Mondsee, Montag, der 30. April 2001:
Mittlerweile wurden die Anfeindungen so schlimm, dass ich nicht einmal noch vor die Haustür gehen konnte. Egal was ich tat, irgendwo war immer einer, der nun meinte, mich öffentlich regelrecht angehen zu können. War dies allerdings im Jahr zuvor noch auf meine alte Heimat beschränkt, also Unterach und eben Mondsee, so begann dies nun auch in Salzburg. Und dies passte mir überhaupt nicht! Denn hier sah ich nun wirklich mein Leben gefährdet. Hatte ich mir doch über den Winter wieder ein halbwegs normales Umfeld aufgebaut, konnte problemlos abends ausgehen, wobei die ohnedies meist nur darin bestand, dass ich wochentags am Abend auf ein Bier ging, hatte mir auch beruflich wieder ein – von Netzwerk möchte ich nicht sprechen, aber wenigstens auch hier ein Umfeld aufgebaut, aus dem doch relativ viel zu machen gewesen wäre, denn mit meinen beruflichen Erfolgen musste ich mich überhaupt nicht verstecken, so schien dies nun wieder alles gefährdet, da dieses unsägliche Theater mit diesem „verrückten Wirt“ und dieser „Silly“ wieder losging. Salzburg war eben für mich die neune Heimat geworden und hier wollte ich „mein Leben“ führen. Daher blieb mir einfach nichts anderes übrig als dieses Theater einfach zu klären – wie auch immer dies ausgehen würde.
Also ging es am Abend wieder raus in meine alte Heimat und suchen, ob ich nicht doch vielleicht noch jemanden finden würde, dieses Theater nichts gänzlich alleine lösen zu müssen. Aber in Unterach schien dies mittlerweile ausgeschlossen. Das wunderte mich zwar noch nicht wirklich, denn hatte ich mit Leuten aus meinem alten Heimatdorf, ausgenommen im Dorf selbst, so gut wie überhaupt nichts mehr zu tun. Aber in Mondsee schien dies nicht anders. Fuhr ich doch am Abend wieder nach Mondsee, ging in diese „Schlossbar“ im ehemaligen Kloster in Mondsee, welche nun Bernhard B. seit dem Winter übernommen hatte. Doch dort war es für mich noch schlimmer als am Freitag und Samstag zuvor, denn kaum hatte ich das Lokal betreten, hörte ich Bernhard B., wie er zu einem anderen Gast meinte,
„jetzt ist der schon wieder da!“
Manchmal hätte ich regelrecht explodieren können, war dies doch noch am Donnerstag der Vorwoche ganz anders und ich noch dachte, dies würde sich nun richtig positiv entwickeln, ich allerdings aufpassen müsste, dass dieses Theater mit dem „verrückten Wirt“ und dieser „Silly“ nicht wieder alles zerstört. Nun schien es so, als würde genau dies geschehen, was ich befürchtete und um jeden Preis vermeiden wollte.
Stink sauer trank ich dort mein kleinen Bier und dachte mir, jetzt tu nicht mehr lange herum, geh‘ einmal runter in dieses Lokal vom „verrückten Wirt“, denn ich habe die Schnauze restlos voll von Leuten, welche von einem Tag auf den anderen auf einen spinnen können, ohne von ihnen selbst den Grund zu erfahren. Woran dies nun lag war mir klar, aber ich wusste noch immer nicht einmal, ob diese „Silly“ in diesem Sommer überhaupt wieder hier ist. Und ich dachte mir noch weiter, wenn die gar nicht mehr hier ist, dann gib dich, um alles in der Welt, nie mehr mit diesen Leuten ab, denn dies ist einfach nicht auszuhalten. Ich wollte einfach nichts mehr mit solchen Spinnern zu tun haben.
Also trank ich mein kleines Bier aus, zahlte sofort wieder, verschwand aus dem Lokal und begab mich in das Lokal des „Verrückten Wirtes“. Allerdings in einer Weise, welche ich ebenfalls überhaupt nicht mehr wollte. Denn ich hatte wegen dieser Spinnerei eine richtige Wut.
Kaum beim Lokal angekommen, hatte ich vor, sofort im Lokal durch an die Hauptbar zu gehen, um nur ja nicht in den Verdacht zu kommen, ich wäre wegen dieser „Silly“ hier. Aber dazu kam ich erst gar nicht. Denn kaum hatte ich das Lokal betreten, saß schon der „verrückte Wirt“, direkt am Eingang auf der Truhe, welche hier an der linken Seite an der Wand stand, wo er sich mit anderen Gästen zu unterhalten schien. Ich ging also in das Lokal hinein, eine richtige Eingangstüre hatte das Lokal ja nicht, sah mich schon der „verrückte Wirt“, sprang von der Truhe auf, reichte mir die Hand und begann sich auch noch mit mir zu unterhalten. Er war nun der letzte, den ich treffen und mich auch noch mit ihm unterhalten wollte. Aber was blieb mir anderes übrig. Daher blieb ich eben stehen bei ihm und hörte mir an, wie er stolz meinte, nun selbst nicht mehr zu arbeiten, sondern stolz auf sein weißes Hemd verwies und so tat, als hätte er es im Leben nun geschafft. Es interessierte mich zwar überhaupt nicht, denn wollte ich eigentlich an die Hauptbar gehen, um dabei gelegentlich einen Blick auf den Rest des Lokals zu werfen, ob denn diese „Silly“ überhaupt in diesem Jahr hier arbeiten würde. Aber nun stand ich schon mal da, direkt am Eingang in das Lokal, an welches sich auch diese kleine Bar befindet, an welcher diese „Silly“ im Jahr zuvor arbeitete. Daher wäre es von mir blöd gewesen, nach diesem unfreiwilligen Small Talk mit dem „verrückten Wirt“, gleich neben dieser Bar, einfach weiter zu gehen und mich an die Hauptbar zu begeben. Daher bleib ich hier und sah mich erst einmal um, wer sich denn sonst noch hier aufhalten würde und zudem, ich wollte meine Bestellung aufgeben.
Aber ich stand dort nicht lange, da kam ein Kellner an mir vorbei, den ich Mitte letzten Sommers hier das erste Mal gesehen hatte. Ein schleimiger, widerlicher Typ, welchen ich vom ersten Augenblich nicht ausstehen konnte, denn er meinte, eine Kopie von Gebhard T., den Cousin von Ralph T, darstellen zu müssen, bei welchem ja bekannt war, wie er ist, er allerdings bei weitem nicht mit ihm mithalten konnte – er kam übrigens aus einem der Nachbarorte, aus St. Gilgen – ein Typ, der meint, was wäre er nicht für ein toller Typ, wenn ihn alle so sehen würden, wie er sich selbst gerne sieht, der meinte, als er mich sah,
„was will den der da!“
Und kaum hatte ich mich umgedreht, um zu sehen, von wem diese Äußerung kam, da hörte ich von einer Frauenstimme,
„ja, ich weiß es auch nicht!“
Nun drehte ich mich noch einmal ein wenig weiter, woher denn dies kam, denn diese Stimme kam mir bekannt vor, und da sah ich, wie diese „Silly“ herumlief. Also, da ist sie. Das wusste ich nun. Wenn auch in einer Form, welche ich nicht wirklich erhoffte. Daher dachte ich mir, wenn das so ist, dann bleibe ich aber auch nicht lange, denn das tue ich mir nicht an – so lasse ich mich auch nicht behandeln. Daher wollte ich mir schon beinahe nichts mehr bestellen, aber dann kam diese Freundin von „Silly“ auf mich zu, welche ich letztes Jahr im Herbst in München auf dem Oktoberfest zum ersten Mal sah und bediente mich. Und dies auch gar nicht unfreundlich, daher trank ich, wie könnte es auch anders sein, mein kleines Pils noch in Ruhe aus.
Mit dem „verrückten Wirt“ wollte ich mich nun wirklich nicht mehr unterhalten, er machte dazu auch keinerlei weitere Anstalten, sonst war auch niemand anwesend, mit welchem ich mich unterhalten hätte können, was ich ja befürchtet hatte, wenn ich alleine in dieses Lokal gehe, daher stand ich nun wieder, wie schon unzählige Male im letzte Sommer, etwas planlos an der Bar. Weshalb ich mir dachte, ich schaue nächsten Samstag noch einmal hier vorbei. Denn schließlich war dies das erste Wochenende der Saison – noch dazu ein verlängertes Wochenende – bei dem sehr viel los ist. Am folgenden Samstag könnte dies allerdings schon etwas anders aussehen und wenn sich dann diese Äußerung von „Silly“ und vor allem die Art, in welcher sie diese brachte, bestätigt, dann soll mich das ganze hier gernhaben, denn dafür habe ich nun wirklich überhaupt keine Lust mehr. Denn einen weiteren Sommer, wie letztes Jahr, wollte ich auf keinen Fall noch einmal erleben. Dann ist diese Sache eben erledigt, auch wenn sie nicht so erledigt ist, wie ich das vielleicht doch noch erhofft hatte. Aber seit Freitag, spätestens Samstag, war mir dies eigentlich egal. Denn mit solchen Spinnern wollte ich einfach nichts mehr zu tun haben. Woher es kam war ja klar. Aber nun schien es so zu sein, als ob dies ohnedies kein Thema mehr wäre. Daher konnte ich dies nun überhaupt nicht mehr verstehen! Ich kannte diese Person eigentlich überhaupt nicht. Mehr als ihren Vornamen, den Ort, wo sie angeblich im Winter arbeitet, Flachau, mehr wusste ich nicht. Und hätte sie mir nicht vor einem Jahr eine gemeinsame Bekannte vorgestellt, dann hätte ich sie auch sicher niemals selbst kennengelernt. – Wie auch!
Nach diesem einen Getränk verschwand ich wieder und war wenigstens beruhigt, dass ich nun weiß, woher diese Anfeindungen gegen mich kommen und ich die betreffende Person wenigstens zeitweise, wenn sie hier arbeitet, lokalisieren kann. Andernfalls hätte ich überhaupt eine Ahnung gehabt, was ich nun tun sollte!
(2019-07-16)