Mondsee, Sonntag, der 10. Juni 2001:
Mittlerweile war es ja Vorsommer geworden, das Wetter immer schöner und wärmer, daher war ich auch an den Wochenenden meist den ganzen Tag in meinem alten Heimatdorf und nicht mehr in der Stadt. Es war sogar schon Badewetter geworden, weshalb ich, so wie früher, auch an diesem Nachmittag zum See ging, um mich dort wenigstens in die Sonne zu legen, wenn auch das Wasser im Attersee noch nicht besonders warm war. Badeplatz hatten wir ja in der Familie keinen, weshalb ich dazu zu mindestens damals, immer ins „Strandbad“ ging, um mich dort auf dem Steg in die Sonne zu legen und gelegentlich eine Zehe ins Wasser zu halten, ob nicht doch das Wasser endlich warm genug wäre, um baden zu gehen.
Aber auch das wurde mittlerweile zur Tortur, denn einfach ins Strandbad zu gehen, um mich dort in die Sonne zu legen, das war mittlerweile auch längst vorbei. Auch hier wurde ich stets argwöhnisch von diversen Personen beäugt und häufig mit abfälligen Bemerkungen konfrontiert.
Wobei, dies mit dem nicht vorhandenen Badeplatz am See, weshalb ich stets in dieses „Strandbad“ ging, fand ich, wenn ich immer wieder einmal an die Geschichte meiner Familie dachte, schon interessant. Denn unser Haus der Familie lag doch direkt am Beginn der Bad Gasse, in welcher auch dieses Strandbad liegt, gerade mal vielleicht einhundert Meter vom See entfernt. Und in den 1920er Jahren hatte mein Urgroßvater stets im Sommer einen Gast im Haus, welcher aus Deutschland stammte und im Haus meiner Vorfahren seine Sommerfrische verbrachte, welcher der Eigentümer des gesamten Grundstückes war, welches von unserem Haus bis zum See reichte – also auch die Hälfte des heutigen Strandbades umfasste. Wie er zu diesem Grundstück kam, das wurde mir nicht überliefert. Jedoch, als dieser Mann eben immer älter wurde und seine Sommerfrische nicht mehr im Haus meiner Vorfahren verbringen konnte, bot dieser Mann meinem Urgroßvater das gesamte Grundstück von unserem Haus bis zu See als Geschenk an. Wobei dies allerdings mein Urgroßvater ablehnte, denn damals war solch ein Grundstück am See nichts wert, war doch der gesamte Seebereich des heutigen Strandbades einst ein Lagerplatz für Holz eines Sägewerkes, welches sich am anderen Seeufer befand und zudem der See mindestens einmal pro Jahr über die Ufer trat, allerdings nicht wie heute gerade mal einige Zentimeter bis vielleicht einmal einen halben Meter, sondern gleich einmal ein, zwei Meter, manchmal auch mehr, bevor die Zu- und Abflüsse des Attersees reguliert wurden. – Also, ein kleiner anderer Verlauf der Familiengeschichte und ein Teil dieses Strandbades wäre vielleicht heute mein privater Badeplatz. Dis wäre heute ein äußerst schöner und vor allem äußerst wertvoller und großer Badeplatz geworden!
Zudem hatten wir in der Familie auch einst bis in die 1940er Jahre einmal eine Bootshütte, welche der Errichtung der Strandpromenade zum Opfer fiel, denn diese befand sich direkt halbrechts in der Mitte der heutigen Promenade. Wofür es auch nie eine Entschädigung gab. Allerdings war dies auch nie ein Thema. Mein Vater meinte allerdings einmal, grundsätzlich hätten wir in der Familie immer noch das Recht, an dieser Promenade unsere Bootshütte wiederaufzubauen. Aber dies nur am Rande.
Also quälte ich mich an diesem Sonntagnachmittag mit meinen „Freunden“ im Strandbad. Etwas anderes blieb mir auch gar nicht mehr übrig, wollte ich nicht den ganzen Tag zu Hause bleiben.
Nachdem ich am Abend noch an dieser „Schirmbar“ am Hauptplatz des Dorfes, welcher von dieser Weinschänke von Andreas M. betrieben wurde, war, kehrte ich am Rückweg nach Salzburg in meine Wohnung noch im Lokal des „verrückten Wirtes“ ein. Es war einer der wenigen Abende, an denen ich direkt in dieses Lokal ging. Mittlerweile war ja geschehen, was geschehen sollte, daher galt es nun, endlich wieder halbwegs zur Normalität zurückzukehren.
Aber kaum parkte ich mein Auto am Parkplatz vor dem Seebad in Mondsee, um ins Lokal des „verrückten Wirtes“ zu gehen, da hörte ich schon großen Jubel und Feierstimmung aus dem Lokal. Was eigentlich ungewöhnlich war für dieses Lokal, war es doch an Sonntagabenden meist eher ruhig, vor allem in der Vorsaison. Kaum betrat ich das Lokal und stellte mich in die Mitte der großen Bar im Lokal, die kleinen Bars auf der überdachten Terrasse waren ja an Sonntagen geschlossen, verstummte die Jubelstimmung und ich sah wie der „verrückte Wirt“ von jenen Gästen, von welchen dieser Jubel stammte, davonhuschte. Das wunderte mich ein wenig, denn eigentlich war er an Sonntagen kau in seinem Lokal anzutreffen. Heute schien er allerdings hier mit jemanden zu feiern, was ich allerdings offensichtlich nicht sehen sollte, denn sonst wäre er nicht sofort von deren Tischen am linken Rand des Lokals davongegangen. Somit war es wieder ruhig im Lokal, wie an anderen Sonntagen auch. Die meisten Leuten, mit welchen er zuvor noch zu feiern schien, kannte ich übrigens gar nicht. Allerdings reichte es schon, als ich davon eine Person, eine Frau, Denise, eine Aushilfe in der „Schlossbar“, welche die Jahre zuvor schon bei Ralph T. als Aushilfe arbeitete, sah, um zu wissen, was hier gefeiert wurde. Denn diese Denise, ich kannte sie schon einige Jahre und hatte mich, als sie noch für Ralph T. arbeitete, einige Male unterhalten, daher wusste ich, sie ist alleinerziehende Mutter, welche sich bitter enttäuscht vom Vater ihres Kindes bereits nach einem Jahr, als das Kind auf der Welt war, wieder getrennt hatte und seit dem stets auf der Suche nach dem neuen großen Glück war, war eine der eifrigsten, welche seit Ende April Stimmung machte und auch am Abend zuvor, als ich noch in dieser „Schlossbar“ war, bevor ich in dieses Lokal wechselte, daneben stand, als es da schon einmal hieß, ich sollte doch etwas gegen diese Personen unternehmen, denn dies sei doch ein Wahnsinn, wie die sich nun benehmen. Eine Äußerung, welche ja danach auch dieser „verrückte Wirt“ in seinem Lokal fallen ließ, als ich mit diesen drei jungen Frauen in seinem Lokal war, ich von der Toilette zurückkehrte und dabei hörte, wie er zu ihnen meinte, ich sollte doch etwas gegen „die“ unternehmen, denn dies sei ja ein Wahnsinn, wie es hier zuginge. Nun befand er sich selbst inmitten derer, gegen welche ich ja angeblich etwas unternehmen soll, und feierte mit ihnen „ihren Erfolg“!
Noch verlogener konnte jemand nicht sein, dachte ich mir, denn nun war es auch offensichtlich, dass er sie selbst angestachelt hatte, diesen Wirbel zu veranstalten!
Zudem war ich nun der Ansicht, diese „Silly“ konnte niemals wissen, was er hier tut. Denn mittlerweile stand sie selbst ziemlich dumm da, hatte sie doch kaum damit etwas erreicht, außer ihren alten Freund loszuwerden, welcher nun meist sturzbetrunken in anderen Lokalen herumhing – falls es dieser war, von welchem immer wieder gesprochen wurde. Der Triumphator vom Donnerstag, dem 31. April, war zudem auch seitdem nicht mehr in diesem Lokal gesehen worden, gehörte er doch zu den engsten Freunden des „verrückten Wirtes“. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass sie weiß, was er hier tut. Denn dies war mittlerweile abartig und richtig primitiv! Du für derart abgebrüht hätte ich sie nicht eingeschätzt, als hätte sie bei all dem auch noch absichtlich mitgespielt.
Ich blieb an diesem Abend nicht lange in diesem Lokal. Aber kaum war ich wieder gegangen, ging am Parkplatz zu einem Auto, um zurück nach Salzburg zu fahren, da ging der Jubel im Lokal schon wieder los, sodass dies hunderte Meter weit zu hören war.
(2019-07-20)