München, Donnerstag, der 23. September 2004:
Eigentlich wollte ich schon gleich am Morgen nach München fahren, damit ich auch gleich zu Beginn des Tages auf der Wiesn im Weinzelt bin, um nun endlich hinter dieser scheinbar unendlichen Angelegenheit mit dieser „Silly“ einen Schlussstrich zu ziehen, wie auch immer dieser aussieht. Denn, für mich war es nun die letzte Möglichkeit, welche ich noch gesehen habe, um dies zu bereinigen.
Aber dann wurde es doch Mittag, bis ich zum Bahnhof fuhr, um mit dem Zug um kurz vor 13:00 Uhr nach München zu fahren. Denn zuerst konnte ich nicht schlafen, wie auch schon in den Wochen zuvor, als ich dann allerdings in den frühen Morgenstunden endlich einschlief, war ich bereits so müde, dass ich zu tun hatte, nicht den ganzen Tag zu verschlafen. Es hätte schon seinen Grund gehabt, weshalb ich mir zuerst einen Tag frei nehmen wollte, um mich wenigstens ein wenig zu erholen. Aber nun, so schien es, kam es auf jeden Tag an, daher wollte ich diesen Tag nicht untätig verstreichen lassen.
Als ich dann kurz nach 15:00 Uhr auf dem Oktoberfestgelände war, war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich nun überhaupt noch tun sollte, was ich mir vorgenommen hatte, denn mittlerweile wurde mir klar, dabei geht es nun um alles oder nichts. Bleibt diese Angelegenheit heute wieder ungeklärt, dann wird es wohl nie mehr eine Möglichkeit geben, danach noch einmal einen Versuch zu unternehmen. Daher ging ich erst einmal eine Runde um das Festgelände. Denn, was ich erhofft hatte, diese „Silly“ endlich einmal anzutreffen, ohne die Anwesenheit von irgendwelchen Personen, die ich ohnedies nicht kenne, jedoch diesem seltsamen Freundeskreis vom „verrückten Wirt“ zuzuordnen sind, das war an diesem Tag ohnedies nicht mehr möglich.
Nachdem ich erst einmal an einem der Stände am Festgelände, nur unweit dieses Weinzeltes, etwas Ruhe und auch einen Kaffee fand, dort dem Treiben eine Weile zusah, dabei stets überlegte, ob ich nicht einfach aufgeben sollte, meinen aktuellen Job bei dieser VA Tech einfach kündigen sollte, da es dort ohnedies für mich offensichtlich keine Zukunft gibt, in eine andere Stadt ziehen sollte, um dort ein neues Leben anzufangen, dort hoffen, dass ich vielleicht, nach all dem, was sich nun bei VA Tech abgespielt hatte, auch einen neuen Job erhalte, ohne auch noch meinen Beruf zu wechseln, auch meine ganze Ausbildung zu vergessen und auch beruflich völlig neu anzufangen, fasste ich dann gegen 17:00 Uhr doch noch den Entschluss, in dieses Weinzelt hineinzugehen und zu hoffen, nun endlich diese Angelegenheit mit dieser „Silly“ klären zu können. Denn, all dies stand nun auf dem Spiel, all dies würde sich nun binnen weniger Minuten entscheiden.
Zugegeben, es blieb zuvor an diesem Stand nicht bei einem Kaffee, welchen ich dort getrunken hatte, welchen ich allerdings dringend benötigte. Sondern es kamen auch noch ein, zwei Gläser eines anderen Getränkes hinzu, welches ich eben an diesem Stand erhalten konnte. Wobei ich allerdings nicht mehr weiß, worum es sich dabei handelte. Ich glaube, es waren einfach zwei Gläser Sekt. Welche zwar überhaupt nicht zum Anlass passten, ich allerdings benötigte, um mich wenigstens etwas zu beruhigen. Denn, diesmal war es höchstwahrscheinlich nur Zufall, als ich feststellen musste, auch an diesem Stand argwöhnisch beäugt zu werden. Aber dies konnte ich mir auch gut erklären. Denn ein Mann, Anfang dreißig, welcher sich alleine am Oktoberfestgelände aufhält, dort zuerst nach einem Kaffee sucht, dann allerdings doch noch länger bleibt und dort noch zwei Gläser Sekt trinkt, der fällt eben auf und wird daher auch von anderen Gästen, vom Personal beobachtet, da dies eben nicht ganz gewöhnlich ist.
Allerdings wollte ich eben auch solche Situationen nicht mehr haben, denn sie sind mehr als unangenehm. -und ich wusste ja, weshalb ich immer wieder in solche Situationen gelangte. Es war diese unsägliche Angelegenheit mit dieser „Silly“. Daher musste dies nun endlich ein für alle Mal geklärt werden.
Kurz vor 17:00 Uhr ging ich dann auch in dieses Weinzelt. Schön wäre es gewesen, hätte sich nun auch nur ansatzweise etwas Ähnliches abgespielt, was mir diese „Silly“ vor ziemlich genau einem Jahr, als ich mit ihr telefonierte, angeboten und vorgeschlagen hatte. Als sie da meinte, wir könnten doch dabei gemeinsam kurz an die Bar gehen, dort miteinander einen Drink nehmen und etwas plaudern. So hatte sie mir es geschildert, wie sie sich vor einem Jahr meinen Besuch hier im Weinzelt vorstellen würde. Jedoch hatte ich dies vor einem Jahr noch abgelehnt, da ich eben vermutete, es würde wieder genau dies geschehen, was schon so unzählige Male zuvor geschehen war. Nun blieb mir allerdings nichts anderes mehr übrig, als es trotzdem zu versuchen, denn nun stand mein ganzes weiteres Leben auf dem Spiel und hing davon ab, wie dies nun ausgehen würde. Diese VA Tech hatte mich eben mir ihrem „Spiel“, damit einen „Zusammenhalt“ in diesem „bunt zusammengewürfelten Haufen“, wie es der Segmentleiter beschrieb, zu erreichen, in diese Situation gebracht.
Dazu kam noch, ich wusste ja nicht einmal, ob ich diese „Silly“ in diesem Weinzelt antreffen würde. Ich vermutete es nur! Denn, diese Information hätte mir einfach niemand mehr gegeben. Ich glaube auch nicht, dass ich dies noch von „Radi“ erfahren hätte, schien es doch, als hätte er es bereits einige Male schwer bereut, mir etwas über diese „Silly“ gesagt zu haben.
Als ich dann in diesem Weinzelt „Silly“ auch entdeckt hatte, geschah, was ich eigentlich erwartet hatte – aber eben auch befürchtet hatte. Ich wurde dort mit völliger Ignoranz empfangen – als gäbe es mich einfach nicht. Da half auch die Aufforderung ihrer Freundin nichts, die da meinte, was ich zudem an gleicher Stelle schon Jahre zuvor hörte,
„jetzt red‘ halt wenigstens einmal mit ihm!“
Dies wurde einfach mit einem leichten Kopfschütteln und einem Lächeln abgewiesen.
So stand ich also wieder da. Der Klärung dieser Angelegenheit zum Greifen nahe, jedoch schien ich wieder einmal am Willen dieser „Silly“ daran zu scheitern. Wobei ich nach wie vor nicht daran glaubte, sie würde dies aus eigenen Stücken heraus tun, sondern es wäre ihr einfach befohlen worden. Befohlen von diesem „verrückten Wirt“, oder seinen „Freunden“ und sie führt diese Anordnung einfach aus. Da sie offensichtlich der Meinung gewesen war, ich könnte dem ohnedies nicht entkommen. Irgendwann müsste ich diesem „Freundeskreis“ rund um diesen „verrückten Wirt“ einfach nachgeben und dann – auch das befürchtete ich schon längst, würde diese „Silly“ davon ausgehen – dann würde alles gut werden!
Aber da war nichts mehr, was nun noch „gut werden“ könnte! (2020-03-22)
Nun stand ich da und wusste nicht mehr weiter. Ich hatte keine Ahnung mehr, wie ich dieses Problem jemals noch lösen könnte. Vor gut einem Jahr war ich noch der Hoffnung als ich zu dieser VA Tech gegangen war, ich hätte nun die Möglichkeit, solche Probleme endlich aus meinem Leben weg zu bringen, denn dies war der hauptsächliche Grund dafür, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, zu dieser VA Tech zu gehen und zunächst erst gar nicht auf den Vorschlag, bei diesem Projekt der Nahverkehrsdrehscheibe in Linz in irgendeiner anderen Form weiterzuarbeiten, eingegangen war. Gut vierzehn Monate später war es nun soweit gekommen, dass ich, gerade weil ich zu dieser VA Tech gegangen war, und dieses Unternehmen mit ihren „Spielchen“, wie auch immer man dies bezeichnen will, ich sollte dort „etwas werden“, gar der neue Geschäftsführer der Region West, danach auch noch, wenn dies schon nicht klappen sollte, wenigstens der neue Abteilungsleiter für die Gebäudetechnik, welches allerdings stets mit dieser Angelegenheit mit dieser „Silly“ verbunden wurde, ich überhaupt nicht mehr wusste, wie es in meinem Leben weitergehen soll! Ich war am Ende meines Lateins. Dabei sollte man glauben, erwachsene Menschen könnten auch vernünftig miteinander umgehen, aber dies schien in diesem Fall einfach nicht möglich zu sein. Es war ja nicht dieses Problem mit dieser „Silly“, welches mich so beschäftigte, auch nicht, dass ich eben „nichts geworden“ bin in diesem Unternehmen VA Tech, was ich ja ohnedies erst gar nicht wollte und jeden für verrückt erklärt hätte, der mir dies angetragen hätte, sondern es waren die Auswirkungen auf mein gesamtes Leben, welches sich gerade aus diesen „Spielchen“ der VA Tech und, eben auch in Verbindung damit, dieses Problem mit dieser „Silly“.
Als ich nun an de Seite dieses Weinzelts neben dieser Bar eines Kitzbühlers lehnte und mir das Treiben um mich so ansah, daneben die Reaktion dieser „Silly“ und ihrer Freundin auf mich, ich dabei feststellen musste, für dieses Problem wird es wohl niemals mehr eine Lösung geben, da merkte ich, wie ich selbst leicht zu wanken begann, denn dies bedeutete für mich, all meine Pläne, welche ich in meinem Leben hatte, auch wenn diese gar nicht besonders bedeutend waren, eigentlich wollte ich ja nur ein ruhiges und zufriedenes Leben führen. All dies, was für mich eigentlich ganz einfach zu erreichen schien, war plötzlich in unerreichbare Ferne gerückt.
Daneben musste ich auch noch miterleben, wie junge Leute in meiner Umgebung in diesem Weinzelt, welche allerdings diese „Silly“ offensichtlich gar nicht kannten, vielleicht erst seit wenigen Tagen, vielleicht auch erst seit diesem Tag, sich darüber köstlich amüsierten. Sie hatten daran regelrecht Freude. Zu guter Letzt meinte auch noch ein junger Mann dort zu seinen Freunden, welche auch sonst noch kräftig in diesem Intrigenspiel nachlegten,
„gut, dass wir die letzten Tage immer hier gewesen sind, und etwas getan haben. Denn wenn der am Montag gekommen wäre, dann hätte die sicher nachgegeben, nach all dem, was da jetzt gewesen ist!“
Und alle seine Freunde amüsierten sich köstlich darüber. Aber genau dies war es, was ich eben in den letzten Tagen schon befürchtet hatte. Gerade gestern, als ich noch am Weg nach Innsbruck gewesen war. Schon da dachte, ich mir, es wäre in dieser Angelegenheit wohl besser, ich würde erst gar nicht nach Innsbruck fahren, sondern in Rosenheim auf der Autobahn einfach gerade aus weiter nach München fahren, hierher ins Weinzelt zu gehen, um vielleicht dieses Problem doch noch lösen zu können. Selbst am Montag hatte ich schon einmal kurz daran gedacht, dies zu tun. Da hätte es vielleicht auch geklappt. Aber so etwas ist eben auch nicht meine Art und würde mir niemals einfallen. Zudem würde ich in diesem Fall auf der Stelle aus dem Unternehmen hinausgeworfen werden.
Allerdings, so schien es, andere tun dies offenbar sehr wohl und ich war eben auch mittlerweile davon überzeugt, in ihrem Fall hätte dies keinesfalls auch nur die geringste Konsequenz. Ganz im Gegenteil. Sie würden dafür auch noch unterstützt und vielleicht auch noch belohnt werden. So sah es zumindest nun aus!
Dies gab mir dann auch den Rest. Denn als kurz meinen Blick ins Leere schweifen lies, ich kurz Richtung Decke blickte, sah ich, wie mein ganzes Leben vor mir wie in einem Film vor meinen Augen vorbeilief. Denn es schien nun tatsächlich so zu sein, dass mein gesamtes bisheriges Leben nun vorbei sein würde und ich all meine bescheidenen Ziele in diesem Leben nie mehr erreichen werde können. Zumindest nicht mehr in meiner Heimat, in Salzburg. Denn ich sah überhaupt keine Möglichkeit mehr, wie ich dies, meine bescheidenen Ziele im Leben, unter diesen Umständen, welche nun nie mehr in Griff zu bekommen sein werden, erreichen werde können.
Als ich dann merkte, dass ich mittlerweile sogar zu Boden gesackt bin, gerade dass ich nicht umgefallen bin, kam mir nur ein Gedanke, höre sofort in diesem Unternehmen der VA Tech auf und gehe niemals mehr in dieses Unternehmen in Salzburg hinein, denn hier müssen ausschließlich verrückte beschäftigt sein! Dabei fiel mir auf, an diesem Tag hatte ich, aus welchem Grund auch immer, vielleicht sogar aus einer Art Vorahnung heraus, mein Firmenhandy mit dabei. Daher holte ich dies aus meiner Jackentasche und blickte ständig darauf, denn irgendetwas musste ich nun tun, sonst wäre ich tatsächlich vielleicht auch noch umgefallen – zusammengebrochen.
Anfangs wollte ich noch gleich am nächsten Morgen telefonisch kündigen und dann erst gar nicht mehr in die Arbeit fahren, auch wenn dies vielleicht eine fristlose Entlassung mit sich gebracht hätte. Aber dann dachte ich mir, ich könnte eigentlich, wenn ich schon das Firmenhandy mit dabeihabe, auch gleich kündigen und meinem Chef in Innsbruck eine SMS senden, in der ich ihm meine Kündigung übermittle und ihm zudem auch gleich mitteile, das Unternehmen nicht mehr zu betreten, den so könne es nicht mehr weitergehen. Es muss mittlerweile vielleicht halb sechs Uhr am Abend gewesen sein, als ich dies dann auch tat.
Allerdings blieb mir nun noch die Frage, wie es nun weitergehen sollte. Denn mich irgendwo anders, vielleicht sogar in Salzburg, zu bewerben, dass schien mittlerweile ohnedies sinnlos. Dabei fiel mir allerdings dieses Angebot des Segmentleiters ein, als ich Anfang August bei ihm gewesen war, und mir dieser dabei angeboten hatte, ich könnte mich, falls es in Salzburg nicht weitergehen sollte, bei ihm melden, denn er könnte mich doch auch woanders brauchen. Dies schien mir auch die einzige Möglichkeit zu sein, welche ich nun noch hatte. Denn zu glauben, nach all dem, was sich in dieser VA Tech in den letzten fünfzehn Monaten abgespielt hatte, noch dazu in Verbindung mit dieser Angelegenheit mit dieser „Silly“, einfach in einem anderen Unternehmen weiterarbeiten zu können, das schien ohnedies mir utopisch. Daher, es waren ja nicht nur diese „Spielchen“, diese Angelegenheit mit „Silly“, welche mich beschäftigten, sondern ich hatte mittlerweile totale Existenzängste. Meine größte Befürchtung war, sollte ich in dieser VA Tech weiterarbeiten, dann würden die Verantwortlichen dort irgendwann eine Begründung finden, mich hinauswerfen zu können und ich würde niemals mehr eine Arbeit in meiner Branche erhalten! Somit binnen kürzester Zeit als Langzeitarbeitsloser eingestuft werden und das war es dann mit meinem Leben!
Daher blieb nur die Möglichkeit, dieses Angebot des Segmentleiters anzunehmen und ihn nun anzurufen – sofern dieses Angebot nun überhaupt noch gültig ist. Aber daran wollte ich nun erst gar nicht einmal denken.
Gott sei Dank bin ich mit der Bahn nach München gekommen, denn mit dem Auto hätte ich, auch wenn ich nichts getrunken hätte, nicht mehr nach Hause fahren können.
(2020-07-21)