Salzburg, Freitag, der 8. August 2003:
Nun blieb mir also nichts anderes übrig, als für VA Tech weiter zu arbeiten. Um dabei allerdings etwas Abwechslung zu haben, dachte ich mir, an diesem Tag nicht mit dem Auto in die Arbeit zu fahren, sondern am Morgen mit dem Bus und am Nachmittag zu Fuß wieder nach Hause zu gehen. Einerseits, da mein Weg in die Arbeit mit dem Auto vielleicht gerade mal sieben bis acht Minuten dauerte, ich dort dann allerdings bisher immer mindestens zehn Minuten einen Parkplatz suchte, andererseits um dabei vielleicht auch andere Leute in Salzburg zu treffen, um diesem Irrsinn, welchem ich nun ausgeliefert war, vielleicht etwas zu entkommen.
Der Arbeitstag verlief nicht besser als die Tage zuvor, aber wenigstens sollte dieser bereits zu Mittag zu Ende sein. Aber da bekam ich, kurz vor Mittag einen Anruf von einer personalverantwortlichen Mitarbeiterin aus Linz, denn sämtliche Personalangelegenheiten wurden von Linz aus betreut, wobei mich diese Frau regelrecht anfuhr und meinte,
„Sie sind gar nicht bei der Salzburger Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen, sondern bei der Oberösterreichischen! Und wenn sie sonst auch immer solch falsche Angaben machen, dann brauchen Sie sich überhaupt nicht wundern! – Somit ist das jetzt für mich erledigt, denn ich will jetzt in Ruhe in Urlaub gehen!“
Knallte den Hörer auf den Apparat, sodass mir dabei ganz anders wurde. Ein Telefonat, welches ich nie vergessen werde! Denn ich kannte diese Frau überhaupt nicht und musste erst einmal überlegen, was ich denn mit ihr zu tun hätte und wenn, dann woher es zu diesem Unmut über mich kommen konnte.
Nun war ich völlig entsetzt, denn was sollte dieser Anruf? Da wollte mir offensichtlich eine personalverantwortliche Mitarbeiterin mitteilen, ich müsste mich nicht wundern, wenn ich nur Probleme hätte, da ich doch stets falsche Angaben mache. Wobei ich allerdings wusste, ich war, als ich noch für ABB arbeitete, bei der Salzburger Gebietskrankenkasse angemeldet und warum dies nun solch ein Problem sein sollte, weshalb mich diese Frau derart aufgebracht angerufen hatte, das hatte ich überhaupt nicht verstanden. Aber ich fürchtete nun, hier wäre nun wohl etwas Größeres gegen mich im Gange. Denn nun verstand ich die Welt nicht mehr. Da rief mich diese Frau extra noch an, meinte, sie müsste mich zur Schnecke machen, nur weil sie danach in Ruhe in Urlaub gehen möchte. Dabei hatte ich den Eindruck, diese Frau wäre regelrecht gegen mich angestachelt worden.
Nun war ich überzeugt davon, hier richtig etwas am Hals zu haben. Denn mit persönlichen Feindschaften, mit alten Rechnungen, welche manche mit mir begleichen wollten, konnte man dies alles nicht mehr erklären. Und, da ich ja nun in der ehemaligen verstaatlichten Industrie arbeitete, kam mir zum ersten Mal der Gedanke, ich wäre hier vielleicht tatsächlich politischen Einflusssphären in die Quere gekommen, denn politischer Einfluss spielt ja bekanntlich in der verstaatlichten Industrie eine wesentliche Rolle. Da konnte ich mir zwar auch nicht recht vorstellen, woher dies kommen könnte, denn auch hier wäre mir nichts bewusst gewesen, was ich selbst dazu beigetragen hätte können, jedenfalls war klar, hier geht es bei mir nicht mehr nur um eine kleine Truppe aus meiner alten Heimat, welche es auf mich abgesehen haben könnte, sondern hier müsste etwas Größeres dahinterstecken.
Den Gedanken an eine parteipolitische Ursache für meine Situation hatte ich allerdings schnell wieder verworfen. Denn nur wenig später begab ich mich auf den Heimweg, welcher mich zunächst über den Uferweg am linken Salzachufer in die Innenstadt führen sollte. Doch kaum war ich an diesem Uferweg angekommen, meinte ein etwas älterer Mann, welcher mich dabei genau beobachtete,
„na! Den Weg wird er aber nicht lange nehmen! Denn wenn die ihn sogar umbringen wollen! – Da braucht nur einer mit dem Fahrrad kommen und an ihm vorbeifahren, dann ist es geschehen um ihn. Danach ist der Weg und niemand findet ihn mehr.“
Nun wurde mir schon ganz anders. Aber nachdem nun Hochsommer war und es zudem noch Mittagszeit war, würde wohl nichts geschehen. Zudem wer sollte heute wissen, dass ich hier um diese Zeit unterwegs bin.
Daher ging ich einfach weiter und dachte mir deshalb nicht besonders viel. Obwohl ich dies doch so wertete, als ob es hier jemanden gäbe, welcher mir etwas tun möchte und davon hatte ich schon öfters etwas gehört. Noch nie allerdings so deutlich.
Ganz abgesehen davon, dass ich mir schon jahrelang anhören muss, ich würde mir doch irgendwann einmal selbst etwas antun, denn dies würde ich nicht durchstehen!
Als ich dann in der Innenstadt ankam, wollte ich über die Karolinger Brücke, die Nonntaler Brücke, wie sie üblicherweise bezeichnet wird, die Salzach überqueren, um dann zu mir nach Parsch nach Hause gehen. Doch mitten auf der Brücke überholte mich ein Pfarrer. Und als der an mir vorbeiging, lächelte er kurz und meinte dann darauf,
„der wird sich anschauen mit denen!“
Wobei mir nun klar wurde, um etwas parteipolitisch motiviertes konnte es sich dabei nicht handeln, denn solch ein Vorgehen würde ich keiner Partei, oder parteinahen Organisation in Österreich zutrauen. Aber vielleicht doch, wer weiß. Jedenfalls fiel mir auf, dass es die unterschiedlichsten Personen waren, in allen Altersschichten, aus allen sozialen Schichten, aus den unterschiedlichsten Bereichen, Branchen und Berufen, nun auch noch ein Geistlicher, welche sich besonders darüber freuten, wenn jemand gegen mich etwas unternommen hatte, nun gegen mich solch ein Gerede in die Welt gesetzt wurde, und dabei blieb immer eine gewisse Art von Menschen übrig, welche man einfach parteipolitisch nicht zuordnen konnte. Daher blieb für mich wieder nur eine Erklärung: Ich müsste etwas ganz Eigenes, eine Art Parallelgesellschaft am Hals haben, welche es regelrecht auf mich abgesehen hatte, der ich vielleicht in die Quere gekommen bin, die mit mir nicht tun konnte, was sie eigentlich wollte, oder die mit mir ein Exempel statuieren wollte! Eine andere Erklärung gab es jedenfalls für mich nicht.
(2019-08-30)