Salzburg, Donnerstag, der 21. August 2003:
Den ganzen Tag hatte ich mich schon darauf gefreut, endlich am späteren Nachmittag von der Arbeit bei VA Tech, wobei dies ja kaum als Arbeit zu bezeichnen ist, gehen zu können und zu meinem alten Arbeitgeber fahren zu können, um dort bei der Neuerstellung des Leistungsverzeichnis behilflich sein zu können. Ich hatte ja eh nichts zu tun bei VA Tech, denn mehr als auf meinem neunen Arbeitsplatze herumzusitzen und mir dabei Unterlagen für ein Projekt, diesem Möbelhaus in Salzburg, anzusehen, bei dem ich ohnedies nie mehr eingesetzt werden würde, hatte ich dort auch nicht zu tun, daher hätte ich auch schon in der Früh dorthin fahren können.
Um halb fünf Uhr war es dann endlich soweit und ich verabschiedete mich bei VA Tech für diesen Tag, um gleich im Anschluss daran zu meinem alten Arbeitgeber zu fahren. Der Weg dorthin ist nicht weit, daher war ich auch überpünktlich dort.
Kaum dort angekommen wäre ich schon voller Tatendrang gewesen, all dies, was mich noch vor wenigen Wochen dazu brachte, nicht mehr bei diesem Projekt weiterarbeiten zu können, weil es für mich, zusammen mit den vier weiteren Projekten, welche ich dort zu leiten hatte, jedoch aus dem Büro selbst keinerlei Unterstützung dafür erhalten hatte, war längst vergessen. Viel zu groß war dazu mein Wunsch gewesen, möglichst schnell wieder von VA Tech wegzukommen. Aber dann erlebte ich etwas, was ich mit Sicherheit für den Rest meines Lebens nie mehr vergessen werde. Denn von Wunsch an mich, ihnen bei der Neuerstellung des Leistungsverzeichnisses zu helfen, war überhaupt keine Spur.
Beinahe die gesamte Belegschaft des Büros saß zwar nun an ihren Arbeitsplätzen und arbeitete an der Neuerstellung des Leistungsverzeichnisses, jedoch von Fragen an mich, von der Bitte, sie dabei zu unterstützen war erst gar nicht die Rede. Mein Kollege, welcher mich noch zwei Tage zuvor anrief und mich beinahe stotternd nach dem Kompensationsleiter fragte, meinte nur, die eigentliche Ausschreibung, die funktionale Leistungsbeschreibung, würde sich ohnedies nicht ändern, denn die Gesamtleistung würde ja gleich bleiben, womit er vollkommen recht hatte, dies hatte ich auch selbst zuvor schon, als ich noch am Projekt arbeitete vermutet, sie würden nun lediglich, alle zusammen, das gesamte Büro, an der Massenermittlung arbeiten, denn dieser funktionalen Ausschreibung lag ja auch ein Leistungsverzeichnis bei, bei welchem alle Leistungen, obwohl funktional beschrieben, auch jede einzelne Teilleistung als eine eigene Position beschrieben war. Die funktionale Leistungsbeschreibung wäre zudem ohnedies beinahe identisch mit jeder anderen Beschreibung für Tunnelanlagen, was allerdings völliger Blödsinn ist. Denn dies hatte Walter H., der Chef des Büros, auch stets von sich gegeben, bevor ich Ende November in dieses Projekt eingestiegen bin und dabei feststellen musste, dass deshalb der Auftraggeber bereits richtig ärgerlich geworden war, da hier zuvor einfach immer wieder kopierte Unterlagen von anderen Projekten vorgelegt wurden, welche überhaupt nicht zum Projekt passten. Wie sollte auch eine Leistungsbeschreibung eines Straßentunnels beinahe identisch zu einer Leistungsbeschreibung für einen Straßenbahntunnel mit drei unterirdischen Stationen sein. Aber Einsicht war ohnedies nie die Stärke in diesem Büro. Aber dieses Problem war gelöst, konnte doch nun auch ein zweites Mal meine Ausarbeitung für die funktionale Leistungsbeschreibung verwendet werden. Dies war allerdings auch nicht der Grund dafür, weshalb ich dieses Leistungsverzeichnis nicht noch einmal erstellen konnte, sondern es lag im Detail – in der Massenermittlung. Wofür ich auch überhaupt keine Unterstützung im Büro erhielt und jener Kollege, mit welchem ich dies ab Anfang Jänner erledigen sollte, neben allem anderen, ging einfach kurzerhand sofort in den Krankenstand, als ihm dies aufgetragen wurde, kam dann auch nicht wieder, sondern kündigte in diesem Büro. Ich hätte einfach nicht gewusst, wie ich dies nun schaffen sollte. Denn, mir wurde genau dies verwehrt, woran nun beinahe die gesamte Belegschaft in diesem Büro arbeitete. Hätte ich diese Unterstützung bei diesem Projekt erhalten, als ich noch für dieses Büro dieses Projekt als Planer leitete, dann hätte ich auch nicht aufgehört!
Aber was meinte mein ehemaliger Kollege? – Er meinte, mein von mir erstelltes Leistungsverzeichnis nun auch noch kritisieren zu müssen, denn darin würden ja viele der Massen einfach nicht stimmen, nicht mit dem übereinstimmen, was in den Plänen eingetragen war! Dabei zählte er noch einzelne Positionen der Brandmeldeanlage auf, bei welchen die Anzahl der Brandmelder in den Stationen ja ganz offensichtlich nicht mit der tatsächlich benötigten Anzahl der Brandmelder übereinstimmen könnte.
Ich konnte es einfach nicht fassen. Beinahe wäre ich richtig wütend geworden, als er mir dies alles erzählte. Denn die Vereinbarung im Büro, als ich dieses Projekt im November des Vorjahres übernommen hatte, lautete, ich sollte bis zum vereinbarten Termin, kurz vor Weihnachten ein Leseexemplar des gesamten Leistungsverzeichnisses erstellen, damit dieser Termin wenigstens gehalten werden könnte, um dem Auftraggeber nicht die Möglichkeit zu geben, tatsächlich noch die Konventionalstrafe für Nichterfüllung der vereinbarten Leistung zu ziehen und danach, ab Jänner sollte im Büro gemeinsam, während ich das Projekt weiter leite, die Massenermittlung erstellt werden, damit zur Abgabe des zur Veröffentlichung vorgesehenen Leistungsverzeichnis auch alle richtigen Massen im Leistungsverzeichnis enthalten sind. Aber zur Erfüllung des zweiten Teils dieser Vereinbarung kam es allerdings nie. Denn ich bekam eben lediglich einen Kollegen, welcher erst kurz zuvor in diesem Büro zu arbeiten begonnen hatte und als dieser Anfang Jänner sah, was hier an Arbeit auf ihn zukommen würde, war dieser plötzlich krank und wurde nie mehr in diesem Büro gesehen. Einen Ersatz dafür hatte ich nie bekommen. Und von der gemeinsamen Erstellung der Massenermittlung war nie die Rede, denn dafür wären ja die anderen Kollegen in anderen Projekten selbst zu sehr eingebunden.
Nun meinte also mein ehemaliger junger Kollege, meine Arbeit zuvor auch noch niedermachen zu müssen! Ich konnte es einfach nicht mehr fassen!
Dies schien allerdings auch Rudi K., der noch alleine in seinem Büro saß, mitverfolgt zu haben, daher kam nun auch er zu meinem ehemaligen Arbeitsplatz, an welchem sich dies nun abspielte und mischte sich in das Gespräch mit seiner typischen arroganten Art ein. Er meinte, sie hätten nun einen neuen Termin für die Neuerstellung des Leistungsverzeichnisses erhalten, welchen sie nun offenbar auch einhalten können werden und falls noch etwas sei, dann würden sie sich bei mir noch einmal melden und ging einfach wieder.
Ich war leider zu dieser Zeit nicht in der Situation richtig aufzudrehen, aber ich hätte explodieren können vor Wut. Leider war ich eigentlich in der genau gegenteiligen Situation, daher musste ich dazu auch noch gute Miene abgeben!
Gerade einmal eine halbe Stunde dauerte all dies, dann konnte ich wieder nach Hause fahren, ohne auch nur irgendetwas getan zu haben!
Mit einer stink Wut fuhr ich nach Hause und je länger ich darüber nachdachte, was nun wieder geschehen ist, desto mehr wurde mir bewusst, welch widerlicher Zeitgenosse dieser Rudi K. doch ist. Nun wurde mir auch klar, beziehungsweise bestätigte sich was ich vermutet hatte, was bei diesem Projekt der „Nahverkehrsdrehschreibe in Linz“ geschehen ist. Denn es hatte schon seinen Grund, warum ich als fünfter Projektleiter zum absolut letztmöglichen Zeitpunkt mit diesem Projekt in diesem Büro betraut wurde und aus dem Büro allerdings dabei überhaupt keine Unterstützung erhielt. Ja, es war höchstwahrscheinlich auch kein Zufall, dass die von mir erstellte Ausschreibung auch wieder aufgehoben wurde. Kein Zufall war es jedenfalls, dass ich danach bei jenem Bieter, der bei der Erstausschreibung als günstigster Bieter hervorgegangen war, VA Tech, landete und dort zu arbeiten begann!
Je länger ich darüber nachdachte, was ich im letzten dreiviertel Jahr dabei erlebt hatte, desto klarer wurde mir, was sich hier abgespielt hatte. Ich war tatsächlich jemandem in die Quere gekommen. Allerdings keiner offiziellen Institution, keiner bekannten Vereinigung, sondern eben jener „Interessensgemeinschaft“, oder wie auch immer sie dieses Unding, welches nichts anderes als eine mafiose Vereinigung ist, die es bereits damals gab. Der war ich dabei allerdings so richtig in die Quere gekommen.
(2019-09-05)