Salzburg fuhr, ich fahre von der Autobahn ab und besuche ihn einmal in diesem Lokal. Nun wäre auch noch Vorsaison, daher würde auch in diesem Lokal nicht sehr viel los sein. Vielleicht könnte ich mich mit ihm einmal unterhalten. Abe als ich am Parkplatz neben dem Lokal mein Auto parkte, aus dem Auto ausstieg und zum Eingang gehen wollte, sah ich das Auto dieser „Silly“ stehen und erstarrte dabei beinahe zu Stein. Denn ich dachte mir, um Gottes Willen, die wird doch nun nicht auch noch bei ihm arbeiten. Denn dann geht das ganze Theater gleich wieder voll los.
Nun hatte ich gleich wieder umgedreht, stieg in mein Auto ein und wollte schon wieder nach Hause fahren, denn dies brauchte ich an diesem Abend nun wirklich nicht. Aber dann rief ich zuerst meine Lebensgefährtin an, erzählte ihr davon, dass ich am Rückweg von ihrer Freundin noch in dieses Lokal, welches einer der beiden aus dem Lokal des „verrückten Wirtes“ in Flachau übernommen hatte, besuchen wollte, um vielleicht mit ihm zu reden. Aber gerade als ich zum Eingang zu diesem Lokal gehen wollte, hätte ich das Auto dieser „Silly“ gesehen, weshalb ich nun wieder nach Hause fahren wollte, ohne in dieses Lokal zu gehen. Aber darauf meinte sie, wenn ich schon einmal vor dem Lokal wäre, wäre es nun wohl besser, dieses Lokal auch zu besuchen, denn entdeckt hätte mich mit Sicherheit bereits jemand, weshalb der Wirbel ohnedies gleich wieder voll ausbrechen werde. Schließlich wüsste ich nun, wo diese „Silly“ in den Wintermonaten arbeitet. Dies erschien mir auch logisch, daher entschloss ich mich, doch wieder aus dem Auto auszusteigen und in dieses Lokal zu gehen.
Aber kaum hatte ich das Lokal betreten und wollte an die Bar gehen, sah mich schon „Silly“, diese hatte mich wohl schon gesehen, als ich noch am Parkplatz war, denn gleich hinter der Bar war ein Fenster, wodurch man direkt zum Parkplatz blicken konnte. Sie brüllte mich regelrecht an und meinte dabei,
„geh‘ rüber! – Geh‘ rüber!“
Und deutete dabei auf die zweite Kneipe innerhalb dieses Lokals hinüber. Wobei dieses Lokal eben auch tatsächlich aus zwei Kneipen bestand, was ich allerdings, da ich dieses Lokal bisher noch nie betreten hatte, nicht wusste. An der rechten Seite ein modern eingerichtetes Lokal, wobei, modern im ländlichen Stil, an der nun diese „Silly“ offensichtlich arbeitete. An der linken Seite eine sogenannte „Bierstube“, welches nichts anderes als eine abgetakelte, urige Kneipe war.
Ich hätte es mir denken können, konnte es allerdings kaum fassen, wie man auf jemanden derart reagieren konnte. Aber das war eben so. Allerdings entsprach ihre Reaktion dem, was ich seit mittlerweile fünf Jahren von ihr kannte. Denn auch im Mai 2000 hatte ich von ihr bereits Ähnliches erlebt.
Als ich nun in diese „Bierstube“ rüber ging, mich mit einem Kopfschütteln von „Silly“ abwendete, hörte ich noch, wie eine Frau, welche an dieser Bar bei „Silly“ stand, sich offensichtlich auch zuvor mit ihr unterhalten hatte, meinte,
„weshalb machst Du das!“
Worauf sie nur antwortete,
„ja …!“
Nun stellte ich mich also in dieser „Bierstube“ an die Bar. Auch dort arbeitete einer der Kellner, welche auch schon im Sommer bei diesem „verrückten Wirt“ in Mondsee arbeitete. Mit ihm konnte ich mich, wenigstens noch zu dieser Zeit, etwas unterhalten. Wobei ich regelrecht froh war, dass es in diesem Lokal zwei Lokale gab, denn sonst hätte ich nun wieder gehen müssen. Allerdings sofort wieder dieses Theater in vollem Umfang am Hals gehabt, ohne dagegen etwas zu unternehmen zu können. Denn ein weiteres Mal hätte ich dieses Lokal sicher nicht mehr betreten.
Als ich nun an der Bar in dieser „Bierstube“ stand, musste ich an die Unterhaltung, vielmehr diese Erzählung jenes Mannes an einem Nebentisch in diesem Jagdschlösschen in Eichenried denken, in welchem ich zwei Tage zuvor zum Abendessen war. Weshalb mich die Reaktion von „Silly“ eigentlich nicht mehr wundern durfte.
Ich fand diese ganze Angelegenheit einfach nur mehr irre. Denn es wäre gar nicht einmal so unwahrscheinlich gewesen, dass ich in dieses Lokal einmal nach dem Schifahren im Winter zufällig gekommen wäre. – Oder eigentlich nie gekommen wäre, denn ich wäre davon mit Sicherheit mit allen Mitteln davon ferngehalten worden!
Ich habe mich immer wieder gefragt, ob dies nicht vielleicht ein Fehler war, an diesem Abend in dieses Lokal zu gehen, um vielleicht mit Gebhard T. zu reden. Dabei bin ich allerdings auch immer wieder zum Ergebnis gekommen, es war genau die richtige Entscheidung. Denn „zufällig“ wäre ich in dieses Lokal ohnedies nie gekommen, dafür hätten schon Unzählige gesorgt. Schließlich war es mir in fünf Jahren unmöglich herauszufinden, wo diese „Silly“ in den Wintermonaten arbeitet. Ausgenommen natürlich den Winter zuvor, wo sich all dies in Salzburg abspielte. Hätte ich sie an diesem Abend nicht „zufällig“ in diesem Lokal angetroffen, weil ich Gebhard T. besuchen wollte und mit ihm reden wollte, ich hätte niemals erfahren, wo sie in diesem Winter arbeitete. Ich hätte dafür einfach keine Chance gehabt!
Allerdings wäre dieses Theater auch ohnedies sofort wieder voll entbrannt, wäre ich nur ein einziges Mal im Winter zum Schifahren in Flachau gewesen. Was in dieser Zeit sehr häufig der Fall gewesen ist. Ich hätte allerdings nie gewusst, wo ich zu suchen anfangen sollte, um dieses Theater vielleicht eindämmen zu können. Denn es hätte eben schlicht und einfach gereicht, hätte „Silly“ einfach einmal ihre unnahbare Art mir gegenüber abgelegt und es wäre möglich gewesen, mit ihr, wie mit vielen anderen jungen Frauen, welche ich in dieser Zeit kannte und auch in Lokalen arbeitete, sich einfach nur zu unterhalten. Somit wäre dieses „Theater“ sofort zu Ende gewesen und diese Intrigenspiele wären nicht mehr möglich gewesen!
(2020-08-19)